Behinderte Menschen aus der Sozialhilfe herausführen!

<p><strong>Anhörung zu den Anforderungen an ein Bundesteilhabegesetz.</strong> Behinderte Menschen, ihre Verbände und Organisationen sowie die großen Träger der Behindertenhilfe haben in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in dieser Woche ihre Ansprüche an ein neues Bundesteilhabegesetz formuliert. Die Staatsregierung soll sich auf der Basis dieser Forderungen aktiv an den Verhandlungen auf Bundesebene über eine Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe und die Einführung eines Bundesteilhabegesetzes beteiligen.

13. März 2015

Ziel ist eine grundsätzliche Reform der Eingliederungshilfe auf Basis der UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Weiterentwicklung zu einem modernen Teilhaberecht, welches nicht länger auf dem Fürsorgeprinzip beruht.

Dafür muss die Eingliederungshilfe aus dem System der Sozialhilfe gelöst und zu einem echten Nachteilsausgleich weiterentwickelt werden. Behinderte Menschen dürfen nicht länger für Leistungen zu einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe mit ihrem Einkommen und Vermögen haftbar gemacht werden. „Nur so lässt sich verhindern, dass behinderte Menschen dazu gezwungen werden, dauerhaft auf dem Niveau der Sozialhilfe zu leben“, so die Grüne Sozialexpertin Kerstin Celina. „Auch behinderte Menschen brauchen die Mittel eine Familie zu gründen und Kinder zu erziehen.“

Von Seiten der Wohlfahrtsverbände und der Behindertenorganisationen wurden im Vorfeld der Anhörung Befürchtungen geäußert, dass die dringend notwendige inhaltliche Reform der Eingliederungshilfe im Bund hinter dem Streit um die finanzielle Entlastung der Kommunen zu kurz kommen könnte. Der Bund hat zugesagt, sich mit bis zu 5 Milliarden Euro an den Kosten der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Eine sog. Vorabmilliarde wird bereits in diesem Jahr ausgezahlt. Um die Verteilung der Gelder ist bereits ein heftiger Streit ausgebrochen.

Die Anhörung des Landtags sollte deshalb auch dazu dienen, konkrete Standards und Kriterien für eine inklusive Weiterentwicklung der Leistungen der Eingliederungshilfe zu formulieren. „Für ein selbstbestimmtes Leben brauchen behinderte Menschen ein Wunsch- und Wahlrecht wo und wie sie leben wollen und welche Hilfen sie dafür in Anspruch nehmen“, fordert Kerstin Celina. „Ambulante Leistungen und persönliche Assistenz dürfen deshalb nicht unter Verweis auf evtl. höhere Kosten verweigert werden.“ Die Leistungen müssen personenbezogen und orientiert am individuellen Bedarf erbracht werden. „Es darf nicht länger von der Art der Unterbringung abhängig sein, welche Leistungen ein behinderter Mensch erhält“, ergänzt die Grüne integrationspolitische Sprecherin Christine Kamm. Notwendig sind ferner ein offener Leistungskatalog und ein transparentes und partizipatives Verfahren zur Feststellung des Hilfebedarfs. Damit behinderte Menschen sich auf Augenhöhe an diesem Verfahren beteiligen können, brauchen sie ein Recht auf unabhängige Beratung und Unterstützung.

In der Anhörung wurden viele konkrete Forderungen und Ansprüche an ein neues Gesetz formuliert. Viele dieser Forderungen finden sich bereits in einem Antrag der Grünen Landtagsfraktion aus dem letzten Jahr, der wegen der Anhörung zurückgestellt wurde. „Wir hoffen, dass es uns gelingt, diesen Antrag zur Grundlage für eine interfraktionelle Beschlussfassung im Ausschuss zu machen“, sagt Kerstin Celina.