Demokratie und Transparenz

9 Punkte für Stärkung der Demokratie in Bayern – entschlossen gegen den Rechtsrutsch

30. September 2023

Unsere Demokratie erscheint oft viel zu selbstverständlich. Sie ist gerade von vielen Seiten unter Druck – aus dem Ausland und aus dem Inland. Das haben nicht erst die Razzien in der Reichsbürgerszene deutlich gemacht. Unsere Demokratie muss immer wieder neu erkämpft werden. Denn leider wächst die Bedrohung für die freiheitliche, demokratische Grundordnung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch unterschiedliche Formen des Extremismus. In Teilen unserer Gesellschaft verfestigt sich - nicht erst seit der Corona-Pandemie – eine demokratiefeindliche und gegenüber staatlichen Institutionen ablehnende Haltung. Die Feinde der Demokratie haben Zulauf!

Der Rechtsrutsch in unserem Land nimmt an Fahrt auf. Offensichtlich geht es manchen nicht darum, eine Lösung zu finden, sondern um zu spalten und zu hetzen. Aber wenn nicht nur die AfD, sondern auch konservative Parteien wie Union und Freie Wähler sprachlich und politisch nach rechts blinken, wenn die sogenannte Brandmauer gegen rechts nicht steht, dann werden die Rechtsextremen stärker und ihre spalterische Politik gewöhnlicher. Das ist gefährlich und das muss alle Demokratinnen und Demokraten aufrütteln.

Dagegen braucht es Bürgerinnen und Bürger, die sich einmischen und sich engagieren. Bürgerinnen und Bürger, die einstehen für unsere Grundwerte und für unsere Freiheit. Es braucht starke Institutionen und eine starke Zivilgesellschaft. Und es braucht Parteien, die sich über alle Parteigrenzen hinweg klar gegen Demokratiefeinde abgrenzen. Parteien, die unsere Demokratie robust verteidigen. Und immer wieder deutlich machen: Wir sind mehr.

Die Landtags-Grünen fördern mit diesem 9-Punkte-Plan zur Stärkung der Demokratie in Bayern den gesamtgesellschaftlichen engagierten Einsatz für die Demokratie, gegen Gewalt, gegen Hass und Hetze, gegen Antisemitismus und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung.

9-Punkte-Plan Demokratie

1. Gemeinsam gegen Rechtsextremismus

Unsere Gesellschaft befindet sich in einer Umbruchphase. Das Bedürfnis nach Sicherheit und vermeintlich einfachen, schnellen Lösungen wächst und damit die Gefahr des Rechtspopulismus und des militanten Rechtsextremismus. Das haben nicht erst die Razzien in der Reichsbürgerszene offengelegt. Wir wollen den Rechtsextremismus in Bayern durch eine bayerische Gesamtstrategie bekämpfen, die auf Prävention, Demokratieförderung, Deradikalisierung und effektiver Gefahrenabwehr fußt. Die neuen Formen des Rechtsextremismus nehmen wir dabei genauso in den Blick wie eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Bekämpfung dieser. Die Entwaffnung von Rechtsextremisten werden wir konsequent vorantreiben. Bayern braucht eine konsequente Erfassung und Verfolgung von Gewalt und Hetze im Netz durch die Einrichtung einer flächendeckenden virtuellen Polizeiwache, bei der man online Strafanzeigen gegen Hass im Netz stellen kann.

2. Mehr Demokratie schon in Kindergarten und Schule

Die demokratischen Grundregeln wollen wir bereits bei der frühkindlichen Bildung in Bayern lehren, lernen und erlebbar machen. Denn Bildungseinrichtungen sind zentrale Erfahrungsorte der Demokratie. Kinder sollen in ihrem Alltag in einer Kultur der Mitbestimmung aufwachsen. Dazu gehört auch die Stärkung der Jugendbeteiligung in allen Schulformen. Sie können bei demokratischen Projekten mit abstimmen und so erfahren, dass nicht das Recht des Stärkeren zählt. Wir wollen, dass der politischen Bildung an allen Schulformen und in den unterschiedlichsten Fächern mehr Zeit gewidmet wird. Dafür müssen auch unsere bayerischen Lehrkräfte entsprechend fortgebildet werden Mit einem Landesprogramm für Demokratievermittlung werden wir allen Bildungseinrichtungen ein Angebot machen, wie sie altersgerechte Projekte niedrigschwellig umsetzen können, um in kleinen, aber wertvollen Schritten Demokratie greifbar zu machen und Medienkompetenz zu fördern. Wir wollen, dass Kinder früh lernen, Fakten von Meinungen zu unterscheiden, und die Fähigkeit entwickeln, mit demokratiegefährdenden Desinformationen souverän umzugehen.

3. Engagierter Einsatz gegen falsche Fakten und Verschwörungsmythen

Gesellschaftliche Krisen und unsichere Zeiten erleichtern die Verbreitung von „Fake News“ und Verschwörungsmythen. Durch Social Media verbreiten sie sich heutzutage viel schneller und sind in der Mitte der Gesellschaft anschlussfähiger geworden. Gegen die Verbreitung von kruden und oft antisemitisch geprägten Verschwörungsideologien und die Gefahr einer Querfront aus verschwörungsideologischen, rechts- und linksextremen Akteur*innen braucht Bayern eine nachhaltige Strategie, welche die Vernetzungen der verschiedenen Akteure offenlegt und sachliche zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit und Präventivangebote stärkt. Es ist notwendig, mehr wissenschaftliche Erkenntnisse über neue Formen von Online-Radikalisierung zu fördern und die Mitarbeitenden von Sicherheitsbehörden über Inhalte, Codes und Wirkungsweisen von Verschwörungsideologien weiterzubilden. Nicht zuletzt brauchen zivilgesellschaftliche Initiativen zur Stärkung der Demokratie und im Einsatz gegen Verschwörungsmythen eine dauerhafte Finanzierung.

4. Bayern ist bunt nicht braun – Bayerns Vielfalt wertschätzen

Die Vielfalt der Menschen in unserem Land ist seit jeher eine Stärke Bayerns. Wir setzen uns aktiv dafür ein, Vielfalt in allen Bereichen und Ebenen zu fördern, so dass Menschen unterschiedlicher Herkunft oder Religionszugehörigkeit, verschiedenen Alters, mit unterschiedlicher sexueller Identität oder Orientierung sowie Menschen mit und ohne Behinderungen, mit sichtbaren oder unsichtbaren Einschränkungen zusammenleben und zusammenarbeiten. Mit uns gibt es ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz und eine Bayerische Antidiskriminierungsstelle. Deshalb legen wir ein bayerisches Förder- und Aktionsprogramm zur Stärkung der Zivilgesellschaft auf. Das Ehrenamt ist bei uns in Bayern eine tragende Säule des Miteinanders und ein gesellschaftlicher Kitt. Hier wollen wir mehr Wertschätzung und mehr Unterstützung liefern und ermöglichen, dass alle Menschen in Bayern sich bei ihrem ehrenamtlichen Engagement begegnen.

5. Mehr Transparenz statt Amtsgeheimnis

In einer modernen Demokratie muss der Staat die Bürgerinnen und Bürger zur Partizipation einladen. Mehr Transparenz wollen wir durch die offene Bereitstellung staatlicher Daten über ein Transparenzgesetz in Bayern schaffen. Hier ist Bayern noch immer deutschlandweites Schlusslicht. Insbesondere in den Kommunen liegen oft kaum genutzte Datenschätze – zum Beispiel Informationen zur lokalen Mobilität, Infrastruktur oder Geoinformationen – auf deren Grundlage gemeinwohlfördernde Anwendungen entstehen könnten. Deswegen werden wir GRÜNE eine Open-Data-Strategie für Bayern aufsetzen. In dieser wird festgelegt, welche Daten von welchen Behörden bereitgestellt werden und welche Anreize für Unternehmen und Kommunen geschaffen werden, es der Staatsregierung gleichzutun. Selbstverständlich bleiben private Daten privat.

6. Gut ausgestattete und bürgernahe Sicherheitsbehörden

Die Polizei muss mit den Mitteln ausgestattet sein, die sie benötigt, um effektive und grundrechtssensible Gefahrenabwehr zu betreiben und Straftaten erfolgreich aufzuklären. Es braucht deshalb flächendeckend mehr Personal und moderne Technik. Bei Ausrüstung und Dienstgebäuden muss der Investitionsstau aufgelöst werden! Mit uns wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden im Ausland und in anderen Bundesländern intensiviert, denn Kriminalität macht nicht an der Grenze halt. Wir benötigen auch mehr IT-Spezialist*innen und schulen die Beamt*innen flächendeckend in diesem Bereich, denn viele Taten werden online begangen und müssen dort auch verhindert oder aufgeklärt werden. Das alleine reicht jedoch nicht: Im Sinne einer umfassend verstandenen Sicherheit muss die gesamte öffentliche Infrastruktur gestärkt werden.

7. Demokratie vor Ort – Kommunen unterstützen

Wir wollen die kommunale Ebene mit ins Boot holen und werden vor Ort Projekte anstoßen und fördern, die sich für unser demokratisches Miteinander einsetzen.Denn so wird Demokratie vor Ort erlebbar. Unser Ziel ist es, lokale Handlungsstrategien zu entwickeln und Vereine oder Bürgerinitiativen, die in der Kommune Demokratie und Vielfalt fördern, den Rücken zu stärken - auch finanziell. Wir fördern die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Kommunen, zum Beispiel in Form von Jugendparlamenten oder Jugendgemeinderäten, und regeln dazu ihre Beteiligungsrechte in der Bayerischen Gemeindeordnung.

8. Demokratie entstauben – dringende Reformen jetzt anpacken!

Bayerns Demokratie braucht ein wohldosiertes Update. Wir wollen Bayerns Demokratie entstauben und brauchen ein modernes Wahlrecht: Das Wahlalter 16 führen wir für Kommunal-, Bezirks- und Landtagswahlen sowie Volks- und Bürgerentscheide ein. Wir wollen den Hürdenabbau in der Direkten Demokratie sowohl beim Bürgerentscheid in den Kommunen als auch beim Volksentscheid auf Landesebene. Wir reformieren das Kommunal- und Bezirkswahlrecht, damit Menschen, die schon längere Zeit bei uns in Bayern leben, auch ohne deutschen Pass aktives und passives Wahlrecht erhalten. Innovative Beteiligungsmodelle wie Bürgerräte, Planungszellen, Bürgergutachten und digitale Beteiligungsplattformen wollen wir in ganz Bayern erproben. Durch die Schaffung eines unabhängigen Bürgerbeauftragten wollen wir, dass die Menschen sich mit ihren Sorgen und Problemen gehört und wertgeschätzt fühlen und so das Vertrauen in die Institutionen stärken.

9. Hass ist keine Alternative für Deutschland

Die AfD ist eine in Teilen rechtsextreme Partei, die den Boden unseres Grundgesetzes verlassen hat. In den vergangenen fünf Jahren hat die AfD mit ihren Anträgen und hetzerischen Reden im Bayerischen Landtag keinen Zweifel daran gelassen, dass sie für unsere Demokratie und unsere Verfassung nur Verachtung übrig hat. Alle, denen unsere Freiheit und unsere Demokratie in Bayern am Herzen liegt, müssen sich deshalb dafür einsetzen, dass diese Partei bei uns keine Macht übernehmen darf. Egal ob in der Kommune, im Landkreis oder im Landtag. Deshalb befürworten die Grünen weiter, dass mit allen Mitteln des Rechtsstaats rechtsextreme Strukturen in Bayern konsequent bekämpft und zerschlagen werden. Dazu gehört auch die weitere Beobachtung der AfD in Bayern durch den Verfassungsschutz. Die AfD ist eine sich immer schneller radikalisierende Partei, die unseren demokratischen Rechtsstaat ablehnt. Die Verharmlosung der AfD muss endlich aufhören. Besorgniserregend ist, dass Teile von Union und Freien Wählern in den letzten Wochen hierzu als sehr unsichere Kantonisten aufgefallen sind. Das verurteilen wir mit aller Schärfe, denn wir müssen als Demokratinnen und Demokraten über alle Parteigrenzen hinweg gegen diese Feinde unserer Freiheit zusammenhalten. Wer im Trüben fischt, macht sich die Hände schmutzig.