Kultur und Heimat

Regionale Kulturförderung: Bayern kann von Sachsen und NRW lernen

<p>Bayern ist seit über zweihundert Jahren ein Zentralstaat. Was Bayern über lange Zeit zum Vorteil gereicht hat, hat sich heute überlebt. Das gilt auch für die Kulturpolitik. Statt von München aus zentral zu entscheiden, welche Einrichtungen gefördert und welche Projekte Gelder erhalten sollen, braucht es in der Kulturpolitik mehr Demokratie, mehr Mitsprache und Mitbestimmung der Kulturschaffenden und –verantwortlichen vor Ort in den Regionen und statt einer willkürlichen Verteilung der Mittel nach „Gutsherrenart“ wie bisher mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit für die Betroffenen.</p>

10. März 2017

Kulturraumgesetz
Andere Bundesländer sind längst weiter als Bayern und haben neue Wege in der Kulturfinanzierung beschritten.
Auf Initiative der Grünen (Antrag Drs. 17/1809) hielt der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst deshalb ein Fachgespräch zur „Regionalen Kulturförderung“ ab, zu dem Experten der Bundesländer eingeladen wurden, die schon vor vielen Jahren viel beachtete Modelle realisiert haben. Auf Vorschlag des kulturpolitischen Sprechers, Dr. Sepp Dürr, referierten Prof. Matthias Theodor Vogt über das Kulturraumgesetz in Sachsen, zu dem die Grünen bereits vor fünf Jahren ein Fachgespräch abgehalten hatten, und Peter Landmann über das Förderprogramm Regionale Kulturpolitik in Nordrhein-Westfalen. Ziel des Fachgesprächs war, zu erörtern, ob einzelne Elemente auf Bayern zu übertragen sind und sie neue Impulse für den ländlichen Raum liefern und somit zur Stärkung der kulturellen Vielfalt in Bayern beitragen können.


Sachsen ist in fünf ländliche und drei urbane Kulturräume aufgeteilt. Die ländlichen sind als Zweckverbände organisiert. Die Finanzierung erfolgt einerseits durch eine Kulturumlage der Kommunen, dessen Höhe jeder Kulturraum selbst bestimmt, und durch Zuwendungen des Landes, die vom Landtag festgesetzt werden, aber eine gewisse Mindesthöhe nicht unterschreiten dürfen. Die Kulturräume entscheiden über den Kulturkonvent, dem in den ländlichen Kulturräumen die Landräte und Vertreter der Kreistage angehören, eigenständig, wer und in welcher Höhe Gelder erhält. Beratend steht dem Kulturkonvent der Kulturbeirat zur Seite, dem Sachverständige aller im Kulturraum geförderten Kultursparten angehören. Das 1994 in Kraft getretene und mehrmals geänderte Gesetz wurde inzwischen ob seines Erfolges entfristet. Es ist wesentlich ihm zu verdanken, dass Sachsen pro Kopf der Bevölkerung mehr Geld für Kultur aufwendet als jeder andere Flächenstaat und so von der Schließung bedrohte kulturelle Einrichtungen wie Theater und Orchester abseits der Metropolen gerettet werden konnten. Allerdings hat das Kulturraumgesetz nicht verhindern können, wie Vogt selbstkritisch einräumte, dass das meiste Geld noch immer in die Zentren wie Dresden fließt.

Regionale Kulturpolitik
Das bundesweit einzigartige Förderprogramm Regionale Kulturpolitik wurde erstmals von Rot-Grün in NRW in den 90er Jahren aufgelegt. Es gilt heute nach anfänglich heftigen Widerständen als Erfolgsmodell, das innerhalb der zehn Kulturregionen nachhaltig zur Bildung neuer Kulturentwicklungsstrukturen beigetragen hat. Durch die Förderung von Kooperationsprojekten hat es die Vernetzung und den Austausch zwischen den Kulturschaffenden, den Kultureinrichtungen und –initiativen und den Kulturverantwortlichen der Kommunen in den Regionen begünstigt. Es hat bewirkt, dass die Profile der Regionen geschärft und die Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wurden. Unterstützt werden durch das Programm jährlich etwa 200 Projekte – von Krimifestivals und Poetry Slam-Wettbewerben bis zu Waldskulpturenwegen. Weil viele Veranstaltungen außerhalb der größeren Städte stattfinden, wird das kulturelle Angebot im ländlichen Raum erhöht. Das Land hat das Förderprogramm 2016 mit insgesamt rund 7,2 Millionen € ausgestattet, die zusätzlich zu den Kulturausgaben geleistet werden. Die Regionen steuern das Zwei- bis Dreifache bei. Ob Projekte mit Landesgeldern unterstützt werden, entscheidet im Unterschied zu Sachsen das Kulturministerium selbst.

Stärkung des ländlichen Raums
Beide Modelle haben zur Stärkung des ländlichen Raums und der kulturellen Vielfalt in Sachsen und in Nordrhein-Westfalen beigetragen, sagte Sepp Dürr in der Ausschussdiskussion. Sie seien auf die Eigenheiten der Länder zugeschnitten und deshalb auch nicht direkt auf Bayern übertragbar. „Sie sind kein Patentrezept für Bayern“. Dennoch böten sie konkrete Anregungen, wie das kulturelle Angebot in der Provinz erhöht werden kann und die Kulturschaffenden mehr als bisher mitbestimmen und eingebunden werden können, so Dürr weiter.
„Ich spreche mich dafür aus, dass wir das sächsische Kulturraumgesetz in modifizierter Form für bestimmte Regionen in Bayern übernehmen und erproben. Und das Förderprogramm von Nordrhein-Westfalen können wir als Vorbild für die Änderung der intransparenten Kriterien des Kulturfonds nehmen. Wir werden demnächst in dieser Richtung initiativ werden“.

Antrag (Drs. 17/1809): Anhörung zur „Regionalen Kulturförderung“


Kulturkonzept: Für ein kreatives, vielfältiges, innovatives und modernes Bayern