Bildung und Wissenschaft

Bayerns Hochschulen brauchen mehr Demokratie

Grüner Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der
Verfassten Studierendenschaft

08. Dezember 2017

In Zeiten, in denen die Demokratie immer heftigeren Angriffen ausgesetzt ist, dürfen Demokratinnen und Demokraten nicht den Kopf in den Sand stecken. Deshalb haben wir einen Gesetzentwurf in den Bayerischen Landtag eingebracht, der die studentische Selbstverwaltung durch die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft (VS) stärken soll. In dieser Woche wurde unser Gesetzentwurf im Plenum debattiert.

In der Nachkriegszeit wurden Verfasste Studierendenschaften im Zuge des Aufbaus demokratischer Strukturen nach der Gleichschaltung der Hochschulen durch das Naziregime flächendeckend eingeführt und entwickelten sich zu einem echten Erfolgsmodell.
Seit 1973/74 gibt es in Bayern allerdings keine VS mehr. Sie wurde damals als Reaktion auf die zunehmende politische Aktivität der Studierenden im Nachgang der 68er Bewegung von der CSU-Staatsregierung aus rein parteitaktischen Gründen abgeschafft und stattdessen gesetzlich Vertretungsgremien als Organe innerhalb der Hochschulen geschaffen. Diese können allerdings aufgrund ihrer fehlenden Unabhängigkeit, Handlungskompetenz und Finanzhoheit ihre Aufgaben nur eingeschränkt wahrnehmen.

„Ohne Zweifel lässt sich aber sagen, dass das heutige politische Klima ein völlig anderes ist, und alle damaligen, größtenteils vorgeschobenen Gründe gegen die Verfasste Studierendenschaft heute nicht mehr existieren.“, so Verena Osgyan, Sprecherin für Hochschulpolitik. Der Gesetzentwurf wurde im Plenum des Landtags debattiert und von der CSU-Mehrheit abgelehnt.

Die Organisation der studentischen Selbstverwaltung als Teilkörperschaft des öffentlichen Rechtes kennzeichnet sich im Wesentlichen durch Satzungsautonomie, Solidarmitgliedschaft, Finanzautonomie und Beitragshoheit. Heute, ohne eine Verfasste Studierendenschaft, müssen sich Studierende jede Ausgabe von der Hochschulverwaltung genehmigen lassen, sogar die Anschaffung von Tackerklemmen. Sie können ehrenamtlich studentisch Aktiven keine angemessene Aufwandsentschädigung zahlen oder Personal einstellen, um als Servicestelle für die Studierenden zu fungieren. Ebenso wenig können sie unabhängige Studien-, BAföG- und Sozialberatungen anbieten. Zudem sind Verhandlungen und Vertragsabschlüsse mit externen Partnern (wie z.B. Verkehrsverbünden) kompliziert, denn für alle Beschlüsse muss der Umweg über die Studierendenwerke genommen werden oder es müssen aufwendige Urabstimmungen abgehalten werden.


Wie die VS organisiert ist, und wie hoch ihr Mitgliedsbeitrag ist, entscheidet die Studierendenschaft selbst. Alle Studierenden einer Hochschule sind automatisch Mitglieder der Studierendenschaft. Die VS entscheidet eigenverantwortlich unter Maßgabe der allgemeinen Haushaltsgesetze und des Hochschulgesetzes über die Verwendung ihrer Mittel. Unter grüner Regierungsführung hat Baden-Württemberg im Jahr 2012 als vorletztes Bundesland die VS wieder eingeführt. In 15 Bundesländern gehört die VS seither selbstverständlich zu jeder Hochschule dazu. Nur Bayern gibt sich hier nach wie vor die Blöße eines Demokratiedefizits.


„Wir sind das letzte Bundesland ohne VS. Wir Grüne wollten das ändern, die CSU leider nicht. Ihre Argumente in der Plenardebatte waren so platt von „braucht es nicht“ bis hin zum Kommunismus-Vorwurf. Die Vorbehalte gegen eine VS sind rein ideologisch begründet.“, ärgert sich Verena Osgyan.
Für uns ist klar, wir stehen an der Seite der Demokratie. Und deshalb sollten wir auch den rund 380.000 Studierenden im Freistaat die Möglichkeit geben, sich demokratisch und eigenverantwortlich zu organisieren. Dass der Landtag nicht den Weg frei gemacht hat für eine starke studentische Selbstverwaltung in Bayern, ist sehr bedauerlich.

Den grünen Gesetzentwurf gibt es hier