Sozialpolitik

Aufklärung über die Misshandlung von Kindern in der Sekte ‚Zwölf Stämme‘

<p>Die GRÜNE Landtagsfraktion fordert von der Staatsregierung Aufklärung über den Stand der Erkenntnisse zu den Hintergründen der Kindesmisshandlungen in den bayerischen Niederlassungen der Sekte ‚Zwölf Stämme‘. Ein <a href="http://www1.bayern.landtag.de/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000000001/0000000071.pdf">entsprechender Antrag</a> wurde in dieser Woche einstimmig im Sozialausschuss verabschiedet.</p>

29. November 2013

Aktueller Anlass der GRÜNEN Initiative war das mysteriöse Verschwinden von zwei Mädchen, die sich in der Obhut einer Pflegefamilie im Kreis Ansbach befanden. Nach einem Fernsehbericht über die brutalen Misshandlungen von Kindern in der Sekte, hatten die zuständigen Jugendämter Anfang September 40 Kinder aus den Standorten im schwäbischen Deiningen und im mittelfränkischen Wörnitz geholt und bei Pflegeeltern oder in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht. Nach dem Verschwinden der beiden Kinder das zuständige Landratsamt Donau-Ries Anzeige wegen Kindesentziehung gestellt. Mittlerweile ist klar, dass sich die beiden vermissten Mädchen offensichtlich bei ihrer Großmutter in der Schweiz aufgehalten haben. Die Kinder wurden dann am 09.November durch die Schweizer Polizei wieder in die Obhut der bayerischen Behörden gegeben. Die genauen Umstände ihres Verschwindens bleiben weiterhin ungeklärt.

„Für uns stellt sich die Frage, ob die zuständigen Behörden in der Vergangenheit die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern der Sekte in ausreichendem Maße wahrgenommen haben und ob sie in der Zukunft einen ausreichenden Schutz der Kinder gewährleisten können,“ so die GRÜNE Sozialpolitikerin Christine Kamm. Glaubwürdige Hinweise von Sektenaussteigern auf die Misshandlung von Kindern lagen den Behörden bereits seit längerer Zeit vor. In der Presse wurde bereits 2011 von systematischen Prügelstrafen und der Beschneidung Neugeborener durch Laien berichtet. Trotzdem verliefen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen Körperverletzung und der Misshandlung Schutzbefohlener im Sande. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde erst im Juli 2013, kurz vor Erscheinen der erschreckenden Fernsehbilder, eingestellt. 

Auch die Untersuchungen der zuständigen Träger der Jugendhilfe, der Bezirksregierung von Schwaben und der staatlichen Schulaufsicht führten zu keinen Ergebnissen. Das Kultusministerium hatte der Sekte im Jahr 2006 sogar die Erlaubnis zum Betrieb einer Privatschule erteilt. „Schon damals war bekannt, dass die Sekte körperliche Züchtigungen für ein geeignetes pädagogisches Mittel hält“, kritisiert die GRÜNE Fraktionsvorsitzende Margarete Bause. Die Sekteneltern hatten sich zuvor geweigert ihre Kinder auf eine staatlich anerkannte Schule zu schicken. Die Sekte wurde deshalb wegen permanenter Verstöße gegen die Schulpflicht mit erheblichen Bußgeldern überzogen. Trotz der fehlenden Qualifikation des Lehrpersonals wurde der Betrieb der Schule niemals von der Regierung von Schwaben beanstandet.

Erst nach Veröffentlichung der verdeckt gedrehten, spektakulären Fernsehbilder haben die Aufsichtsbehörden endlich ernsthaft reagiert. Die Familiengerichte in Nördlingen und Ansbach entzogen den Sekteneltern vorläufig das Sorgerecht für ihre Kinder. Die Kinder und Jugendlichen wurden umgehend in die Obhut von Pflegefamilien und Jugendhilfeeinrichtungen gebracht. Die Staatsanwaltschaft Augsburg eröffnet ein neues Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener. Ende September wird der Sekte endgültig durch die Regierung von Schwaben der weitere Betrieb einer Privatschule untersagt. „Wir dürfen nun keine weitere Zeit mehr verstreichen lassen und müssen verhindern, dass weitere Kinder ins Ausland gebracht werden“, mahnt Margarete Bause dringenden Handlungsbedarf an. Am 23. Januar 2014 werden das Sozial- und das Kultusministerium dem Landtag über ihr weiteres Vorgehen berichten.