Energie

Bayern - Premiumland beim Klimaschutz?

25. September 2023

Laut CSU-Wahlprogramm ist Bayern “Premiumland beim Klimaschutz”. Wer diese Behauptung überprüfen will, scheitert jedoch schon daran, dass aussagekräftige Zahlen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Freistaat nur schwer zu finden sind. Auch im kürzlich veröffentlichten Klimabericht der Staatsregierung sind nur einzelne Zahlen enthalten.  

Die grüne Landtagsfraktion hat deshalb bei der Staatsregierung nach ausführlichen und aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) in Bayern gefragt. Die  Antwort auf unsere schriftliche Anfrage (SAN) gibt es hier. Auf unsere Frage weshalb keine aussagekräftigen Zahlen zur Entwicklung der THG-Emissionen in Bayern auf den Webseiten der zuständigen Staatsministerien zu finden sind, antwortet die Staatsregierung nur ausweichend.

Die auf unsere Anfrage hin von der Staatsregierung zur Verfügung gestellten Zahlen haben wir ausgewertet und aufbereitet. Das sind die wichtigsten Entwicklungen: 

Seit 1990 sind die Treibhausgasemissionen in Bayern um knapp 20 Millionen Tonnen zurückgegangen - von knapp 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auf rund 92 Millionen CO2-Äquivalente im Jahr 2021. Das entspricht einem Rückgang um knapp 18 Prozent innerhalb von gut 30 Jahren. 

Im bundesweiten Durchschnitt waren es im gleichen Zeitraum fast 40 Prozent. Allerdings ist ein Teil des Rückgangs in den Jahren 2020 und 2021 den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geschuldet. Der Rückgang von 1990 bis 2019, also bis zum letzten Jahr vor der Corona-Pandemie, betrug in Bayern nur knapp 15 Prozent. Bundesweit sind die THG-Emissionen im selben Zeitraum um 36 Prozent zurückgegangen.

Wir haben außerdem berechnet, dass Bayern die Geschwindigkeit bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren mindestens verzehnfachen müsste, um bis 2040 klimaneutral zu sein. Doch das Tempo beim Klimaschutz ist in den vergangenen zehn Jahren im Vergleich zu den Vorjahren nicht etwa angestiegen, sondern deutlich zurückgegangen – um rund die Hälfte. Das ist alarmierend! Denn bis 2040 sind nicht einmal mehr 20 Jahre Zeit.

Detaillierte Ergebnisse der einzelnen Sektoren

Die meisten Treibhausgasemissionen verursacht in Bayern der Verkehrssektor: Rund 30 Prozent entfielen im Jahr 2019 auf diesen Bereich. Das Erschreckende: Von 1990 bis 2019 sind die Emissionen aus dem Verkehr in Bayern um 5,5 Prozent angestiegen. Zwar sind die Emissionen in diesem Zeitraum auch bundesweit leicht angestiegen. Mit 0,2 Prozent aber lange nicht so deutlich wie in Bayern. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf, gerade in Bayern. Absolut gesehen hat der Straßenverkehr den größten Anteil an den Emissionen aus dem Verkehrsbereich. Bezieht man die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr in die Rechnung mit ein, verursacht der Straßenverkehr knapp 82 Prozent der Emissionen, der Flugverkehr weitere 17 Prozent. Den größten prozentualen Anstieg bei den THG-Emissionen gab es in den vergangenen 30 Jahren beim Flugverkehr: Von 1990 bis 2019 haben sich die THG-Emissionen hier in etwa verdoppelt.  

Gebäude

Ähnlich verheerend sieht die Entwicklung im Gebäudebereich aus, der für rund ein Viertel der bayerischen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist: In Bayern nahmen die Emissionen von 26 Millionen Tonnen im Jahr 1990 nur um gut zwei Millionen Tonnen oder 8,5 Prozent auf 24 Millionen Tonnen im Jahr 2019 ab. In Deutschland dagegen von 210 Millionen Tonnen 1990 auf 121 Millionen Tonnen im Jahr 2019. Das entspricht einer Reduktion um 42 Prozent. Das heißt bundesweit ist eine Halbierung in Reichweite. In Bayern sind wir hier jedoch meilenweit entfernt. Angesichts dieses Nachholbedarfs ist die lautstarke Kritik der Staatsregierung an den Maßnahmen der Bundesregierung im Gebäudebereich umso unverständlicher.

Industrie

Legt man die Zahlen aus dem Klimabericht der Staatsregierung zugrunde, entfielen 19 Prozent der bayerischen Emissionen im Jahr 2019 auf den Bereich Industrie. Bei Verwendung der Zahlen aus der SAN kommt man auf einen Anteil von knapp 15 Prozent. Wir haben bei der Staatsregierung nachgefragt, wie diese starke Abweichung zustande kommt, haben aber leider keine befriedigende Antwort erhalten. Laut den Zahlen aus der SAN sind drei Viertel der Industrie-Emissionen energiebedingt, ein Viertel prozessbedingt. Während die THG-Emissionen aus dem Bereich Industrie von 1990 bis 2008 tendenziell zurückgingen, steigen sie seit 2009 wieder an. 2019 lagen sie knapp 25 Prozent über dem Niveau von 2009.  

Landwirtschaft

Die Landwirtschaft war im Jahr 2019 in Bayern für rund 15 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich1. Der größte Anteil an den landwirtschaftlichen Emissionen entfiel im Jahr 2020 gemäß den Zahlen aus unserer SAN mit rund 47 Prozent auf den Bereich Fermentationsprozesse. Damit sind THG-Emissionen gemeint, die bei Verdauungsprozessen in Tiermägen entstehen, insbesondere bei Kühen. Gefolgt von Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden und der Düngerwirtschaft. Bezieht man die durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen aus dem Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (kurz LULUCF) mit ein, entfällt der größte Anteil der Emissionen auf die Bearbeitung von landwirtschaftlichen Böden, gefolgt von der Fermentation.  

Energiewirtschaft

Nimmt man die Zahlen aus dem Klimabericht als Grundlage, entfielen im Jahr 2019 13 Prozent der THG-Emissionen auf den Bereich Energiewirtschaft. Diesem Sektor werden in erster Linie die THG-Emissionen zugerechnet, die durch die Erzeugung von Strom und Wärme in großen Kraftwerken entstehen. Rechnet man die THG-Emissionen aus den Stromimporten hinzu, steigt der Anteil der Energiewirtschaft an den Gesamtemissionen im Jahr 2019 auf 14 Prozent. Berücksichtigt man auch die energiebedingten Emissionen aus den Bereichen Verkehr, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft, kommt man auf einen Anteil von über 80 Prozent an den gesamten bayerischen THG-Emissionen.  

Fazit

Vollmundig hat Markus Söder vor einigen Jahren das Ziel ausgegeben, Bayern bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen. Aber die Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Freistaat offenbart, dass die CSU in der Klimapolitik außer großen Ankündigungen nichts zu bieten hat. Um Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen, ist jetzt ein grundlegender Kurswechsel in der bayerischen Klimapolitik nötig.  

 

Datengrundlage:  

Hinweise: 

  • Alle Daten (soweit nicht anders angegeben) ohne internationalen Luftverkehr und ohne LULUCF (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft). 

  • Bei allen Grafiken handelt es sich um eigene Darstellungen auf Grundlage des oben genannten Datenmaterials. 

  • Teilweise stimmen die Zahlen aus der SAN nicht mit den Zahlen aus dem Klimabericht der Staatsregierung überein. Wir haben bereits nach den Gründen gefragt, aber nicht zu allen Aspekten eine zufriedenstellende Antwort erhalten. 

  • Wir haben stets die aktuellsten uns zur Verfügung stehenden Daten als Grundlage verwendet.