Bildung und Wissenschaft

Katastrophenmanagement der Staatsregierung bei digitalem Schulverwaltungsprogramm ASV/ASD

Landtagsgrüne fordern Evaluation der Schulverwaltungssoftware

21. Oktober 2021

Schulen müssen auf Verwaltungsebene Zeugnisse schreiben, den Unterrichts- und Lehrkräftebedarf berechnen, die Klassen für das nächste Schuljahr planen. Um diese Abläufe zu vereinheitlichen und die Daten mit weniger Zeit und Personalaufwand eingeben und fristgerecht weiterleiten zu können, sodass die Daten dann auch rechtzeitig vorliegen, hat der Bayerische Landtag 2004 auf Grundlage eines Berichts des Obersten Rechnungshofes die Staatsregierung aufgefordert, ein entsprechendes Programm einzuführen. Die Amtliche Schulverwaltung (ASV) war geboren. 2005 startete das Projekt ASV/ASD und sollte ursprünglich 2009 abgeschlossen werden. Die Kosten schätzte das Kultusministerium damals auf elf Millionen Euro.
Aber selbst 16 Jahre nach Projektbeginn sind wichtige Ziele des Projekts noch immer nicht erreicht oder teils sogar aufgegeben worden. Das Projekt wird wohl erst 19 Jahre später als geplant, also im Jahr 2028 fertig. Von einer reibungslosen Funktionalität kann man noch lange nicht sprechen – Es hakt an allen Ecken und Enden! Davon sind nicht einzelne Schulen davon betroffen, wie das Kultusministerium immer behauptet, es ist ein strukturelles Problem in diesem Verwaltungssystem: Lehrer*innen müssen z.T. die Statistiken fälschen, um mit der Bearbeitung weiterzukommen. Updates werden nicht kommuniziert, so dass die Schulleitungen die Eingabearbeit z.T. doppelt durchführen müssen. Das Kultusministerium berichtet selbst, dass die Supportleistungen für Schulen abgenommen hätten, und wertet dies als Erfolg, gleichzeitig berichtet aber der ORH, dass er selbst Rückmeldungen von Schulleitungen habe, die die Sperrigkeit und Fehlerbehaftung des Programms beschreiben. Versprochene Noten- und Zeugnisprogramme mussten für die Gymnasien wieder zurückgenommen werden, das Kultusministerium empfiehlt hier sogar Fremdprodukte. Es gibt bisher keine Zusatzmodule wie z.B. Impfstatus bei Masern. Dieser muss noch immer händische eingegeben und an die Gesundheitsämter gemeldet werden.
Aber nicht nur die fehlende Funktionalität und die Verlängerung der Projektlaufzeit sind ein Problem, sondern vor allem die Kostenexplosion ist fatal. Die Kosten betragen statt der geschätzten elf Millionen bei dem geplanten Projektabschluss wohl 272 Millionen Euro. Das hat der Bericht des ORH im Mai 2021 ergeben!
Die CSU-Staatsregierung hat die Digitalisierung in der Bildung mit ihrer Unfähigkeit total verschlafen: zum einen im Unterricht selbst und zum zweiten in der Organisation von Unterricht durch ASV/ASD. Sie hat keinen Plan von stringenten Projektmanagement. Durch dilettantisches Handeln werden Millionen Steuergelder in den Sand gesetzt, und das zur Regentschaft des Finanzministers Söder, der sich jetzt als großer Modernisierer gibt.
Auch der ORH sieht das Missverhältnis zwischen den Kosten und der bisher erzielten, nur sehr eingeschränkter Funktionalität als Ergebnis von erheblichen Mängeln beim Projektmanagement. Es liegen ganz eindeutig strukturelle Fehler vor, die als Einzelnes nicht behoben werden können. Das Projekt muss deshalb jetzt evaluiert werden, um nötige Verbesserungen durchzuführen und aus den gemachten Fehlern zu lernen. In der freien Wirtschaft würde man in so einem Fall von einem „Turnaround“- Kandidaten sprechen. Deswegen fordern Grüne, SPD und FDP, das Projekt ASV/ASD jetzt auf Herz und Nieren zu prüfen, um dann eine valide Entscheidung zu treffen, wie es mit ASV/ASD im Einzelnen weitergehen kann.

Uns Grünen ist dabei besonders wichtig, den Fokus auf die Funktionalität der Programme zu legen. Wir wollen, dass die Schulen endlich arbeiten können. Denn mit einer funktionierenden Software hätte man die Chance, Schülerzahlentwicklungen und Lehrermangel viel früher zu erkennen und darauf zu reagieren. Diese Chance hat KM-Minister Spaenle in seiner Amtszeit von 2008-2018 weder gesehen noch ansatzweise verfolgt. Ausbaden müssen es die Schulleitungen und Kolleg*innen vor Ort an den Schulen. Ihnen wird ein völlig unzureichendes Werkzeug in die Hand gegeben. Es wird vor Ort auch nicht nachgefragt, ob das alles überhaupt funktioniert. Hauptsache einen medial wirksamen Digitalgipfel einberufen, schöne Bilder und Schlagzeilen produzieren.  Was an den Schulen wirklich abläuft, interessiert weder in der Staatskanzlei noch im Kultusministerium wenig.
Darum wollen wir, dass eine Kommission aus schulinternen ASV-Multiplikator*innen aus allen Schularten eingesetzt wird, die dem Ministerium nicht weisungsgebunden ist. Sie soll die Anforderungen und Aufgabenstellung des Programms ASV überprüfen und überarbeiten, Ver- und Nachbesserungen in Bezug auf Schnittstellen definieren, weitere Module evaluieren, die für die zukünftige Schulentwicklung notwendig sind (z.B. Ganztag) sowie die Schnittstelle mit dem „Drei-Säulen-Konzept (Bayerncloud) überprüfen. Anschließend soll eine externe Prüfungsgesellschaft beauftragt werden, um die bisherigen Fehlentscheidungen und Mängel zu benennen und begutachten. Der Landtag muss dabei natürlich ebenfalls eingebunden werden, indem ihm sowohl die Expertenkommission und als auch die Prüfungsgesellschaft über die Ergebnisse zeitnah Bericht erstatten.
Unser aller Ziel ist es, dass die Schulen endlich mit einem gut funktionierenden Verwaltungsprogramm ausgestattet sind. Die 2004 definierten Projektziele, den Schulleitungen ein gut funktionierendes Verwaltungsprogramm zur Verfügung zu stellen, um Personalressourcen einzusparen und einen besseren Überblick über die Unterrichtsversorgung zu erhalten, aktuelle Daten auf Knopfdruck zu erhalten, hat immer noch seine Gültigkeit. Es gilt jetzt, den Überblick über das bisherige Projekt zu erhalten, zu beurteilen, wo und in welchem Umfang nachgearbeitet werden muss oder es auf ganz neue Füße zu stellen.
Diese Ist-Analyse ist ebenfalls im Hinblick auf das bisher fehlende/nicht bekannte Projektmanagement des Milliardenprojektes „Bayerncloud“ hin absolut notwendig. Sogar im ORH-Bericht wird darauf hingewiesen, dass die Gefahr des gleichen Desasters wie bei der Einführung von ASV/ASD auf Grund des fehlenden/mangelnden Projektmanagement fehlt.