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Grünen-Anfrage zu Tabletstopp

01. Juli 2025

"Söders digitale Vollbremsung trifft Mittelschulen am stärksten"

Markus Söders Tabletstopp führt bereits jetzt zu großer Verunsicherung an Bayerns Schulen. Zahlreiche Schulen sind betroffen und müssen ihre Planungen für die kommenden Schuljahre nun anpassen. Das geht aus der aktuellen Antwort auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervor.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Die jüngst von der Staatsregierung verkündete Kehrtwende bei der digitalen Ausstattung gilt für alle Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen unterhalb der 8. Jahrgangsstufe* – damit sind rund 72 %**, also 711 der 990 Schulen, die beim Projekt „Digitale Schule der Zukunft“ mitmachen, ab dem kommenden Schuljahr 2025/26 betroffen.
  • Insgesamt 389 Schulen (gut 39 % über alle Schularten, 13 % Gymnasien, 40 % Realschulen, 60 % Mittelschulen) haben die Ausstattung ihrer Jahrgangsstufen 5 und 6 gemeldet und müssen davon ausgehen, dass ihre Planungen mit digitalen Endgeräten künftig hinfällig sind.
  • Am stärksten betroffen sind Mittelschulen mit 60 % der gemeldeten Schulen. Vor dem Hintergrund des Abschlussjahrgangs 9 ist ein Beginn mit digitaler Ausstattung in der Jahrgangsstufe 8 viel zu spät. Auch Realschulen sind mit 40 % der Schulen betroffen. Insbesondere für diese Schulen stellt sich nun die Frage, wie sie angesichts verschiedener großer Herausforderungen weitermachen sollen.

 Benjamin Adjei, Sprecher für Digitalisierung der Landtags-Grünen, sagt:

„Der Markus Söder, der einst Tablets für alle Kinder ab der 5. Klasse versprochen hat, legt jetzt die digitale Vollbremsung hin und schickt Bayern zurück in die Kreidetafel-Zeit – und trifft damit unsere Mittelschulen am stärksten. Eine krasse Fehlentscheidung, während sich parallel das ganze Land den Kopf darüber zerbricht, wie unsere Jugend besser mit virtuellen Gefahren umgehen lernt und wie man Hass und Hetze im Netz Einhalt gebietet. Ein haarsträubenderes Beispiel, wie Politik an Kindern und Jugendlichen vorbeiregiert, kann man sich gar nicht ausdenken. Richtig wäre, genau jetzt kräftig in die Medienbildung an unseren Schulen zu investieren und endlich ein medienpädagogisches Gesamtkonzept zu entwickeln! Die digitale Ausstattung ab der 5. Jahrgangsstufe darf nicht zurückgefahren werden und die Staatsregierung täte auch gut daran, die Expertise unserer Lehrkräfte mehr wertzuschätzen. Sie können am besten einschätzen, welche Lernmittel nötig sind. Denn mit ihrem kopflosen Tabletstopp wischt die Staatsregierung mal eben die Arbeit tausender Lehrkräfte vom Tisch, die in den letzten Monaten mit viel Engagement die entsprechenden Medienkonzepte für ihre Schulen entwickelt haben.“

Die Landtags-Grünen fordern:

  • Die Staatsregierung muss den gekündigten Kurswechsel bezüglich der digitalen Ausstattung von Schülerinnen und Schülern zurücknehmen und an der schrittweisen 1:1-Ausstattung ab der 5. Jahrgangsstufe festhalten.
  • Sie sollte die Entscheidungsverantwortung der Lehrkräfte stärken, statt mit Verboten und Regulierungen eine moderne Schulentwicklung zu behindern.
  • Die Staatsregierung muss zügig ein umfassendes, verbindliches und altersgerechtes medienpädagogisches Gesamtkonzept für alle Schularten entwickeln, das sowohl Medienerziehung als auch Mediendidaktik berücksichtigt und klare Leitlinien für den pädagogisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien in allen Jahrgangsstufen enthält.

Den entsprechenden Antrag der Landtags-Grünen, der vergangene Woche im Bildungsausschuss behandelt wurde, finden Sie hier.

Hinweise und Hintergrund:

Ursprünglich hatte die Staatsregierung vollmundig versprochen, dass alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse in Bayern Tablets bekommen sollen. Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern ist entsprechend angekündigt, das solle sukzessive bis spätestens 2028 umgesetzt werden.

Jetzt vollführt die Staatsregierung eine Kehrtwende. Ministerpräsident Söder (CSU) verkündete gemeinsam mit Staatsministerin für Unterricht und Kultus Anna Stolz (FW) nach der Kabinettsklausur am 2.6.2025 einen Tabletstopp und die Verschiebung der digitalen Ausstattung auf die 8. Jahrgangsstufe.

*Hinweis: Für die Jahrgangsstufe 7 könnte der Beginn für Schulen mit „digitalbezogenem Schulentwicklungsprofil“ erlaubt bleiben, wenn das pädagogische Konzept einer Schule dies vorsieht. Was das konkret bedeutet und wie nach Ablauf der Frist verfahren wird, bleibt unklar. Für die Schulen bedeutet das zusätzlich zu ihrem ohnehin beträchtlichen Arbeitspensum und Personalauslastung weiteren Aufwand, um dieses „digitalbezogene Schulentwicklungsprofil“ zu belegen.

**Hinweis: Das sind vorläufige Zahlen zum Meldedatum 23.6., die Meldephase läuft noch bis 31.7.2025.