Sozialer Zusammenhalt

Pflegefamilien besser stellen

Fachgespräch zur Situation von Pflegeeltern und Pflegekindern

28. April 2023

Mit dem von uns beantragten Fachgespräch haben wir GRÜNE die Situation von Pflegeeltern und Pflegekindern im Landtag ausführlich diskutiert. Die Fachleute haben uns bestätigt, dass die Rahmenbedingungen für Pflegekinder und Pflegeeltern in Bayern dringend verbessert werden müssten. Viel zu wenige Familien erklären sich bereit, ein Pflegekind aufzunehmen. Gründe dafür gibt es viele: Ein eigener Mindestverdienst und gleichzeitig viel Zeit für das oder die Pflegekinder zu haben, ist nur für wenige Familien eine realistische Option. Dazu kommt: geringe Vergütung und keine Anrechnung von Rentenpunkten oder Elterngeld. Alles zusammenführt dazu, dass sich kaum geeignete Familien finden, mit der Konsequenz, dass es keine echte Auswahl für ein gutes „Match“ gibt. Altersarmut bei Pflegeeltern gibt es häufig. Für behinderte oder chronisch erkrankte Kinder gibt es fast nie eine Pflegefamilie.

Im Freistaat sind etwa 10.000 Kinder in Pflegefamilien untergebracht. Die Unterbringung in sogenannter „Vollzeitpflege“ hilft Kindern, deren Eltern nicht (mehr) in der Lage sind, eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung zu übernehmen. Darüber hinaus gibt es auch Bereitschaftspflege. In einem Landkreis im Münchner Umland gibt es beispielsweise 60 Pflegefamilien, die 80 Pflegekinder versorgen und eine einstellige Zahl von Bereitschaftspflegeeltern. Eine echte, kind- und elterngerechte Auswahl für ein gutes „Match" gibt es da nicht.  

Vertreterinnen von Jugendämtern sowie aktive, im Verband „Pfad e.V.“ engagierte Pflegefamilien schilderten ihre Situation als sehr herausfordernd, gerade weil der Kontakt zu den leiblichen Eltern erhalten werden soll, dies aber oft mit weiteren Enttäuschungen für das Kind einhergeht. Für Pflegekinder und Pflegeeltern ist das oft belastend; wir GRÜNE stimmen deshalb mit den Expertinnen überein, regelmäßige Fortbildungen und ein Netzwerk unterstützende Ansprechpartner*innen bereitzustellen. „Ich halte verpflichtende Schulungen für Pflegeeltern wie bei Tagespflegepersonen und eine engmaschigere Betreuung - und damit meine ich nicht Kontrolle, sondern Beziehungsarbeit - für sinnvoll", stellt Kerstin Celina, sozialpolitische Sprecherin fest.

Im Fachgespräch wurde deutlich, dass die Söder-Regierung kaum statistische Zahlen erhebt. „Genau die brauchen wir aber, um Verbesserungen zu initiieren. Die Regierung kann die Frage nicht beantworten, warum Pflegeverhältnisse beendet werden: Liegt es daran, dass die leibliche Familie stabilisiert ist und es keinen Bedarf mehr gibt für eine Pflege, oder war diePflegefamilie überlastet mit der Situation, und wenn ja, wie kann man das verhindern? Solche Zahlen brauchen wir!“ sagt Kerstin Celina.

Wir werden in Zukunft neue Wege gehen müssen, um Pflegefamilien zu stärken. Eine quasi ehrenamtliche Tätigkeit mit vielen handfesten, finanziellen Nachteilen, ist nicht mehr das passende Modell für die Zukunft. Der Status von Pflegeeltern muss politisch und gesellschaftlich aufgewertet werden. Ein guter Weg könnte sein, Pflegeelternschaft mehr als professionelle Tätigkeit, mit der sich auch der Lebensunterhalt finanzieren lässt, zu betrachten, denn Kinder bringen ihre Belastungen mit, sind traumatisiert und laufen nicht einfach so mit in einer Pflegefamilie. Auch eine Art „Kurzzeitpflegemodell“ wie für zu pflegende Angehörige könnte ein Ansatzpunkt sein, um pflegenden Eltern auch eine Auszeit und eine Erholung zu verschaffen. „Wenn wir die Pflegeeltern nicht besser pflegen, werden wir sie verlieren“ befürchtet Kerstin Celina.