Sozialpolitik

Landtags-Grüne fordern Gehörlosengeld

Gesetzentwurf zur Änderung des bayerischen Blindengeldgesetzes

12. Juli 2018

In Bayern leben gegenwärtig nach den aktuellen Zahlen des ZBFS (Zentrum Bayern Familie und Soziales) rund 15.000 gehörlose oder hörbehinderte Menschen mit einem beidseitigen Hörverlust von mindestens 80 Prozent. Rund 9.000 Menschen haben das Merkzeichen Gehörlos (GL) in ihrem Schwerbehindertenausweis. Ähnlich wie blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen sind sie bei der Bewältigung des Alltags und zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben auf technische Hilfe und Assistenzleistungen angewiesen. Die Landtags-Grünen haben deshalb einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines Gehörlosengeldes in den Landtag eingebracht.
Gehörlose brauchen zur Kommunikation mit hörenden Menschen die Unterstützung durch Gebärden- oder Schriftdolmetscher. Sie haben also durch ihre Hörbehinderung erhebliche Mehraufwendungen im Alltag. „Im Gegensatz zu blinden, taubblinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen, haben gehörlose Menschen bisher allerdings keine Ansprüche auf einen Nachteilsausgleich nach dem Blindengeldgesetz“, erläutert die Sozialpolitikerin Kerstin Celina. Bei der Unterstützung gehörloser und schwerhöriger Menschen gibt es in Bayern also immer noch eine eklatante Versorgungslücke. Für Diese Ungleichbehandlung muss aufhören. Hörbehinderte benötigen genauso einen finanziellen Nachteilsausgleich.
Die Kosten für Dolmetscher*innen und Kommunikationshilfen werden nur im begrenztem Umfang und in einigen wenigen gesellschaftlichen Bereichen übernommen. Hierzu gehören beispielsweise Gerichtsverfahren, schulische Veranstaltungen und medizinische Behandlungen. In zahlreichen anderen Lebensbereichen und Alltagssituationen müssen die Kosten selbst getragen werden. Diese finanziellen Belastungen beeinträchtigen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Auch Ansprüche auf Leistungen der Eingliederungshilfe sind nur sehr schwer durchzusetzen und müssen für jeden Einzelfall neu beantragt werden. Im Gegensatz zu körperbehinderten Menschen haben sinnesbehinderte Menschen aufgrund ihrer Behinderung auch keine unmittelbaren Ansprüche auf Leistungen der Pflegeversicherung oder der Hilfe zur Pflege. Ein Nachteilsausgleich in Form eines Gehörlosengeldes ist also sozialpolitisch dringend geboten.
Die Einführung eines Gehörlosengeldes würde zudem den Verwaltungsaufwand bei den Bezirken, als Träger der Eingliederungshilfe, erheblich reduzieren, da viele Einzelanträge und aufwendige Prüfungen obsolet würden. Unsere Forderung nach einem Gehörlosengeld wird von allen relevanten Behindertenverbänden, die sich im Netzwerk Hörbehinderung zusammengeschlossen haben, unterstützt. Auch die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Frau Badura, fordert die Einführung eines Gehörlosengeldes in Bayern.
Bundesländer wie Berlin, Brandenburg, NRW, Sachsen oder Sachsen-Anhalt haben bereits seit langem ein Gehörlosengeld in ihren Blindengeld- oder Landespflegegeldgesetzen verankert. „Im April 2018 hat auch Thüringen die Einführung eines Gehörlosengeldes mit den Stimmen der dortigen CDU-Opposition beschlossen“, erläutert Kerstin Celina. „Es ist schade, dass sich die CSU nicht zu einer Unterstützung unseres Gesetzesentwurfs durchringen konnte und stattdessen nur einen unverbindlichen Antrag vorgelegt hat, in dem die Staatsregierung dazu aufgefordert wird, zu prüfen, wie die Lebenssituation von gehörlosen Menschen verbessert werden kann.“

Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes