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Grüne Krankenhausgipfel
Gesundheitspolitik - zu wichtig für Populismus
23. September 2024
Der Bayerischen Grünen Krankenhausgipfel zu dem Andreas Krahl, Sprecher für Gesundheit der Landtags-Grünen, gemeinsam mit Johannes Wagner, MdB, Mitte September in München eingeladen hatten, erntete viel Zuspruch und bot Raum für spannende Diskussionen.
Thema des Gipfels war die bevorstehende Krankenhausreform: Die Ampel Regierung hat hierzu einen Vorschlag in den Bundestag eingebracht, um das kränkelnde System endlich wieder fit für die Zukunft zu machen. Die Reform soll noch in diesem Jahr beschlossen werden. Mit sogenannten Vorhaltepauschalen will man das Gewicht der Fallpauschalen (DRG) reduzieren und den Krankenhäusern so den wirtschaftlichen Druck nehmen.
Johannes Becher, Erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag, verwies bereits in seinem Grußwort auf die hohe Emotionalität des Themas Gesundheitsversorgung und machte deutlich, wie sehr die Menschen vor Ort auf politische Antworten warten. Die Vorsitzende der Bayerischen Grünen, Eva Lettenbauer, forderte mehr Sachlichkeit in der Diskussion und Lösungen im Sinne der Patient*innen. Söder und seine Staatsregierung würden hingegen nur „poltern, statt zu planen“
In zwei Podien diskutierten die geladenen Expert*innen aus dem Gesundheitswesen anschließend über die Herausforderungen und Chancen der Krankenhausreform.
Einigkeit herrschte darüber, dass es einer Reform der Krankenhausfinanzierung bedarf, um dem kalten Strukturwandel der bayerischen Krankenhauslandschaft besser vorzubeugen und das System zukunftssicher zu machen. Zu lange schon seien notwendige Reformen verschleppt worden. Die Zeit zu handeln sei jetzt.
Als ein großes Problem identifizierte die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Leonie Sundmacher die Ineffizienz des deutschen Versorgungssystems. So würden die Ergebnisse derzeit nicht widerspiegeln, dass Deutschland viel Geld für sein Gesundheitssystem ausgebe und dass auch die personelle und qualitative Ausstattung der Kliniken zahlenmäßig immer noch gut sei. Daher müsse der Fokus auf die effiziente Lenkung der Patient*innen zu der für sie besten Versorgung gelegt werden.
Die Tatsache, dass viele Kliniken derzeit große Verluste machen, sei nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine große emotionale Belastung für die Kommunen, berichtete Bernd Buckenhofer vom Bayerischen Städtetag. Roland Engehausen, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, äußerte die Befürchtung, dass sich das fallbezogene Finanzierungssystem durch eine ebenso fallbezogene Vorhaltefinanzierung nicht verbessern ließe. Stattdessen fordere er eine deutliche Verstärkung der gezielten Zuschläge für nicht planbare Leistungen im Krankenhaus, die systematisch unterfinanziert seien, wie z. B. für die Pädiatrie oder die Intensivmedizin. Das alles koste jedoch viel Geld und könne nur durch höhere Beiträge finanziert werden, mahnte der Vertreter der Krankenkassen, Dr. Tobias Hermann von der AOK Bayern an.
Andreas Krahl, gesundheitspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion diskutierte mit seinen Gästen im anschließenden Teil der Veranstaltung über die bayerischen Aufgaben im Reformprozess. Der Landespolitik kommt im anstehenden Reformprozess eine entscheidende Rolle zu: Den Bundesländern obliegt die Aufgabe, einen Krankenhausplan zu erstellen, der die Standorte einzelner Kliniken sowie deren Leistungsspektrum festlegt.
Eine solche Planung findet in Bayern derzeit noch lange nicht ausreichend statt. Bislang gäbe es in Bayern weder eine aktiv planende Landesregierung noch überhaupt die Grundlagen für eine offene Debatte. "Mit dem Finger auf Berlin zu weisen ist einfach, aber es geht immer auch um die Verantwortung vor Ort", sagte ver.di-Vertreter Dr. Robert Hinke. Man brauche dringend Zielbilder für die einzelnen Regionen Bayerns, um der Diskussion eine konstruktive Wende zu geben. Eine Krankenhausplanung ohne Bedarfs- und Zielplanung sei keine Planung.
„Gesundheitspolitik ist zu wichtig für Populismus“, brachte es Andreas Krahl auf den Punkt. Nur gemeinsam, mit allen Playern lasse sich eine Entwicklung hin zur bestmöglichen Gesundheitsversorgung aller Bürger*innen schaffen. Präventionsmöglichkeiten und die Verschränkung der verschiedenen Sektoren müssen hierbei genauso mitgedacht werden wie Anpassung und Einbindung der Rettungsdienste.
Eine bedarfsgerechte und vorausschauende Planung im Sinne eines interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgungsnetzes sei sehr wichtig, pflichtete Dr. med. Christine Adolph vom Medizinischen Dienst Bayern bei. So könne sichergestellt werden, dass alle Patient*innen zum richtigen Zeitpunkt die für ihre aktuelle gesundheitliche Situation richtige Behandlung erhalten würden. Dies sei entscheidender als ein paar Minuten mehr Fahrtzeit zum passenden Klinikstandort.
Zum Abschluss der Diskussion äußerte Robert Engehausen den Wunsch, dass das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz auf seinen wesentlichen Kern reduziert werden solle, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich die Krankenhäuser, aufgrund des demographischen Wandels und medizinischen Fortschritts längst mitten in Reformprozessen befänden. Hierfür brauche es aus Berlin einen verständlichen Finanzierungs- und Planungsrahmen - keine Experimente.
So ging nach konstruktiven Debatten der bayerische Krankenhausgipfel zu Ende. Eine gelungene Veranstaltung, die hoffentlich ihren Teil dazu beiträgt, die Krankenhausreformdebatte zu versachlichen und die mit auf den Weg der Reform zu nehmen, für die wir alle an einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung arbeiten: Die Menschen in Bayern.