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Ärger um Corona-Soforthilfen
Rückzahlungsforderungen der Söder-Regierung stoppen!
24. März 2023
Fast genau drei Jahre ist es nun her: von einem Tag auf den anderen waren Cafés, Friseure, Kinos, Museen, Restaurants, Baumärkte, Theater, Kneipen und Veranstaltungsorte geschlossen. Bayern blieb zu Hause. Der perfekte Cappuccino aus dem Lieblingscafé um die Ecke wurde durch einen nicht ganz so perfekten Cappuccino am Küchentisch ersetzt, die Haare wurden länger und länger, gemeinsame Theater- oder Konzertbesuche gab es nicht. Für den einen bedeutete der Lock-Down die Sorge um Homeschooling und Kinderbetreuung, für die andere mehr Zeit für neue Hobbies oder die Familie.
Viele Soloselbstständige und Kleinunternehmen in Bayern standen durch die massiven Umsatz- und Gewinneinbußen, die der Lock-Down mit sich brachte, vor dem wirtschaftlichen Aus. Um die Existenz der bayerischen Unternehmen und Soloselbstständigen zu sichern, wurde das Corona-Soforthilfeprogramm auf den Weg gebracht. Schnell und unbürokratisch sollte damit Soloselbstständigen und Unternehmen geholfen werden, deren Geschäftsmodelle durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bedroht waren.
Schon damals gab es massive Diskussionen um diese und die folgenden Programme, deren Richtlinien nicht klar kommuniziert wurden und für viel Verunsicherung in allen Branchen sorgten. Auch gab es schwerwiegende Lücken: so wurden nur Betriebskosten als Ausgaben anerkannt, Soloselbstständige, Künstler*innen oder Kleinstunternehmer fielen so durchs Raster. Langsam und auf viel Druck der Grünen im Bayerischen Landtag besserte die Söder-Regierung nach: die Soloselbstständigen-Hilfen wurden aufgelegt und auch für Künstler*innen und Kreative gab es Lösungen. Weitere Hilfsprogramme folgten, um die Wirtschaft über die Jahre der Krise zu retten, mal waren sie besser, mal schlechter ausgearbeitet. Vergangenes Jahr wurde die Pandemie offiziell für beendet erklärt. So weit, so gut, sollte man meinen. Mitnichten.
Für die Empfänger*innen der Soforthilfe und andere Corona-Hilfsprogramme hatte die Staatsregierung noch eine Überraschung auf Lager: Im November vergangenen Jahres gab es Post vom Wirtschaftsministerium. Eine Schlussabrechnung und gegebenenfalls auch eine Rückzahlung der Hilfen habe nun zu erfolgen. Ein Schritt, mit dem niemand mehr rechnete – so hatte das Wirtschafsministerium mehrfach verlauten lassen, dass die Hilfen als „Billigkeitsleistung beruhend auf seriösen Prognosen der Antragsteller“ gewährt werden. Ein Nachweis sei im Nachgang nicht notwendig, auch ein allgemeines Rückmeldeverfahren werde es in Bayern nicht geben, „da die Bewilligungsstellen bereits im Rahmen der Gewährung der Soforthilfen den Liquiditätsengpass zum Teil umfassend geprüft haben.“ Die aktuellen Rückzahlungsforderungen stehen im krassen Missverhältnis zu den ursprünglichen Rahmenbedingungen der Hilfen, wie sie die bayerische Staatsregierung versprochen hatte.
Auch wenn das Programm vom Bund aufgelegt wurde, war die Ausgestaltung Ländersache. Dass die Existenz der Soloselbstständigen, Kreativen sowie der Kleinunternehmen in der Gastronomie, Touristik, dem Einzelhandel und im Kulturbereich in Bayern nun innerhalb weniger Jahre zum wiederholten Male auf dem Prüfstand steht, liegt nicht zuletzt an der schlechten Ausgestaltung und Kommunikation der CSU-geführten Staatsregierung. Andere Bundesländer haben vorausschauender agiert. In Sachsen wurde beispielsweise ein Unternehmerlohn und, unter bestimmten Voraussetzungen, auch Lohnkosten für Angestellte als Betriebsausgaben anerkannt.
Eine besondere Gemengelage gibt es - wieder einmal - für soloselbstständige Künstler*innen und Kreative: Auch sie haben im Frühjahr 2020 Soforthilfe beantragt. Kurze Zeit später wurde deutlich, dass dieses Programm nicht greift, es folgten weitere Hilfsprogramme wie die Künstlerhilfe. Diejenigen, die bereits Soforthilfe erhalten hatten, bekamen nun entsprechend weniger Geld.
Doch nun folgen Rückzahlungsforderungen für die Soforthilfe, auch wenn diese bereits mit den folgenden Hilfsprogrammen verrechnet wurden. Die Kreativen sollen also doppelt zurückzahlen. Dieses Vorgehen ist weder rechtlich noch moralisch haltbar. Die Söder-Regierung ist aufgerufen, hier sofort praktikable Lösungen zu erarbeiten. Ähnliche Fälle gibt es bei Rückzahlungsforderungen von Stipendienprogrammen. Auf Grund des Lock-Downs konnten viele Künstler*innen die geforderte Anzahl an Konzerten oder öffentliche Veranstaltungen nicht erfüllen – Gelder werden nun zurückgefordert. Dieses Vorgehen ist unfair, es zeugt vom Führungsversagen der Staatsregierung und erschüttert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die bayerische Landespolitik.
Natürlich muss mit Steuergeldern verantwortungsvoll umgegangen werden und Subventionsbetrug ausgeschlossen werden. Doch die aktuellen Rückforderungen der Corona-Hilfe in Bayern machen wieder einmal deutlich, dass die CSU-geführt Staatsregierung sich gerne mit großen Versprechen schmückt, wenn es um eine praxisgerechte Ausarbeitung dieser geht aber mit leeren Händen dasteht. Vorausschauende, transparente und verantwortungsvolle Politik geht anders. Deshalb haben wir uns vergangenen Mittwoch im Plenum mit einem Dringlichkeitsantrag für den Stopp der unverhältnismäßigen Rückzahlungsforderungen eingesetzt.
Denn wenn nicht schnellstmöglich Lösungen für die benannte Problematik gefunden werden, droht eben die Pleitewelle, die durch die Corona-Soforthilfe eigentlich hätte verhindert werden sollen. Von einem irreparablen Schaden an unserer Demokratie einmal abgesehen, denn den Glauben an funktionsfähiges staatliches Handeln haben viele Betroffene – und dies trotz in der Pandemie zum Teil rund um die Uhr arbeitenden Verwaltungen – bei solch politischem Lavieren leider oft bereits verloren.