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Freier Eintritt in staatliche Museen
Großbritannien und Frankreich machen es vor - wir Grüne haben für Bayern einen Modellversuch in zwei ausgewählten Museen vorgeschlagen: Die CSU aber lehnt ab, ohne Argumente, wahrscheinlich aus Angst vor Erfolg.
01. März 2018
Seit 2001 ist der Eintritt in die Dauerausstellungen der staatlichen Museen in Großbritannien frei. 2008 verzichteten 14 öffentliche Sammlungen in Frankreich befristet auf Entgelte, bis heute sind die kommunalen Museen in Paris kostenlos. Seither sind zahlreiche und bedeutende Museen in Europa den Beispielen gefolgt und erheben, zumindest befristet, keinen Eintritt.
Die Erfahrungen sind durchwegs positiv: Die Londoner Museen steigerten die Besucherzahlen im ersten Jahr um 62 Prozent, das Victoria and Albert Museum sogar um 157 Prozent. Vor allem aber gelang es, jüngeres Publikum und vermehrt auch bildungsferne und einkommensschwache Personengruppen anzusprechen. So konnten britische Museen den Anteil ethnischer Minderheiten unter den MuseumsgängerInnen verdreifachen.
Für uns Grüne Anlass genug, diesen Weg auch in Bayern einzuschlagen. Weil aber hierzulande noch Skepsis vorherrscht, wollen wir einen Modellversuch: Dafür sollen zwei Museen ausgewählt werden, die für zunächst drei Jahre keinen Eintritt erheben - eines mit jährlich über 100.000 Besuchern, eines mit unter 25.000. Die beiden Modellmuseen sollen neue Vermittlungs- und Programmangebote und neue Präsentationsformen entwickeln und dazu mit Bildungseinrichtungen und dem Museumspädagogischen Zentrum zusammenarbeiten. Während der Laufzeit soll der Versuch wissenschaftlich begleitet und am Ende evaluiert, Einnahmeverluste durch Verzicht auf Eintritte sollen vom Staat ausgeglichen werden.
Ein Teil könne, so unser kulturpolitische Sprecher Dr. Sepp Dürr im Wissenschaftsausschuss des Bayerischen Landtags, mit Verweis auf die Zahlen aus Großbritannien, kompensiert werden durch mehr Einnahmen aus Katalog- und Postkartenverkäufe und höhere Pachten für die Museumsgastronomie, außerdem durch freiwillig entrichtete Eintrittsspenden, dem „Pay-What-You-Want“, und Sponsoren. „Bei generell freiem Eintritt in die staatlichen Museen dürften die Mehraufwendungen für den Freistaat bei lediglich einer niedrigen einstelligen Millionensumme liegen.“
Längst stünde Bayern in Deutschland nicht mehr alleine da, wenn es auf Eintritte verzichten würde. Wie eine vom Institut für Museumsforschung veranlasste Erhebung ergeben hat, nehmen ein Drittel der Museen in Deutschland keinen Eintritt, unter ihnen nicht nur kleine, sondern auch 26 mit jährlichen Besucherzahlen von über 500.000. Darunter das Folkwang Museum in Essen, das seit Juni 2015 befristet auf fünf Jahre keinen Eintritt erhebt und seither seine Besucherzahlen verdoppeln konnte, insbesondere bei der Gruppe der 16- bis 34-Jährigen. Das Landesmuseum Württemberg verlangt seit Anfang des Jahres keinen Eintritt mehr und das Stadtmuseum Stuttgart, das in diesem Jahr eröffnet, wird in seine Dauerausstellung keinen Eintritt erheben, ebenso wird der Besuch des Humboldt Forums kostenlos sein. Selbst die CSU hat den kostenfreien Zugang zu Museen zu ihrem Anliegen gemacht: Im von ihr unterzeichneten Koalitionsvertrag heißt es, dass der Bund „bestrebt“ ist, „in den vom Bund geförderten Kultureinrichtungen vermehrt und regelmäßig den freien Eintritt zu ermöglichen“.
Trotz aller guten Gründe wollte die CSU im Unterschied zu den anderen Fraktionen dem grünen Antrag nicht zustimmen. Argumente lieferte sie nicht. Selbst die positiven Erfahrungen, die Museen in München mit freiem Eintritt an bestimmten Wochentagen bzw. zu gewissen Zeiten am Abend wie die Pinakothek der Moderne mit dem sogenannten „Blauen Mittwoch“ und die Villa Stuck mit dem „Friday late“ gemacht haben, ignorierte sie.
Aus „Angst vor dem Erfolg des Modellversuchs“, so Sepp Dürr. „Denn wenn der Modellversuch gelingen sollte, befürchtet die CSU, dass alle staatlichen Museen ihn als Vorbild nehmen könnten und dadurch auf den Staat zusätzliche Aufwendungen zukämen“. Für Sepp Dürr eine einseitige Sichtweise: „Museen haben Bildungsaufgaben und sind öffentliche Räume, die für alle da sein sollten“. Dementsprechend müssten sie sich neu aufstellen und niederschwellig öffnen. Die Frage nach den Kosten dürfe angesichts der geringen Summen, um die es zusätzlich gehe, nicht die Diskussion darüber dominieren: „Denn wenn unsere Museen sich für mehr Menschen öffnen und wichtig werden, wären die vielen Dutzend von Millionen Euro, die wir jährlich für sie aufwenden, noch besser angelegt“.