Landwirtschaft und Ernährung

Bäume auf Äcker, Wiesen und Weiden

Agroforstwirtschaft als klimaangepasste Form der Landwirtschaft stärken

25. Mai 2020

Agroforstwirtschaft (AFW) wird in Bayern bis heute unterschätzt. Dabei bietet sie ein enormes Potenzial – für Natur und Umwelt, Bauern und Bäuerinnen. Bei der Agroforstwirtschaft werden Gehölze entweder mit landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Kulturen auf einer Bewirtschaftungsfläche angebaut und genutzt oder mit Tierhaltung kombiniert. Da Alter, Verteilung, Anordnung und Art der Gehölze variieren können, gibt es für jeden Typ vielfältige Ausprägungsformen. Alleinstellungsmerkmal der AFW sind die zwischen den Gehölzen und Feldfrüchten/Grünland bzw. Nutztieren herbeigeführten Wechselwirkungen. Diese sind vielfältig: Agroforstsysteme (AFS) binden und speichern Kohlendioxid, tragen zu Erosions-, Gewässer- und Windschutz bei, sorgen für ein kühlendes Mikroklima, wirken sich positiv auf zentrale Bodenfunktionen aus, fördern den Humusaufbau und die Biotopvernetzung, fördern die Artenvielfalt, erhöhen die Klimaresilienz von Agrarflächen, stärken die Tiergesundheit und das Tierwohl etc. Für Landwirt*innen stellt die Agroforstwirtschaft eine ökonomische und nachhaltige Form der Klimaanpassung dar. Sie bietet Diversifizierungsmöglichkeiten bei der Produktion und folglich bei der Einkommens-erwirtschaftung, das unternehmerische Risiko kann gemindert werden, Synergien zwischen Bäumen und Kulturpflanzen können zu einer gesteigerten Gesamtproduktivität beitragen. Agroforstwirtschaft stellt damit eine äußerst vielversprechende Form der
Landbewirtschaftung dar, die den Schutz der natürlichen Ressourcen mit der Erzeugung von Nahrungsmitteln verbindet und Bäuerinnen und Bauern eine Zukunftsperspektive in der Klimakrise bietet. Damit Agroforstwirtschaft in Bayern Fuß fasst, braucht es eine gezielte Förderung. Die CSU/FW-Regierung muss hier endlich aktiv werden und alle bereits jetzt existierenden Spielräume nutzen. Die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag möchte die Agroforstwirtschaft im Freistaat aus der Taufe heben, sie muss als konkurrenzfähiges Bewirtschaftungssystem in der bayerischen Landwirtschaft verankert werden. Dazu bedarf es folgender Maßnahmen, die im Antragspaket
„Bäume auf Äcker, Wiesen und Weiden“ zusammengefasst sind.
 


Antrag I: Förderung von Agroforstsystemen ins bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) aufnehmen
Agroforstsysteme müssen in Bayern im Rahmen des KULAP gefördert werden, so wird Agroforstwirtschaft attraktiv für die Landwirt*innen. Es braucht eindeutige förderrechtliche Rahmenbedingungen, damit interessierte Bäuerinnen und Bauern die Einrichtung von Agroforstflächen weiterverfolgen. Im europäischen Agrarförderrecht gilt die Ersteinrichtung bereits seit 2007 als förderfähig – jetzt liegt
es an der Staatsregierung, die Förderung in Bayern endlich zu aktivieren.


Antrag II: Finanzierungsspielräume besser nutzen
Bayern muss sich im Bund vehement dafür einsetzen, dass die Förderung von Agroforstsystemen in den Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) aufgenommen wird. Nur so ist eine Co-Finanzierung möglich. Die EU bietet längst deutlich mehr Gestaltungsspielraum, als er in Deutschland genutzt wird. EU-Mittel für Agroforstsysteme werden bei uns bis heute nicht abgerufen. Im europäischen Vergleich sind wir deshalb eines der
Schlusslichter bei der Etablierung der Agroforstwirtschaft. Das muss sich ändern, die Staatsregierung hat hier ihren Einfluss geltend zu machen.


Antrag III: Anbau aller heimischen stockausschlagfähigen Baumarten in AFS
ermöglichen

Die Liste der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die die förderfähigen Baumarten für Agroforstsysteme als Energieholzstreifen begrenzt, muss ersatzlos gestrichen werden. Der Anbau aller stockausschlagfähigen heimischen Baumarten
unter Beibehaltung der Basisprämie muss möglich werden. So wird der Weg frei für Agroforstsysteme, die auch der Wertholzgewinnung dienen oder naturschutzfachlich geprägt sein können.
Antrag IV: Forschung zur Agroforstwirtschaft in Bayern intensivieren Forschungsprojekte der Landesanstalten zur Agroforstwirtschaft müssen vom Freistaat unterstützt werden. Insbesondere standortspezifische Studien hinsichtlich der Umweltleistungen und der Vorteilswirkungen für die Landwirtschaft in den verschiedenen Regionen Bayerns müssen gezielt gefördert werden. Es liegt am
Bayerischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Agroforstwirtschaft in seine langfristigen Planungen aufzunehmen und ihre weitere Erforschung und Etablierung proaktiv voranzutreiben.


Antrag V: Wissenstransferkampagne starten, Beratungsangebot verbessern, Anpassungsstrategien anbieten
Landwirt*innen müssen gezielt über die Chancen der Agroforstwirtschaft in ihrer Region informiert werden. Die Landesanstalten und berufsvertretenden Verbände sind in die Wissenstransferkampagne einzubinden. Das Beratungsangebot an den Agrar- und Umweltverwaltungen muss ausgebaut werden. Anpassungsstrategien an den Klimawandel stoßen gerade bei Bäuerinnen und Bauern in den trockenen Regionen Bayerns auf großes Interesse, gezielte Information und Beratung hinsichtlich der Chancen der Agroforstwirtschaft fehlen aber noch immer. Das muss die Staatsregierung ändern.


Antrag VI: Bildungsoffensive Agroforst
Wer durch Aus- und Weiterbildung mit einer Sache vertraut ist, setzt sie eher um, als jemand, der noch nie davon gehört hat, das gilt auch für Agroforstwirtschaft. Daher ist die Einführung in die Agroforstwirtschaft als Baustein in der Berufsausbildung von Landwirt*innen und Fachkräften im Agrarservice anzustreben, sie muss Bestandteil aller „grünen“ Studiengänge werden und auch in allgemeinbildenden Schulen thematisiert werden. Eine Bildungsoffensive Agroforst ist von der Staatsregierung zu initiieren.


Antrag VII: Nutztierhaltung auf Freiland und Weiden mit Agroforst kombinieren
Es braucht die Förderung von Freiland- und Weidehaltung in Kombination mit Agroforstsystemen, da diese Tierhaltungsform Tierwohl und Tiergesundheit enorm verbessern kann. Best-Practice-Beispiele sowie die Freiland- und Weidehaltung mit Agroforstsystemen sollen an den Versuchs- und Bildungszentren mit Tierhaltung etabliert werden. Den staatlichen Versuchs- und Bildungszentren mit Tierhaltung
obliegt es zu forschen und praktikable Lösungen zu veranschaulichen, um die Verbreitung von Agroforstsystemen in Kombination mit Tierhaltung in der Praxis zu befördern.

Alle Anträge im Paket

Präsentation von Dr. agr. Rico Hübner