Integration
Menschenrechte gelten überall – auch auf dem Mittelmeer!
Expertenanhörung zur Seenotrettung im Europa-Ausschuss
11. November 2020
Ungewohnte Einhelligkeit herrschte am Dienstag bei einer Expertenanhörung im Bundes- und Europaausschuss des Bayerischen Landtag zu Seenotrettung im Mittelmeer bei der Frage nach den rechtlichen Rahmenbedingungen von Migration und Seenotrettung im Mittelmeer: Ja, es gelte eine zweifelsfreie völkerrechtliche Pflicht zur Rettung Schiffbrüchiger - ganz gleich wie die Betroffenen in die Lage geraten seien, so alle Sachverständigen übereinstimmend. Nicht einmal der Vertreter der AfD wagte es da noch zu widersprechen. Das Problem liege ganz woanders, so die Experten: Anstatt sich endlich auf eine gemeinsame europäische Migrationspolitik zu einigen werde versucht, mit einer Scheindebatte über die Rechtmäßigkeit von Seenotrettung das Problem von Europa fernzuhalten. Der von Bündnis 90/die Grünen benannte See- und Völkerrechtsexperte Prof. Dr. Proelß ging noch weiter: die aktuelle, auf Migrationsverhinderung ausgerichtete Politik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten untergrüben die Europäische Menschenrechtskonvention und damit das Wertefundament Europas. Wer zudem Akteure wie die sog. libysche Küstenwache unterstütze, der schwerste Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden, mache sich völkerrechtlich der Beihilfe schuldig.
Dabei ist klar: Menschen werden immer Wege finden, wenn sie von A nach B wollen – es liegt aber an uns, wie gefährlich dieser ist. Noch höhere und schärfer bewachte Zäune seien daher nicht die Lösung, so der Vorsitzende des Vereins Space Eye, Michael Buschheuer. Die Experten stellten weiter klar: Der weit überwiegende Teil der Geflüchteten kommt aus gerade einmal fünf Ländern. Dort gilt es anzusetzen. Auch finden bereits jetzt in kleinerem Umfang Resettlement-Maßnahmen nach Vorprüfungen aus Nordafrika statt, die es Schutzbedürftigen ermöglichen auf sicherem Wege nach Europa zu gelangen. Letzten Endes zeigte sich immer wieder deutlich, was das eigentliche Problem ist: Der eklatante Mangel an europäischer Solidarität mit den Mittelmeeranrainerstaaten der EU, welche mit dem Problem alleingelassen werden. An dieser Stelle erinnerte der Sea-Eye Vorsitzenden Gorden Isler die Mitglieder des Landtages eindringlich an ihre Verantwortung als Politiker hier Lösungen zu liefern und stellte die berechtigte Frage: Was machen Sie nun mit den Informationen?
Zu tun gäbe es da einiges: Auch das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium beteiligt sich aktiv an den Versuchen mit rechtlichen Winkelzügen private Seenotrettungsschiffe am Auslaufen zu hindern und private Initiativen benötigen dringend finanzielle Förderung. Mit Sea Eye kommt eine von nur noch zwei aktiven deutschen NROs in diesem Bereich aus Bayern. Und zuvorderst: Der Freistaat muss sich viel stärker für die Aufnahme von Geflüchteten in Bayern einsetzen und so eine zügige Ausschiffung und anschließende sichere Unterbringung von Geretteten sicherstellen, so wie Bündnis90/Die Grünen dies in verschiedenen Anträgen immer wieder gefordert hat. Platz ist vorhanden: Allein in Bayern gibt es bereits 18 Städte und Gemeinden, die sich zu „Sicheren Häfen“ erklärt haben, darunter Großstädte wie München, Nürnberg, Fürth, Erlangen oder Würzburg. Ganz aktuell läuft in diesem Sinne zudem die von Bündnis90/Die Grünen unterstützte Online-Petition des zivilgesellschaftlichen Bündnisses #Bayernnimmtauf: www.openpetition.de/!menschlichkeitjetzt