Kommunale Fragen

Schwimmfähigkeit – Wasserfest zu 100 %

Bädersterben und was wir tun können

22. Februar 2018

Die Zahl ist alarmierend: immer weniger Kinder in Bayern können richtig schwimmen. Waren es 1990 noch 90 Prozent aller, sind es inzwischen schätzungsweise sogar nur noch 30 Prozent der Grundschüler, die im Alter von zehn Jahren als sichere Schwimmer gelten. Weil Schwimmen lernen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, hat auf Initiative der Grünen Landtagsfraktion deshalb diese Woche im Sportausschuss eine Expertenanhörung zum Thema „Schwimmfähigkeit im Freistaat“ stattgefunden. Bereits vor zwei Jahren waren wir mit der Beantragung einer Anhörung am Widerstand der CSU gescheitert. Und auch beim zweiten Anlauf konnten wir dies nur mit einem Minderheitenvotum durchsetzen.
Ursachen für die abnehmende Schwimmfähigkeit sehen die Fachleute vor allem in den fehlenden Schwimmflächen und einem unzureichenden Schwimmunterricht. Zwar geben die Lehrpläne klare Vorgaben, letztendlich hapert es aber an der Umsetzung. Wer das Seepferdchen hat, könne noch lange nicht schwimmen. Hinzu kommt, dass ein niedriger sozialer Status oder Migrationshintergrund die Wahrscheinlichkeit erhöhen, im Leben nicht richtig schwimmen zu lernen. Gerade die großen Entfernungen zwischen den Schulen und den verfügbaren Schwimmflächen würden das Ausbildungsergebnis beeinträchtigen. Verschärft wird diese Entwicklung durch das Bädersterben, weil sich viele Kommunen den Bau und Unterhalt schlichtweg nicht mehr leisten können. „Wir haben in Bayern einen eklatanten Mangel an Hallen- und Schulschwimmbädern. Zwar sieht der Freistaat eine Förderung von Schulschwimmbädern vor, doch die Hürden dafür sind so hoch, dass in der Realität fast keiner in den Genuss der Mittel kommt“, bestätigt unser kommunal- und sportpolitischer Sprecher Jürgen Mistol.
Um die Schwimmfähigkeit zu verbessern müsse der Freistaat mehr in Schwimmbäder und die Schwimmausbildung an Schulen investieren, war die einhellige Meinung der Sachverständigen. Jedes Kind müsse innerhalb von 20 Minuten ein Schwimmbad erreichen können - egal ob es in der Stadt oder auf dem Land wohnt. Vor allem brauche es einen durchgehenden, kontinuierlichen Schwimmunterricht in der Grundschule, und zwar bis zum Niveau des Bronze-Abzeichens. Das würde unter anderem bedeuten: 200 Meter am Stück schwimmen zu können. Idealerweise sollte die Schwimmfähigkeit im Zeugnis stehen, wie dies in Frankreich der Fall ist - als Anreiz für Kinder und Eltern. Dem Schwimmunterricht in der Schule komme eine besondere Bedeutung zu, auch wenn die Eltern originär zuständig wären. Doch viele seien aufgrund finanzieller oder beruflicher Belastung überfordert. Unterstützung an den Schulen könnten die Schwimmorganisationen wie DLRG und Wasserwacht leisten. Doch eigenständiger Unterricht an bayerischen Schulen sei ihnen bislang verwehrt, obwohl sie selbst LehrerInnen auf eigene Kosten ausbilden. Hier wünschen sich die Verbände deutlich mehr Unterstützung und Wertschätzung ihrer Arbeit. Ein weiterer Ansatz wäre, Schwimmen bereits in der frühkindlichen Bildung in Form von Wassergewöhnung zu verankern, aber auch hierfür brauche es ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen.
Für Jürgen Mistol steht nach der Anhörung fest: „Bayern ist ein wachsendes Land. Wir brauchen deutlich mehr Schwimmflächen und Schwimmunterricht. Es geht beim Schwimmen ja nicht nur um Sicherheit, sondern es geht auch darum, dass man sich gesund verhält und dass man an der Gesellschaft teilhaben kann. Das soll allen Kindern und Jugendlichen in Bayern möglich sein!“