Rechtsextremismus

Kein Schlussstrich! – Landtag startet mit zweitem Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex

Im Fokus stehen offene Fragen zu potenziellen Unterstützernetzwerken und Versäumnisse und Fehler der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden

19. Mai 2022

Auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD hat der Landtag am 19. Mai 2022 die Einsetzung eines zweiten Untersuchungsausschusses zur weiteren Aufklärung des NSU-Komplexes beschlossen. Direkt im Anschluss an den Landtagsbeschluss hat die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums stattgefunden. GRÜNE und SPD hatten bereits Mitte März einen entsprechenden Antrag eingereicht. Nach längeren Verhandlungen ist es gelungen, mit allen demokratischen Fraktionen eine Einigung auf einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag und Fragenkatalog zu erzielen.

Der designierte Vorsitzende des zweiten NSU-Untersuchungsausschuss und rechtspolitische Sprecher der Landtags-Grünen Toni Schuberl begrüßt die Einsetzung: „Wir freuen uns über diese Einigung mit den Fraktionen von CSU, Freien Wählern und der FDP.  Ein Konsens zwischen den demokratischen Fraktionen des Landtags ist eine wichtige Voraussetzung für eine wirkungsvolle und erfolgreiche Arbeit des Ausschusses."

Der zweite NSU-Untersuchungsausschuss wird sich vor allem mit der Aufklärung potenzieller Unterstützernetzwerke des NSU aus der rechtsextremen Szene in Bayern beschäftigen. Auch Versäumnisse und mögliche Fehler der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung der Mord- und Sprengstoffanschläge des NSU in Bayern sollen untersucht werden. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf den Ermittlungen zum ersten Sprengstoffanschlag des NSU am 23. Juni 1999 auf eine Gaststätte in Nürnberg liegen. Dieser Anschlag konnte erst durch die Aussage eines Angeklagten im Münchener NSU-Prozess im Jahr 2013 dem NSU zugeordnet werden und war weder Gegenstand des ersten Untersuchungsausschusses des Landtags noch Teil der Anklage im Prozess.

Die Rolle von verdeckten Ermittlern oder V-Leuten der Sicherheitsbehörden im Umfeld des NSU, der beschämende Umgang der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden mit den überlebenden Opfern und den Hinterbliebenen der Opfer sowie mögliche Verbindungen und Kontinuitäten zwischen dem NSU und aktuellen rechtsextremistischen und rechtsterroristischen Vereinigungen werden weitere zentrale Themenfelder des Untersuchungsausschusses sein.

„Wir haben diesen Ausschuss auch aus Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen initiiert", betont der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus, Cemal Bozoglu, der als zweites grünes Mitglied dem Ausschuss angehören wird. „Die Angehörigen wollen wissen, wer die Anschläge und Morde in Bayern so akribisch geplant hat, wer ihre Verwandten als Opfer ausgewählt hat, wer für den NSU die zahlreichen potenziellen Anschlagsorte und Fluchtrouten ausgespäht hat, warum die Sicherheitsbehörden über Jahre in eine völlig falsche Richtung ermittelt haben und ob die Morde durch Erkenntnisse von V-Leuten und eine bessere Arbeit der Polizei hätten verhindert werden können. Wir hoffen, dass wir mit dem Untersuchungsausschuss ein wenig zur weiteren Aufklärung dieser auch zehn Jahre nach der Enttarnung des NSU immer noch brennenden Fragen beitragen können.“

Weitere Informationen: Der endgültige Fragenkatalog zum zweiten NSU-Untersuchungsausschuss ist in einem interfraktionellen Änderungsantrag zur Einsetzung des Ausschusses enthalten.