Digitalisierung

Bayerisches Digitalgesetz

Expertenanhörung legt Schwachstellen offen

18. März 2022

Der Wirtschaftsausschuss hat im Rahmen einer parlamentarischen Anhörung zahlreiche Expert*innen eingeladen, um einen Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Digitalgesetz zu bewerten. Mit dem Gesetzentwurf versucht die Staatsregierung einen allgemeinen Rechtsrahmen für die Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft, Staat und Verwaltung zu schaffen. Dazu werden neue Regelungen für die folgenden drei Themenbereiche vorgeschlagen:

  1. Digitale Rechte und Dienstleistungen
  2. Digitalisierung der staatlichen und kommunalen Verwaltung und
  3. IT-Sicherheit

Die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf geht auf unsere GRÜNE Initiative zurück und wurde gegen den Willen der Regierungsfraktionen CSU/FW mit einem Minderheitenvotums durchgesetzt. Hier hätten wir uns mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit gewünscht. Grundsätzlich begrüßen wir Landtags-Grüne, dass es ein Bayerisches Digitalgesetz geben soll. Die Stellungnahmen der Sachverständigen haben aber klar gezeigt, dass es noch viele Mängel in dem Entwurf gibt und entsprechend nachgebessert werden muss. An vielen Stellen bleibt das Gesetz vage und unkonkret, zudem fehlen Angaben zur verbindlichen Umsetzung und Einhaltung der Regelungen. Wenn die Vorschriften auch nach der Beratung in den Ausschüssen so vage bleiben, werden daraus auch keine konkreten Verbesserungen für Bürger*innen, Wirtschaft und Kommunen entstehen.

Teilhabe:
Wie mit diesem Entwurf gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung im digitalen Raum umgesetzt werden soll, bleibt rätselhaft; ebenso bleibt die Frage offen, wie der digitale Raum ausgestaltet werden soll, um auch älteren Menschen, denen der Umgang mit digitalen Medien schwer fällt, echte Chancen zur Nutzung zu bieten. Ein praktisches Beispiel für mögliche Hürden haben wir vergangenes Jahr in Bayern erlebt, als die Impfregistrierung nur digital mit eigener E-Mail-Adresse eingerichtet wurde. Das war für viele, der in der Priorität vorne liegenden, über 80jährigen nicht machbar. Auch die Lebensrealität von finanziell schlecht gestellten Familien muss sich im Gesetzesentwurf widerspiegeln, ebenso wie die der bildungsfernen Gruppen und der Menschen, die sich schwer tun mit Systemen, die auf langen Schriftexten beruhen. Wir erwarten hier große Probleme für diese Gruppe bei der an sich sehr begrüßenswerten Umstellung auf eine digitale Verwaltung.

OpenData
Ein Thema, das besonders intensiv von den Sachverständigen besprochen wurde, war die Bereitstellung und Nutzung von offenen Daten. Die vorgesehene Regelung im Gesetzentwurf greift nach Ansicht fast aller Expert*innen deutlich zu kurz. Hier hat die Staatsregierung eine große Chance versäumt, konkrete und präzise Vorgaben für einen echten Anschub der Datenbereitstellung, Datennutzung und Datenwertschöpfung in Bayern zu schaffen. Offene Daten bergen viel Potenzial für mehr Transparenz des Staates gegenüber der Gesellschaft im Sinne von „Open Government“, sowie für die Zündung von Innovation und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle – wovon unsere bayerischen Unternehmen nur profitieren könnten. Leider bleibt der Aufbau einer innovativen Dateninfrastruktur in Bayern weiterhin eine Baustelle.  

Auswirkung auf Kommunen
Die Auswirkungen des Entwurfs für ein Digitalgesetz auf die Kommunen wurden auch breit diskutiert. Den bayerischen Kommunen wird stets eine Schlüsselaufgabe in der Digitalisierung der Verwaltung zugesprochen, allerdings bleiben konkrete Unterstützungsvorhaben von der Landesebene aus. Vor allem die kleineren Kommunen wissen oft nicht, wo sie anfangen sollen und verfügen nicht über genügend Personal und finanzielle Mittel, um ein echtes Digitalisierungsturbo in ihrem Rathaus zu zünden. Im Rahmen der Verbändeanhörung im Sommer 2021 hatten die Kommunalen Spitzenverbände bereits auf einige Mängel des damaligen Referentenentwurfs hingewiesen und konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht, wovon kaum was im jetzigen Entwurf übernommen wurden. Dazu gehört eine explizite Feststellung, dass die vorgesehenen Regelungen für die Kommunen erhebliche Umsetzungskosten und -aufwände mit sich bringen, d.h. entsprechend konnexitätsrelevant sind. Es reicht nicht, lediglich Vorgaben in ein Gesetz zu schreiben – die Umsetzung erfordert eine enge, abgestimmte und unterstützende Zusammenarbeit zwischen der Landes- und Kommunalebene.

Fazit:
Als Ergebnis dieser Anhörung steht fest: die Staatsregierung pocht auf ihre „Bayern First“ Mentalität, aber dieser Gesetzentwurf führt uns eher zu „Bayern Last“! Einige Expert*innen haben betont, dass andere Bundesländer an vielen Stellen Bayern deutlich voraus sind. Mit Blick auf das Verhältnis zwischen Bürger*innen und Staat sowie zwischen Wirtschaft und Staat wurden kostbare Chancen vergeben, Bayern als echten digitalen Vorreiter zu positionieren.
Die Expert*innen haben eine weite Bandbreite von Themen angesprochen, die wir für unsere weitere Begleitung und Beratung dieses Gesetzentwurfs im Landtag mitnehmen. Als nächstes steht die Beratung in den Ausschüssen an. In dem Rahmen werden wir konstruktive Verbesserungsvorschläge in die Debatte einbringen und entsprechende Änderungsanträge vorbereiten. Wir hoffen, dass auch die Regierungsfraktionen den Input der Expert*innen berücksichtigen.