Demokratie | Gegen Rechts
Runder Tisch Bürgerentscheide

18. Juli 2025
Beteiligung ausbauen, nicht einschränken!
Nach der letzten Sitzung des Runden Tisches zur Weiterentwicklung von Bürgerentscheiden ziehen fünf Vertreterinnen und Vertreter vom am Runden Tisch beteiligten Verbänden und Parteien eine vorsichtig optimistische Bilanz. Dem Runden Tisch sei es gelungen, praxistaugliche Lösungen für den Themenkomplex Bürgerentscheide und Bauleitplaung zu erzielen. Zudem sollen wohl die Bürgerinnen und Bürger früher und besser beteiligt werden.
Nun ist der Bayerische Landtag am Zug. Die fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmer appellieren an die Abgeordneten, die Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger nicht einzuschränken. Vielmehr sollten sie ausgebaut werden.
30 Jahre nach Einführung des Bürgerentscheids bedürfe es eines Updates, sagt Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Das sei jedoch kein Freibrief für einen Abbau von Bürgerbeteiligung. „Am Runden Tisch haben wir für eine Weiterentwicklung gekämpft – für mehr Demokratie. Eine echte Weiterentwicklung des Bürgerentscheids bekommen wir durch frühzeitigere und unkomplizierte Mitsprachemöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, wie zum Beispiel durch regelmäßige Bürgerforen und Bürgerräte.“
Der bayerische Bürgerentscheid sei eine Erfolgsgeschichte, sagt Roman Huber, geschäftsführender Bundesvorstand des Fachverbands “Mehr Demokratie” und Teilnehmer des Runden Tisches. „In Bayern hat sich eine direkt-demokratische Kultur entwickelt, auf die wir stolz sein können. Daran darf die Politik nicht rütteln. Die gewünschte Beschleunigung der Verfahren kann nur durch Beteiligung, Bürokratieabbau und Dialog erreicht werden.“Der SPD-Landtagsabgeordnete Horst Arnold betont: „Es ist für uns unverhandelbar, unter dem Stichwort ‚Entbürokratisierung’ Bürgerbeteiligungsrechte zu schleifen. Vielmehr müssen vorgelagerte Bürgerdialoge fundiert etabliert werden.“ Doch habe er den Eindruck, „dass die CSU-geführte Staatsregierung Bürgerbeteiligung unterschwellig als Einfallstor für lästige Partikularquerulanten einschätzt“.
„Wir brauchen mehr Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, nicht weniger. Die Praxis zeigt, dass oft erst Bürgerbegehren Bewegung in umstrittene Vorhaben bringen und Kompromisse ermöglichen. Wir brauchen mehr Informationen und Dialog“, hebt der BUND-Landesbeauftragte Martin Geilhufe hervor.Auch Helmut Beran, Geschäftsführer des Landesbund für Vogel- und Naturschutz, spricht sich gegen Einschränkungen der direkten Demokratie gerade bei der Bauleitplanung und Verkehrsprojekten aus. „Vielmehr ist eine frühzeitige und umfassende Beteiligung aller Betroffenen am Verfahren erforderlich. Sonst besteht die Gefahr, dass gegen Bauprojekte auf dem Klageweg vorgegangen wird, was zu einer jahrelangen Verzögerung führen kann.“
Erfolgsgeschichte bayerischer Bürgerentscheid
Vor 30 Jahren erkämpften die Bürgerinnen und Bürger den kommunalen Bürgerentscheid per landesweitem Volksentscheid. Seit vielen Jahren ist Bayern deutscher Meister der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene. In keinem anderen Bundesland bringen sich die Menschen auch nur annähernd so regelmäßig direktdemokratisch ein wie in Bayern. 40 Prozent aller Bürgerbegehren in Deutschlands Kommunen finden auf bayerischem Boden statt. Zwischen 1995 und 2024 mündeten hier 2.955 Bürgerbegehren und 740 Ratsreferenden in 2.297 Bürgerentscheiden. Zudem wurden 411 Bürgerbegehren von den Gemeinderäten übernommen. Die direkte Demokratie wirkt also oft auch ohne formellen Bürgerentscheid, weil sie die Tür für Verhandlungen mit der kommunalen Politik öffnet. Für den Boom gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Die Regelungen in Bayern sind bisher gut, die Quoren niedrig, es gibt nur wenige Themen, die der direkten Demokratie entzogen sind. Und in Bayern hat sich binnen 30 Jahren eine direktdemokratische Kultur entwickelt. Heißt: Die Bürgerinnen und Bürger nutzen ihre Einflussmöglichkeiten gerne und selbstbewusst. Bayern könnte ein Vorbild für andere Länder sein.