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Dokumentation Schulbaukonferenz

Bayerns Schulen: „Treibhäuser“ der Zukunft

19. Juli 2021

Schulgebäude prägen. Sie können Gemeinschaft und Konzentration ermöglichen. Sie können soziale Verhaltensmuster fördern und das Lernen nach neuen Modellen positiv beeinflussen. Sie können zum zweiten Zuhause werden – ganz besonders, wenn die Räume auch den Bedürfnissen von Lehrer- und Schülerschaft entsprechen. Europaweit wird an diesem Ansatz gearbeitet, auch in Bayern gibt es einige gute Beispiele – aber keineswegs flächendeckend.

Bei der Konferenz Bayerns Schulen: „Treibhäuser“ der Zukunft haben unsere baupolitische Sprecherin Ursula Sowa und unsere schulpolitische Sprecherin Anna Schwamberger zusammen mit Architekt*innen, Pädagog*innen, Institutionsvertreter*innen und Schüler*innen positive Beispiele gelungener Schulbauplanung diskutiert und darüber gesprochen, wie möglichst alle Schulgebäude in Zukunft geplant und realisiert werden sollen.


Ein Schulhaus muss Chancen bieten, muss Räume ermöglichen

Die Vorsitzende des Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) Simone Fleischmann betonte in ihrem Impulsvortrag, dass zu einer guten Schule mehr gehört als ein top Lehrplan, als eine professionelle Lehrer*in, als motivierte Schülerinnen und Schüler. „Dazu gehört auch ein gutes Haus. Ein Haus, in dem ich mich wohlfühle“, so Fleischmann. Dessen Konzept müsse von allen in der Schule Mitwirkenden auch mitentwickelt und mitgetragen werden. Der wesentliche Punk sei, wie Schulbau gemeinsam geht. Wie fühlen sich die Kinder wohl, wie fühlen sich die Lehrerinnen und Lehrer wohl und vor allem, „welche Lernangebote erlaubt ein Schulhaus – und welche nicht“, erläuterte Fleischmann.

„Für uns ist es ganz entscheidend, dass die neuen Formen des Lernens nur dann effizient umzusetzen sind, wenn mir das Haus, der Bau, die Räume, die Flächen auch die Chance dazu geben.“ Simone Fleischmann

Ein Treibhaus Schulhaus muss folglich alles möglich machen können, muss Chancen bieten, muss Räume ermöglichen.


Architektur und Pädagogik zusammendenken – Die Phase Null im Schulbau

Die Architektin und Vorständin der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft Barbara Pampe, erklärte in Ihrem Vortrag, dass es daher entscheidend sei, Architektur und Pädagogik zusammenzudenken. Da jeder Schulbau eine spezifische Aufgabe und Lösung darstellt, bietet die Phase Null die Möglichkeit, in einem vorgeschalteten Prozess eine Schule entlang der Bedarfe der Nutzer*innen zu planen und unter Beteiligung aller Akteure ein tragfähiges pädagogisches und räumliches Konzept zu entwickeln. Dies kann dann dem Architekten, der das Gebäude plant, als eine bindende Grundlage mitgeben werden. So kann die Effizienz, Bedarfsfassung sowie Zukunftsfähigkeit des Bauvorhabens im Rahmen der Vorgaben sichergestellt werden, erläuterte Bampe.

Kirstin Bartels, freie Architektin und Schulbauberaterin aus Hamburg, veranschaulichte die Phase Null am Beispiel der IGS Süd in Frankfurt. Bei der IGS Süd handelte es sich um eine Neugründung einer 4-zügigen Integrierten Gesamtschule der Jahrgangsstufen 5 bis 10 und im Zuge dessen um einen Umbau von zwei bestehenden Schulbauten.

Frau Bartels betone, dass eine wichtige Grundlage der Phase Null sei, das pädagogische Konzept der Schule zu verstehen: wie lernt die Schule mit den Schüler*innen, wie arbeiten die Teams, was gibt es für Strukturen? Frau Bartels bekräftigte, dass der Erfolg bei einem solchen Schulbauprojekt entsteht, wenn nicht nur qualitativ ein tolles Gebäude geschaffen wird, sondern wenn auch die entsprechende Akzeptanz dafür da ist.

„Anhand der Prozesse der Phase Null ist das gemeinsame Entwickeln, die Expertise aller Leute hinzuzuziehen und dann ein gemeinsam getragenes Projekt zu erarbeiten, der Weg zum Erfolg.“ Kirstin Bartels


Das Gymnasium Ergolding

Stefan Behnisch gehört zu den bekanntesten Architekten Deutschlands und hat bereits mehrere Schulen entworfen, u.a. das Gymnasium Ergolding im Landkreis Landshut. In einer weitgehend freien, teilweise unter Naturschutz stehenden Landschaft befindet sich das neue Schulgebäude, dessen zentrales Element die von Licht durchflutete Pausenhalle ist.

Beim Bau der Schule im Jahr 2013 wurde versucht ein Schulhaus umzusetzen, welches – nach dem damaligen Stand der Technik – sehr fortschrittlich ist was ökologische Fragen betrifft. „Das ist zum einen wichtig, da wir mit unseren Ressourcen sparsam umgehen müssen, aber vor allem auch wichtig, weil wir den Schülerinnen und Schülern damit vermitteln können: es ist machbar, es ist sinnvoll“, so Behnisch. Die frühe Begegnung mit der Baukultur sei ein wichtiges Thema.

„Der erste Ort, an dem sich Kinder außerhalb der elterlichen Wohnung mit Baukultur auseinandersetzen sind die Kita und die Schulen. In dieser prägenden Phase der Entwicklung sind die Kinder dem Einfluss der gebauten Umgebung unmittelbar ausgesetzt. Hier lernen sie nicht nur Wissen, sondern Gemeinschaft, soziales Verhalten, das Verstehen von umweltbewusstem Handeln, die Wertschätzung von Baukultur.“ Stefan Behnisch

Behnisch sprach von seinen Erfahrungen, dass nicht nur die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern und Bauherren, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Lehrenden, mit den Interessensgruppen und vor allem den Gemeinden wichtig sei. Zudem müsse man auch die künftigen Generationen der Lehrenden im Auge behalten. „Wir müssen Schulen bauen, die auch flexibel genug sind, sich zu entwickeln – denn die pädagogischen Konzepte entwickeln sich“ forderte der Architekt. 

Im Anschluss an die Vorträge diskutierten die Referent*innen mit Dr. Klaus Wegmann, dem ehemaligen Schulleiter des Gymnasium Ergolding, Thomas Körner-Wilsdorf, Studiendirektor des Holbein-Gymnasiums in Augsburg und Moritz Meusel, Landesschülersprecher der Gymnasien in Bayern über Chancen und Herausforderungen im Schulbau.