100 Tage Söder haben Bayern tief gespalten

Katharina Schulze und Ludwig Hartmann kritisieren wahlkampfmotivierte Ingroup-Outgroup-Taktik des CSU-Ministerpräsidenten

22. Juni 2018

100 Tage nachdem CSU-Ministerpräsident Söder und dessen Kabinett ins Amt gekommen sind, sehen die Spitzen der Landtags-Grünen, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, einen tiefen Riss durch Bayern gehen. “Markus Söder ist kein Zusammenbringer, sondern ein Ausgrenzer“, analysiert Ludwig Hartmann. „Bewusst spielt er Gruppen von Menschen gegeneinander aus – Einheimische gegen Zugereiste, Konservative gegen Progressive, Hartz-IV-Empfänger gegen Flüchtlinge.“

„Diese Ingroup-Outgroup-Taktik spaltet und ist eines Landesvaters unwürdig. Tatsächlich darf in einer Demokratie nicht nur die Mehrheit zu ihrem Recht kommen – es müssen auch die Minderheitenrechte geachtet werden“, unterstreicht Katharina Schulze. Sie kritisiert konkret das rücksichtslos Durchpeitschen der Verschärfungen beim Polizeiaufgabengesetz (PAG) mit der absoluten CSU-Landtagsmehrheit. (Wann gab es das zuletzt, dass Zigtausende gegen ein Gesetz der Regierung auf die Straße gehen und dann doch vor den Kopf gestoßen werden?“, fragt Katharina Schulze. Ähnlich kritisch sieht sie die Verabschiedung eines trotz Änderungen weiter stigmatisierenden Psychisch-Kranken-Hilfegesetzes (PsychKHG). „“Minderheiten und von der Gesellschaft benachteiligte Gruppen haben es unter einem Ministerpräsidenten Söder zunehmend schwer, Gehör für ihre Belange zu finden“, so Katharina Schulze.

Ludwig Hartmann kann auch den zahlreichen von Söder ausgelobten Geldleistungen für die Bayerinnen und Bayern wenig abgewinnen. „Ein dicker Geldbeutel macht noch keine gute Politik“, kritisiert er die Einführung bayerischer Sonderleistungen wie Familien-, Pflege- und Baukindergeld, die allesamt kurz vor der Landtagswahl am 14. Oktober zur Auszahlung kommen sollen. „Wer Bayern wirklich gestalten will, braucht Mut, Entschlossenheit und Haltung – und nicht einfach die Mastercard, um Wählerstimmen einzukaufen. Die Umfragen zeigen es ja auch: In einem wohlhabenden Land kommt man auch mit der Goldcard nicht weit, wenn man damit nicht für mehr Chancengerechtigkeit sorgt“, kritisiert Ludwig Hartmann.

Die jüngste wahlkampfmotivierte Volte des Ministerpräsidenten – die offene Front gegen die Bundesregierung, an der die CSU selbst beteiligt ist – finden Katharina Schulze und Ludwig Hartmann brandgefährlich. „Söder treibt Seehofer und Dobrindt in den Koalitionsbruch“, glaubt Ludwig Hartmann. „Die CSU eignet sich mehr und mehr AfD-Positionen an und übernimmt deren Sprache, um so auch die potenziellen AfD-Wähler bei der Landtagswahl anzusprechen. Hier irrt die CSU. So wird nur das Original gestärkt.“

„Fatal ist auch, dass die CSU so das demokratische Spielfeld verlässt und die in Deutschland traditionelle Brandmauer gegen rechts zum Bröckeln bringt“, warnt Katharina Schulze, die sich vor allem auch um Europa sorgt: „Mit seinem demonstrativen Schulterschluss mit der nationalkonservativen Regierung in Österreich und dem Schielen zu den Lega-Rechtsaußen in Rom fährt Söder einen europapolitischen Crash-Kurs. Das schadet, Bayern, Deutschland und vor allem dem Friedenswerk Europäische Union. Wer geschichtsvergessen das Ende des Multilateralismus‘ ausruft, gefährdet unsere stabile Nachkriegsordnung. Das ist ein Bärendienst an Bayern und Deutschland.“