Wirtschaft und Arbeit

Corona-Soforthilfen: Grüne und Mittelstand fordern Aussetzung der Rückzahlungspflicht

Die bayerische Regelung führt zu Ungerechtigkeit und Unsicherheit, kritisieren die Landtags-Grünen gemeinsam mit dem BVMW Bayern. Auch die Antwort der Staatsregierung auf Anfragen zum Plenum zeigt Probleme auf.

02. Mai 2023

In der laufenden Debatte um Corona-Soforthilfen fordern die Landtags-Grünen gemeinsam mit dem Verband Der Mittelstand.BVMW in Bayern eine vorübergehende Aussetzung der Rückzahlungspflicht – solange, bis rechtssichere und gerechte Lösungen für Unternehmen und Soloselbstständige geschaffen worden sind.

Grund: Die aktuelle Regelung der Staatsregierung zum Erlass der Corona-Soforthilfe-Rückzahlungen ist mangelhaft ausgearbeitet und führt zu Ungerechtigkeit. Das offenbaren auch die Antworten der Staatsregierung auf Anfragen zum Plenum (AzP, siehe unten), welche die Landtags-Grünen in der vergangenen Woche gestellt haben. Darin bestätigt die Staatsregierung unter anderem: Für diejenigen, die bereits Rückzahlungen geleistet haben, gelten die neuen Regelungen nicht. Sie können nicht mehr von dem Erlass profitieren – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation und egal, wie mühsam sie das Geld möglicherweise zusammengekratzt haben (weitere Kritikpunkte siehe unten).

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, erklärt:

„Es ist ja grundsätzlich richtig, wenn Geld, das nicht gebraucht wurde, wieder an den Staat zurückfließt. Aber die Söder-Regierung bringt mit ihrer unausgereiften Regelung besonders den kleinen Unternehmen und Solo-Selbständigen wirtschaftliche Probleme und sorgt für Unruhe. Vor allem aber schafft Söder damit große Ungerechtigkeit. Wer schon Rückzahlungen geleistet hat, soll gar nichts mehr erlassen bekommen können – unabhängig von der wirtschaftlichen Situation. Das ist kaltschnäuzig und wertet die Leistung ab, die diese Menschen für unsere Wirtschaft und Kultur in Bayern erbringen. Wir fordern den Ministerpräsidenten dazu auf, die Rückzahlungspflicht so lange zu stoppen, bis die Staatsregierung faire Rahmenbedingungen erarbeitet hat, die niemanden benachteiligen und für alle gelten.“

Achim von Michel, Politikbeauftragter des Verbands Der Mittelstand.BVMW in Bayern, erklärt:

„Die Auskunft der Staatsregierung bestätigt, dass es in Bayern weiterhin keine klaren Regeln geben soll, die allgemein gültig sind und den Unternehmen Planungssicherheit geben. Stattdessen wird für eine kleine Gruppe Betroffener durch Einzelfallprüfung zunächst eine neue bürokratische Hürde aufgebaut und das Ergebnis dann ‚nach Ermessen‘ bewertet. Der BVMW Bayern bleibt bei seiner Position: Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es besser, keine Rückzahlungen zu leisten. In Kürze wird die erste Klage eingereicht, dann steht der gesamte Vorgang der Corona-Soforthilfen-Rückzahlung auch in Bayern auf dem juristischen Prüfstand. Dieses Ergebnis und gegebenenfalls auch die Entscheidungen der weiteren Gerichtsinstanzen sollte man zunächst abwarten.“

 

Weitere Kritikpunkte der Landtags-Grünen, die sich aus den Antworten der Bayerischen Staatsregierung auf die Anfragen zum Plenum (AzP) ergeben:

  • Von den Behörden werden zunächst keine Rückforderungsbescheide erlassen.
    Stattdessen müssen Betroffene zunächst eine selbsttägige Überprüfung ihres Liquiditätsengpasses vornehmen. Erst im nachfolgenden, verpflichtenden Rückmeldeverfahren – oder auch auf Wunsch der Betroffenen, die der Bewilligungsstelle lediglich den Betrag der Überkompensation mitteilen –, werden dann entsprechende Widerrufs- und Rückforderungsbescheide erlassen.

Das Problem: Die Behörden werden erst tätig, nachdem die Betroffenen selbst beurteilen haben, wie ihre wirtschaftliche Lage ist. Es ist davon auszugehen, dass es dadurch bei den Rückforderungen zu recht unterschiedlichen Ergebnissen kommen wird.

  • Für die Erlass-Prüfung sollen vor allem die Werte auf Basis des letzten verfügbaren Einkommenssteuerbescheids zugrunde gelegt werden.

Das Problem: Einkommenssteuerbescheide, die ein oder zwei Jahre alt sind, geben in der Regel keine Auskunft über die aktuelle Lage. Gerade für kleinere Unternehmen und Solo-Selbständige ist im Fall von Rückzahlungsforderungen jedoch der Ist-Zustand entscheidend, um die wirtschaftliche Situation fair bewerten zu können.

  • Ausschlaggebend für einen Erlass oder Teilerlass ist in Bayern die sogenannte Existenzgefährdung. Von einer Existenzgefährdung wird ausgegangen, wenn das vorhandene Geld (= erwarteter Jahresüberschuss nach Steuern sowie weitere Einkünfte und liquide Betriebsmittel) nicht ausreicht, um die Rückzahlung zu leisten, auch nicht als Ratenzahlung.

Das Problem: Dies steht im deutlichen Gegensatz zur mehrfachen Behauptung der Staatsregierung, niemand solle durch die Rückzahlung in „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ geraten. Denn diese Regelung verhindert regelrecht vernünftiges Wirtschaften und Investieren in die Zukunftsfähigkeit all jener Betroffener, die Rückzahlungen bis nahe ans Existenzminium leisten müssen. Dazu kommt: Es gibt keine klare Regelung dafür, wann ein Erlass und wann ein Teilerlass in Frage kommt.

Hier die Anfragen zum Plenum (AzP) der Landtags-Grünen und die Antworten der Staatsregierung: