Verbraucherschutz | Tierschutz
„Wir müssen endlich ein Kontrollsystem schaffen, das seinen Namen verdient!”
26. November 2025
Anhörung zu Tierschutzverstößen auf Initiative der Landtags-Grünen
Für den Tierschutz in Bayern war 2025 ein schwarzes Jahr. Rosenheim, Eichstätt, das Allgäu, Mühldorf, Landsberg – die Serie von aufgedeckten Quälereien in der Rinder- und Schweinehaltung hat schockiert, Verbraucherinnen und Verbraucher verunsichert und das Vertrauen in staatliche Kontrollmechanismen nachhaltig erschüttert.
„Wenn Tierquälerei oft erst von Tierschutzorganisationen gefilmt werden muss, damit staatliche Stellen aufmerksam werden, dann hat das System ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem”, mahnt Paul Knoblach, Sprecher für Tierschutz der Landtags-Grünen. „Bayern sieht sich gern als Tierschutzland, aber solange sich bei uns Skandal an Skandal reiht, ist das nur ein Wunschtraum. Wir müssen jetzt Lücken schließen, Verantwortlichkeiten klären und endlich ein Kontrollsystem schaffen, das seinen Namen verdient – damit Missstände frühzeitig auffallen!”
Auf Antrag u. a. der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fand daher am Donnerstag, 27. November, ab 9.15 Uhr im Konferenzsaal des Bayerischen Landtags eine Sachverständigenanhörung zu „Veterinärkontrollen und wiederholten Tierschutzverstößen in Rinderhaltungen” statt. Ziel der Anhörung war es, mögliche strukturelle Schwachstellen bei Veterinärkontrollen offenzulegen und konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, die Tierleid künftig verhindern.
Folgende Fragen waren daher zentral:
- Halten wir Rinder tierschutzkonform?
- Wie ist es möglich, dass Misshandlungen von Tieren erst durch Tierrechtsorganisationen aufgedeckt wurden?
- Reichen die bestehenden gesetzlichen Regelungen aus?
- Ist das geltende Strafmaß ausreichend?
- Kann eine Tiergesundheitsdatenbank dazu beitragen, Problembetriebe rascher zu identifizieren?
- Welche Möglichkeiten gibt es, um Landwirte in Krisensituationen zu unterstützen?
Als Sachverständige hatten die Landtags-Grünen die Tierärztin Dr. Susanne Aloé und den Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Tierschutz in Bayern, Dr. Kai Braunmiller, benannt. Sie berichteten über die Situation in bayerischen Ställen und über Lücken in der Durchsetzung des geltenden Tierschutzrechts.
Laura Weber, Sprecherin für Verbraucherschutz, sagt: „Guter Verbraucherschutz beginnt im Stall. Wer Fleisch kauft, soll sicher sein können, dass die Tiere vorher artgerecht gehalten wurden. Eine transparente, hohe Tierhaltungsqualität ist nicht nur eine Frage des Tierschutzes, sondern auch des Respekts gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern.“
Paul Knoblach: „Jedes gequälte Tier ist eins zu viel. Die bekanntgewordenen Fälle zeigen, dass zwischen Anspruch der Landwirtschaft, den behördlichen Kontrollen und den dokumentierten Realitäten ein gefährlicher Abgrund klafft. Insofern ist diese Anhörung überfällig. Und ebenso überfällig ist, dass es im Anschluss daran nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, sondern dass von der Staatsregierung konsequent Maßnahmen ergriffen werden. Das ist aus Verbraucherschutzsicht geboten und auch im Interesse aller Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Tiere gut behandeln.“
Die Expertinnen und Experten bestätigten vielfältige Probleme im System: Das geht los bei überforderten Landwirtinnen und Landwirten, die mit ihren Problemen auch bei Hofübernahmen alleingelassen werden. Das geht weiter bei den Kontrollbehörden die am Limit arbeiten, denen Personal fehlt. Bis zu einem Justizsystem, dass zielgenauer und schärfer ermitteln und bestrafen muss. Die Anhörung war bitter nötig, so Paul Knoblach.
„Das war ein Weckruf für die Staatsregierung! Die Sachverständigen haben ganz deutlich gemacht: Was wir in diesem Jahr in Bayern erlebt haben, das ist nicht normal! Das sind keine bedauerlichen Einzelfälle, wenn wir fast im Wochentakt von toten Rindern, gequälten Schweinen, verendeten Hühnern erfahren.
Und die Lösungen liegen auf der Hand. Das sagen auch die Vertreter der Amtstierärzte und -ärztinnen und aus der Landwirtschaft und wir Grüne fordern das Jahren: es braucht Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Tierschutzverstöße, damit die Justiz schneller und besser wird! Größere Behörden mit mehr Personal, nicht eine Kompetenzverlagerung in das Landwirtschaftsministerium und in die KBLV, damit Kontrollen ohne Kommunikationsverluste wirksam sind! Und endlich eine Tiergesundheitsdatenbank. Das wäre ein echtes Frühwarnsystem! Dann fallen Betriebe auf, bevor die Kuh qualvoll stirbt. Und all die redlichen Landwirtinnen und Landwirte da draußen können aufatmen, dass nicht der nächste Skandal über ihre Branche hinwegschwappt.“
Dazu kommen weitere wichtige Schritte.
Paul Knoblach: „Für mehr Hoftierärztinnen und -ärzte und mehr Amtstierärztinnen und -ärzte muss auch die Politik dafür sorgen, dass die Veterinärausbildung sich nicht nur auf Kleintiere fokussiert. Wir haben zum Beispiel gefordert, dass in Bayern Lehrschlachthöfe an bestehenden Schlachtstätten eingerichtet werden, um das zu ermöglichen. Außerdem muss die Politik eine verbindliche Verordnung zur Haltung von Rindern vorschreiben. Damit man Schlechtes von Gutem klar unterscheiden kann.“
Hinweise:
Trotz der zahlreichen Skandale in den vergangenen Monaten und Jahren in Bayern geht aus den Antworten der Staatsregierung keine Bereitschaft hervor, Kontrollmechanismen zu überarbeiten oder die personelle Ausstattung der zuständigen Veterinärbehörden zu überdenken (dazu insbesondere “SAN betreffend Konsequenzen aus Bad Grönenbach – Ahndung von Tierschutzverstößen” vom 9.9.2025).
Die Landtags-Grünen haben bereits ein deutlich härteres Vorgehen gegen Tierquälerei, höhere Strafen sowie Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Bayern gefordert. Informationen dazu u. a. hier: Tierschutz - Kontrollen verstärken und Strafrahmen anpassen | Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Bayern und hier Tierwohlverstöße in Mastbetrieb | Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Bayern