Untersuchungsausschüsse

GRÜNE, SPD und FDP ziehen vors Verfassungsgericht

Opposition reicht Klage mit Antrag auf Eilverfahren ein

17. April 2023

Am 26. Januar 2023 hat im Bayerischen Landtag der Untersuchungsausschuss „Zukunftsmuseum“ seine Arbeit aufgenommen. Das Kontrollgremium soll die Hintergründe für Fehlplanungen, Missstände und mögliches Fehlverhalten der Staatsregierung aufdecken. Bereits in der dritten Sitzung verhinderten die Regierungsfraktionen zwei Beweisanträge von Grünen, SPD und FDP auf Akteneinsicht. Nachdem auch das Parlament mit Mehrheit der CSU und Freien Wähler die Beweisanträge der Opposition auf Aktenvorlage* abgelehnt hat, haben Grüne, SPD und FDP heute Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. Zugleich wurde ein Antrag auf Eilverfahren gestellt.

Dazu Verena Osgyan, stv. Vorsitzende und wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen: „Unter fadenscheinigen juristischen Argumentationen blockieren die Regierungsfraktionen von Anfang an regelmäßig die Herausgabe von Akten zum Deutschen Museum Nürnberg. CSU und Freie Wähler verhindern die Herausgabe der Korrespondenz der Staatsregierung zur kritischen Prüfung der Vorgänge durch den Obersten Rechnungshof. Sie stellen sich weiterhin schützend vor die Staatsregierung und versuchen zu vermeiden, dass die Unterlagen zu den unbefriedigend beantworteten Schriftlichen Anfragen und Berichtsanträgen des Landtags herausgegeben werden müssen. Diese Akten gehören unzweifelhaft zum Untersuchungsauftrag, ein mögliches Fehlverhalten der Staatsregierung aufzuklären. Sie müssen daher dem Untersuchungsausschuss lückenlos vorgelegt werden. Es kann nicht sein, dass die beteiligten Ministerien einfach nach Gutsherrnart bestimmen, welche Unterlagen sie herausgeben möchten und welche nicht. Es ist ebenso absolut unverständlich, warum sich die Parlamentarier der Regierungsfraktionen den Zugang zu den Akten freiwillig selbst verbauen. Deshalb klagen wir vor Gericht."

Dazu Horst Arnold, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Die Vorgehensweise von CSU und Freien Wählern ist keinesfalls in Einklang zu bringen mit den vollmundigen Ankündigungen zum Aufklärungswillen und zur Transparenz. Als früherer Vorsitzender des Untersuchungsausschusses ‚Modellbau (Haderthauer)‘ konnte ich – trotz höchstpersönlicher Dateninhalte – damals den Willen zu einer wirklichen parlamentarischen Kontrolle feststellen.

Das hier ist brüskierend und verstörend anders: Diese kategorische Blockadehaltung und die Rechtsansichten würden dazu führen, dass Regierungshandeln nicht mehr aufklärbar wäre. Die schwarz-orange Koalition erweist dem Parlamentarismus und der Gewaltenteilung damit missbräuchlich einen Bärendienst. Einen derart demonstrativ herablassenden Umgang mit parlamentarischen Minderheitsrechten lehnen wir entschieden ab. Im Sinne der parlamentarischen Kontrollfunktion und des Aufklärungsauftrages, einen möglichen desaströsen Umgang mit Steuergeldern zu ermitteln, sind wir gezwungen, dies verfassungsgerichtlich klären zu lassen. Damit wollen wir weiteren Schaden für die Rechtskultur abwenden. Das ist kein Wahlkampfmanöver, sondern dringend gebotene parlamentarische Fürsorge für Recht, Ordnung und Gewaltenteilung in einer Demokratie.“

Dazu Sebastian Körber, Vorsitzender des Bauausschusses, Sprecher für Bauen und Wohnen der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag: „Wir müssen den Nebel lichten – und zwar so schnell als möglich. Da die Regierungsfraktionen im Untersuchungsausschuss uns ständig Steine in den Weg legen, gehen wir nun vor Gericht. Und ich bin mir sicher, der Bayerische Verfassungsgerichtshof wird unserem Antrag stattgeben. Die Argumente der Regierungsfraktionen sind verfassungsrechtlich nicht tragfähig. Das Parlament hat auch in Bayern die Kontrollfunktion der Staatsregierung inne. CSU und Freie Wähler nehmen diese Rolle offensichtlich nicht ernst. Das Recht auf Aktenvorlage gehört zum Kern des Untersuchungsrechts. Alle Informationen, die dazu beitragen können, das Puzzle zusammenzusetzen, müssen uns zur Verfügung gestellt werden. Nur wenn man es zusammensetzt, entsteht das notwendige Gesamtbild und es kann eine abschließende Gesamtbetrachtung vorgenommen werden.“

Die Klage umfasst:

  • Liste der Antragsteller
  • Feststellung des Zustandekommens der Ablehnung der Beweisanträge
  • Feststellung der:
    • Zulässigkeit der Beweisanträge
    • Zuständigkeit des Bayerischen Verfassungsgerichtshof
    • Antragsberechtigung der Antragsteller
    • Antragsgegner
    • Streitiges Rechtsverhältnis
    • Antragsbefugnis
  • Begründetheit
  • Ergebnis: Ablehnung der Beweisanträge hat das Recht der Antragsteller in ihrem Recht aus Art. 25 Abs. 4 BayVerf verletzt

*Zum Hintergrund: In der dritten Sitzung des Untersuchungsausschusses Museum des Bayerischen Landtags am 27. Februar 2023 wurden zwei Beweisanträge der Opposition von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Konkret ging es darum, Einsicht in die interne und externe Korrespondenz der Staatsregierung zur Prüfung durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof zu erhalten. Außerdem sollten die Akten der Staatsregierung, die die Bearbeitung von Antworten auf Anfragen der Landtagsabgeordneten enthielten, beigezogen werden. Im Anschluss an die Ablehnung hatte das Plenum auf Antrag von GRÜNEN, SPD und FDP über die beiden Beweisanträge zu entscheiden. Die Beweisanträge wurden am 7. März 2023 mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern abgelehnt. Die demokratischen Oppositionsfraktionen (Grüne, SPD und FDP) haben am 17. April 2023 ein Organstreitverfahren beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof mit Antrag auf Eilverfahren beantragt.