Umwelt | Natur

Anhörung zum 3. Modernisierungsgesetz

24. Juni 2025

Umweltverbände warnen vor Ausverkauf der Alpen

Unter dem Deckmantel der "Modernisierung" plant die Bayerische Staatsregierung derzeit massive Einschnitte bei Umweltprüfungen bei der Planung von Beschneiungsanlagen und Seilbahnen im hochsensiblen Alpenraum. 

Am 23. Juni 2025 fand deshalb auf Initiative der Grünen und der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag eine Verbändeanhörung zum entsprechenden Entwurf des 3. Modernisierungsgesetzes der Staatsregierung statt. Eingeladen waren alle Verbände, die Mitglieder im Bündnis „Rettet die Berge“ sind, sowie weitere Organisationen, die bereits schriftliche Stellungnahmen zum Gesetzentwurf abgegeben hatten.

Bei Gesetzentwürfen ist eine Verbändeanhörung vorgesehen. Mittels schriftlicher Stellungnahmen hatten die Fachverbände dabei bereits vor Monaten zahlreiche Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf der Staatsregierung aufgeführt. 

"Aber wie viele davon wurden von der Staatsregierung in den Entwurf aufgenommen?" fragte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Becher und gab die Antwort gleich selbst: "Kein einziger. Die Staatsregierung scheint also kein Interesse an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Fachverbänden zu haben." Dieses Vorgehen kritisierten auch die anwesenden Verbandsvertreter*innen als Zeichen eines fragwürdigen Demokratieverständnisses. "Angesichts der Hitze kommt man ja kaum auf die Idee, dass Skipistenförderung die richtige Antwort sein könnte", so Becher, "Tourismus muss zukünftig, angesichts der Klimakrise, im Einklang mit der Natur gedacht werden."

Stimmen der Verbände: Kritik am Gesetzentwurf

Christine Busch, CIPRA

Die Vertreterin der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA betonte, dass der Schutz der Alpen geltendes Recht sei – festgeschrieben in der Alpenkonvention. Die geplanten Änderungen würden zu einer weiteren Intensivierung der Nutzung führen und damit bewusst Artenverluste in Kauf nehmen. Die Paragrafen 9 bis 11 des Gesetzentwurfs verletzen aus Sicht der CIPRA bestehendes Recht und werden daher abgelehnt.

Steffen Reich, Deutscher Alpenverein (DAV)

Der DAV stellte klar, dass sich die Kritik des DAV nicht gegen den Skisport richtet, sondern gegen die Absenkung von Umweltstandards. Die geplanten Änderungen würden dazu führen, dass viele Projekte künftig keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mehr unterliegen – obwohl sie höchst sensible Naturräume betreffen. Der DAV warnte vor österreichischen Verhältnissen, wo die meisten Skigebietsprojekte ohne UVP umgesetzt werden.

Anne Raeder, Bund Naturschutz

Der Bund Naturschutz kritisierte die geplante Umstellung von „Kapazität oder Länge“ auf „Kapazität und Länge“ bei Seilbahnen als UVP-Kriterium. Dies würde viele Projekte aus der Prüfungspflicht herausnehmen. Die UVP sei ein modernes Instrument, das nicht nur einzelne Arten, sondern ganze Ökosysteme und den Menschen berücksichtigt. Die Reform stelle wirtschaftliche Einzelinteressen über den Schutz gemeinschaftlicher Werte.

Johannes Schnell, Landesfischereiverband (LFV)

Der LFV warnte vor negativen Auswirkungen auf Fließgewässer durch Wasserentnahmen für Beschneiungsanlagen. Gerade im Winter seien Gebirgsbäche besonders empfindlich. Die geplanten Lockerungen gefährden bedrohte Arten wie Bachforelle und Koppe und könnten als Blaupause für weitere Deregulierungen dienen. Ehrenamtliches Engagement werde durch den Gesetzentwurf entwertet.

Helmut Beran, Landesbund für Vogelschutz (LBV)

Der LBV sieht die Seilbahnförderrichtlinie eng mit dem Gesetzentwurf verknüpft. Viele Maßnahmen seien nur durch staatliche Förderung möglich – oft ohne wirtschaftliche Grundlage. Der LBV fordert die Abschaffung dieser Richtlinie und eine Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Förderungen mit der Alpenkonvention. 

Michael Schödl, LBV

Anhand der aktuellen Kreuzwankl-Baustelle zeigte Schödl auf, wie wichtig detaillierte Planungsunterlagen sind. Trotz UVP seien seltene Arten wie der Blauschillernde Feuerfalter gefährdet. Die Erfahrungen nach der Ski-WM 2010 zeigten, wie mühsam die Wiederherstellung von Naturräumen ist.

Sabine Rösler, Verein zum Schutz der Bergwelt

Rösler kritisierte, dass das Gesetz nicht mit Artikel 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes vereinbar sei. Rodungen im Bergwald seien grundsätzlich nicht mehr zuzulassen. Die Förderung von Skiliften führe zu Fehlanreizen, wie das Beispiel der Jännerbahn zeige – ein Projekt, das trotz hoher Investitionen, davon über 10 Millionen Euro an Steuergeld-Zuschüssen, mittlerweile für den Skibetrieb eingestellt wurde.

Johann Hartl, Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung 
(SRL) e.V.

Hartl bezweifelte, dass die geplanten Änderungen zu einer echten Entbürokratisierung führen. Vielmehr würden nur große Unternehmen profitieren, die sich Fachwissen einkaufen können. Die Politik der Staatsregierung sei erkennbar klientelgesteuert.

Tobias Ruff, ÖDP

Ruff wies auf die besondere Betroffenheit des Alpenraums durch den Klimawandel hin. Die Region brauche erhöhten Schutz, nicht weniger. Die UVP sei ein Qualitätssicherungsinstrument, das langfristig Kosten spare. Die geplanten Änderungen könnten zu einem Vertragsverletzungsverfahren durch die EU führen.


Gemeinsam mit „Rettet die Berge“ gegen Rückschritte beim Alpenschutz

Wir als Grüne Landtagsfraktion setzen uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, die umweltrechtlich bedenklichen Paragraphen des 3. Modernisierungsgesetzes zu verhindern. Gemeinsam mit dem Bündnis „Rettet die Berge“ kämpfen wir für den Erhalt unserer einzigartigen Naturräume und für eine zukunftsfähige Tourismuspolitik im Einklang mit der Natur. Mach mit und unterstütze unsere gemeinsame Petition!

Hier geht’s zur Petition: https://actionnetwork.org/forms/du-hast-es-in-der-hand-rettet-die-berge-kein-ruckschritt-beim-alpenschutz/