Neue Chancen für Geflüchtete
Martin Stümpfig und Rechtsanwältin Giannina Mangold luden Helfer*innenkreise und Interessierte zum neuen Chancenaufenthaltsrecht nach Feuchtwangen ein.
20. Dezember 2022
Bei diesem „Netzwerktreffen Asyl und Integration“ am 20.12.22 informierte Rechtsanwältin Mangold, die sich auf Migrationsrecht spezialisiert hat, zu den grundlegenden Änderungen im Aufenthaltsgesetz.
Unter den ungefähr 25 Gästen im Gasthaus Sindel-Buckel waren Geflüchtete, ehrenamtliche Helfer*innen, aber auch Vertreter der Stadt Feuchtwangen - Bürgermeister Ruh und Peter Jüdt, zuständig für Integration & Inklusion sowie der Integrationsbeauftragte des Landkreises Ansbach, Klaus Miosga. Zusätzlich nahmen zeitweise bis zu 12 Personen über den Livestream via YouTube auf dem Kanal von Martin Stümpfig teil.
Frau Mangold ging zunächst auf das neue Chancenaufenthaltsrecht, geregelt im neuen § 104c AufenthG, ein. Dieser gewährt allen Personen, die am 31.10.22 5 Jahre in Deutschland geduldet, gestattet, mit Aufenthaltstitel leben, einen Aufenthaltstitel für 18 Monate. Während dieser 18 Monate können in Ruhe die Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthaltstitel geschaffen werden, wie z.B. eine noch nicht bestätigte Identität mit einem Pass geklärt werden. Wichtig sei, dass es für die erforderliche Duldung nicht auf irgendein Papier ankomme, auf dem Duldung stehe, sondern dass tatsächlich ein Duldungsgrund vorliege. Hierüber werde in Zukunft sicher sehr gestritten werden. Zu beachten ist, dass diese dann gewährten 18 Monate nicht verlängert werden!
Straftäter sind ausgeschlossen, wenn sie rechtskräftig zu mehr als 50 Tagessätzen Geldstrafe oder 90 Tagessätzen bei Straftaten mit ausländerrechtlichem Bezug verurteilt wurden. Auch eine Identitätstäuschung kann ein Ausschlussgrund sein, wenn die Täuschung kausal dafür ist, dass nicht abgeschoben werden kann. Bei ungeklärter Identität werden auch die Zeiten der Duldung angerechnet. Und auch hier lebende Ehegatten, Lebenspartner*innen, Kinder bekommen zukünftig den Aufenthaltstitel, auch wenn sie noch nicht 5 Jahre in Deutschland sind. Insgesamt also sehr positive Auswirkungen.
Frau Mangold beleuchtete aber auch Probleme - seit Sommer wurden kaum noch Duldungen ausgestellt, sondern häufig nur noch Grenzübertrittsbescheinigungen, das sei nichts. Hier müsse auf Ausstellung einer Duldung gedrängt werden, notfalls mit Klage.
Die wichtigsten Änderungen in § 25a AufenthG betreffen die Verkürzung der bisherigen Voraufenthaltszeit von vier auf drei Jahre für gut integrierte Jugendliche, die zukünftig bis zum 27. Lebensjahr angewendet wird. Eine Ausnahmeregelung greift für Jugendliche oder junge Erwachsene, die aufgrund einer Einschränkung die schulischen Erfolge nicht erbringen können und Erwachsene erhalten statt bisher bei acht Jahren nun bei sechs Jahren, Familien bei vier Jahren, das Bleiberecht für so genannte „gut Integrierte“.
Anwendungshinweise für die Neuerung gibt es noch nicht, die Behandlung durch die zuständigen Ausländerbehörden muss abgewartet werden. Frau Mangold wies auch noch auf ein Schreiben des Innenministeriums vom 05.12.22 hin: Personen, die von neuer Regelung profitieren, sollen genau betrachtet werden. In diesem Zusammenhang empfahl die Rechtsanwältin, gegebenenfalls eine Verfahrensduldung zu beantragen, dann anschließend zeitnah im neuen Jahr den Antrag auf Chancenaufenthaltstitel zu stellen – in jedem Fall schriftlich, per Fax usw., um einen Nachweis zu haben.
In der anschließenden Fragerunde entstand eine lebhafte Diskussion zu Fragen, die vor allem den ehrenamtlichen Helfer*innen unter den Nägeln brannten.