Sozialpolitik

Anhörung zur Situation der Prostituierten in Bayern

Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Prostituierten

02. Juni 2022

Die Situation von Prostituierten in Bayern wurde im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie  beleuchtet.  Das Prostituiertenschutzgesetz trat am 1. Juli 2017 in Kraft und hat das Ziel, Mindestvorgaben zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Prostituierten zu schaffen. Das Gesetz beabsichtigt zudem die Verhinderung von organisierter Kriminalität, Menschenhandel und die Ausübung eines Zwangs in der Prostitution.

Ab Juli 2022 soll das Gesetz evaluiert werden. Diese Evaluation soll spätestens bis Juli 2025 in einem Bericht zusammengetragen werden. Diesen Evaluationsprozess werden wir begleiten, wollten aber nicht so lange warten und jetzt schon die Umsetzung der bundesgesetzlichen Vorgaben in Bayern eruieren. Sachverständige wurden aus verschiedenen Bereichen eingeladen und deckten Beratungsstellen, Sexarbeiterinnen, Polizei, eine Ärztin und Frauenrechtsorganisationen ab.

Das Prostitutionsgewerbe ist seit vielen Jahrzehnten in Deutschland legal. Es gibt neben Personen, die freiwillig diesen Beruf ausüben und dies seit vielen Jahren gerne tun eine große Anzahl an Menschen, die nicht freiwillig diesen Beruf ausüben und Ausbeutung, Zwang, Menschenhandel und Abhängigkeitsverhältnissen ausgesetzt sind. Aus der Anhörung ging heraus, dass Uneinigkeit bei den konkreten Zahlen herrscht, um das tatsächliche Lagebild beschreiben zu können. Verschiedene Statistiken wurden genannt, allerdings wurde eine standardmäßige Erhebung von Zahlen und wissenschaftliche Auswertung bemängelt. Das macht auch eine belastbare Analyse der vermeintlich freiwilligen und unfreiwilligen Prostitution schwierig. Für Bayern liegt die Zahl wohl zwischen der offiziellen Statistik von ca. 4.000 gemeldete Prostituierte und einem großen Dunkelfeld von mehr als 14.000.  

Beratungs- und Hilfsstrukturen müssen mehrsprachig angeboten, staatlich gefördert und in ganz Bayern flächendeckend ausgebaut werden – aktuell gibt es lediglich zwei staatlich-geförderte Beratungsstellen für Sexarbeiter*innen, in München und in Nürnberg. Forderungen nach niedrigschwelligen und unvoreingenommenen Ausstiegsmöglichkeiten und mehrsprachige Unterstützung bei beruflicher Umorientierung wurden erhoben. Eine mögliche Förderung von sogenannter Streetwork wurde vorgeschlagen. Für uns GRÜNE bleibt es wichtig, dass Menschen, die in der Prostitution arbeiten, Rechte und Schutz vor Stigmatisierung und Kriminalisierung haben. In diesem Bereich müssen die verschiedenen geschilderten Berufsbilder und Probleme differenziert betrachtet und Lösungsansätze mit Querschnittsperspektive entwickelt werden. Der Staat muss dafür sorgen, dass der legale Beruf mit guten Arbeitsbedingungen nachgegangen werden kann, dazu gehört eine verbesserte rechtliche und medizinische Situation der Prostituierten, sowie umfassenden Gewaltschutz.

Menschenverachtende Umstände an manchen Prostitutionsstätten wurden in der Anhörung geschildert. In Bayern wollen wir ein geschlossenes Aufdecken und Verhindern von Zwangsarbeit und Menschenhandel in Bayern. Von einem Sachverständigen wurde zum Beispiel die Schaffung von Spezialeinheiten vorgeschlagen. Die Verwaltungsbehörden und Polizeibehörden müssen als vertrauenswürdige Ansprechpartner*innen für Betroffene bereitstehen und als solche auch wahrgenommen werden. Die Diskussion in der Anhörung hat gezeigt, dass es an dieser Stelle Luft nach oben gibt. Vor allem ist die Nutzung von sogenannten „Scheinfreiern“, um Prostituierte in Sperrzonen zu locken und anschließend mit einer Strafe zu belegen fraglich, wenn es eigentlich um einen besseren Arbeits- und Gewaltschutz von Sexarbeiter*innen und vulnerablen Menschen geht.

Die Prostitution widerspiegele die Gesellschaft, hieß es in der Anhörung, die auch von gesamtgesellschaftlichen Fragestellungen zu Gleichstellungs-, Wohnungsmarkt-, Arbeitsmarkt-, Migration, Integrations-, Familien-, und Sozialpolitik betroffen ist. Somit bleibt eine Querschnittsperspektive bei dem Thema Sexarbeit geboten.