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„Gesund heranwachsen im digitalen Zeitalter“

05. November 2025

"Medienkompetenz ist der stärkste Jugendschutz, den es gibt.“

Die Landtags-Grünen machen Nägel mit Köpfen beim Jugendmedienschutz mit dem AntragMedienkompetenz statt Verbote: Kluge Lösungen für unsere Jugend im digitalen Zeitalter“. Wir sind überzeugt, dass symbolpolitische pauschale Verbote nicht zielführend sind. Unsere Forderung ist daher: Balance finden – Jugend schützen, ohne sie digital zu entmündigen. Das heißt: einen Rahmen setzen, der Überforderung, Manipulation und Suchtgefahren reduziert – und gleichzeitig Kompetenz und Selbstbestimmung fördert. 

Wie soll das konkret aussehen: 

Wir Grüne wollen eine ressortübergreifende Strategie „Gesund heranwachsen im digitalen Zeitalter“ aufsetzen, mit klaren Säulen: Bildung, Prävention, Regulierung, Forschung. Sie baut auf unseren „Schutzschild gegen Fake News“, bzw. Punkte Plan zur Bekämpfung von Informationsmanipulation auf.

Wichtigste Maßnahmen: 

  • Keine symbolpolitischen Verbote – stattdessen eine bessere Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ermöglichen, effektive Förderung von notwendigen Digitalkompetenzen als jugendpolitische Priorität vorantreiben. Wir wollen eine Rahmenstrategie „Gesundes Heranwachsen im digitalen Zeitalter“ einführen. Förderung von Medienkompetenz, Informationskompetenz, Nachrichtenkompetenz, Gesundheitskompetenz, Demokratiekompetenz uvw. in den Schulen, in Vereinen, der Jugendarbeit, Jugendzentren, usw.
  • Institutionelle und strategische Förderung von Medienkompetenz: Unsere Demokratie braucht kompetente Mediennutzer*innen. Die Medienkompetenz aller Menschen wird durch zielgruppengerechte Förderung gestärkt. Die verschiedenen Träger müssen mit ausreichenden Mitteln für die schulische und außerschulische Arbeit ausgestattet sein. Die aufsuchende Jugendarbeit muss gestärkt werden. Schüler*innen werden ausgebildet, sodass sie digitale Medien effektiv, effizient und kreativ im Privat- und Berufsleben einsetzen, sich mündig in der digitalen Welt bewegen und den digitalen Wandel selbst aktiv mitgestalten können. Pädagogische Fachkräfte müssen im Bereich Medienkompetenz aus- und weitergebildet werden. Die Vermittlung dieser Kompetenzen muss einer übergeordneten, ressortübergreifenden Strategie mit messbaren Zielen erfolgen.
  • Bessere Einhaltung von geltenden Regeln für die Tech-Riesen: EU muss im Zuge der Realpolitik an ihren eigenen Gesetzen festhalten. Zusätzlich brauchen wir endlich Transparenz bezüglich der Mechanismen zur Anzeige von Inhalten (die Algorithmen). Bußgelder sollen verhängt werden, wenn Gesetze nicht eingehalten werden.
  • Öffentlichkeitswirksame Kampagnen & Unterstützung für Eltern, Unterstützung für Pädagog*innen & Fachkräfte in Schulen und Jugendarbeit: Orientierung für Schulen in der Entwicklung von Handynutzungskonzepten, Verankerung von Digitalkompetenzen in allen Fächern, Fortbildungsangebote & Finanzierungssicherheit, Handlungsempfehlungen für Eltern/Familien. Dazu ein Fazit der DAK Studie: „Die Ergebnisse unterstreichen zudem die Bedeutung von psychischer Gesundheit, familiärer Umgebung und elterlicher Medienkompetenz im Zusammenhang mit problematischer Mediennutzung. Präventive Maßnahmen sollten nicht nur individuelle Regulationsstrategien der Heranwachsenden stärken, sondern auch auf familiärer und elterlicher Ebene ansetzen, um gesunde Mediengewohnheiten bei Kindern und Jugendlichen zu fördern.“   

Statements

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende:

„Wer glaubt, man schützt Kinder mit Symbolpolitik, unterschätzt das Internet – und unsere Jugend. Digitale Räume sind längst auch Lebensräume, darum darf unsere Antwort nicht Rückzug, sondern muss Verantwortung sein. Wir geben Kindern und Jugendlichen das Rüstzeug, sicher und kritisch durchs Netz zu gehen. Medienkompetenz ist der stärkste Jugendschutz, den es gibt.“

Benjamin Adjei, Sprecher für Digitales:

Zu Medienbildung:

„Medienkompetenz heißt nicht, Kinder fernzuhalten, sondern sie zu befähigen, Risiken zu erkennen und Chancen zu nutzen. Wir müssen Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, kritisch, kreativ und sicher mit digitalen Medien umzugehen. Nur wer digitale Räume versteht, kann sie auch gestalten. Echte Medienbildung stärkt unsere Jugend – Verbote schwächen sie. “

Zu Plattformregulierung: 

„Die Verantwortung liegt nicht bei den Kindern, sondern bei den Konzernen. Plattformen verdienen Milliarden mit der Aufmerksamkeit junger Menschen, übernehmen aber zu wenig Verantwortung für deren Schutz. Sie müssen endlich in die Pflicht genommen werden, ihre Systeme jugendgerecht, transparent und manipulationsfrei zu gestalten.“

Sanne Kurz, Sprecherin für Medien:

„Kinder müssen den Umgang mit digitalen Medien lernen – so wie man Radfahren lernen muss, wenn man sicher im Straßenverkehr unterwegs sein will. Wir setzen niemanden einfach aufs Rad und hoffen, dass schon nichts passiert neben der vierspurigen Straße. Genauso wie wir Regeln für Plattformen brauchen, müssen wir Kinder begleiten, anleiten und ihnen wichtige Regeln beibringen. Übung und sichere Rahmenbedingungen machen den Meister – Bildung, Schutz und Vertrauen sind stabile Leitplanken.“

Julia Post, Sprecherin für Jugend:

„Eltern wollen das Beste für ihre Kinder – und fühlen sich oft ohnmächtig gegenüber Algorithmen, die stärker ziehen als jedes gute Gespräch am Abendbrottisch. Genau deshalb brauchen wir verbindliche Regeln für die Plattformen und mehr Unterstützung für Familien. Wir wollen eine Balance finden: Kinder schützen, ohne sie digital zu entmündigen. Das heißt: einen Rahmen setzen, der Überforderung, Manipulation und Suchtgefahren reduziert – und gleichzeitig Kompetenz und Selbstbestimmung fördert.
Kinder brauchen Schutz im Netz – aber genauso echte Begegnungen jenseits des Bildschirms. Deshalb stärken wir analoge Räume, die Halt, Gemeinschaft und Orientierung bieten.“

Unsere Kritik an der Staatsregierung:

Die Staatsregierung kann vor allem im Bereich der Förderung von Medienkompetenzen mehr leisten. Unsere Demokratie braucht kompetente Mediennutzer*innen. Eigentlich sollten als Ergebnis des Digitalplans Bayern unsere Kinder mit digitalen Medien verantwortungsvoll umgehen können. Die Staatsregierung schreibt: „Wir werden sie dabei unterstützen, sich in der zunehmend digitalisierten Welt zurechtzufinden und diese geschützt zu erschließen.“ Wie das gelingen soll, ist auch Jahre später noch nicht beantwortet. Es wird lediglich auf den Medienführerschein und eine App „Goldie“ verwiesen. Diese zwei Angebote umfassen keine Rahmenstrategie, die auch die Dynamik der Veränderungen und Trendentwicklungen im digitalen Raum gerecht werden kann. Damit werden nicht verschiedene Altersgruppen abgedeckt, Eltern werden nicht sensibilisiert, und es findet keine ressortübergreifende Abstimmung und effektive Zusammenarbeit statt. Eine Strategie der Staatsregierung ist bisher nicht erkennbar. Es fehlt aus unserer Sicht ein zielführendes, messbares Gesamtkonzept, welches den Herausforderungen für Schulen, Erziehungsberechtigte/Familien und Gesellschaft insgesamt gerecht wird. 

Hintergrund: Die aktuelle Problemlage

Soziale Medien können Kinder und Jugendliche mit einem ständigen Vergleich mit unrealistischen Idealen konfrontieren. Gefilterte Bilder und perfekte Inszenierungen auf Plattformen wie TikTok können Selbstzweifel und Unzufriedenheit fördern. Cybermobbing, Cybergrooming an Schulen Hasskommentare und Gruppenzwang verstärken diesen Druck und können Angststörungen oder Depressionen oder andere Erkrankungen begünstigen.  

Außerdem sind Kinder und Jugendliche durch ihre Präsenz in öffentlichen und teils öffentlichen Räumen (wie zum Beispiel Social-Media-Plattformen wie Tiktok, Snapchat und Instagram sowie Games oder Gaming-Plattformen mit Kommunikationsfunktionen) zunehmend Gefahren von sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Die Proliferation von Desinformation und Propaganda in sozialen Medien spielt bei der zunehmenden Online-Radikalisierung von jungen Menschen in den Bereichen Rechtsextremismus, fanatischer religiöser Fundamentalismus, Misogynie, Queerfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus eine große Rolle. Die Radikalisierung von jungen Menschen findet fast ausschließlich im digitalen Raum statt und macht den Sicherheitsbehörden zu schaffen, wie das Innenministerium im Verfassungsbericht für das Jahr 2024 bekannt gegeben hat. 

Digitale Medien dominieren die Freizeit von Kindern und Jugendlichen. Dabei weist ein knappes Drittel der Jugendlichen eine problematische Internet- und Mediennutzung auf. Ein effektiver Jugendmedienschutz als Teilbereich von Kinder- und Jugendschutz hat im Kern folgende Aufgaben: den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor potenziell schädlichen Medieninhalten sowie die Förderung ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten und ihre gesellschaftliche und demokratische Teilhabe befähigen.  

Die Digitalisierung hat unsere Kommunikationsräume, die Informationsbeschaffung und den Konsum von Unterhaltung auf einige wenige große soziale Medienplattformen konzentriert. Die größten Herausforderungen durch soziale Medien sind die Beeinflussung von Wahlen und demokratischen Diskursen, rechtswidrige und strafbare sowie nicht altersgerechte Inhalte, digitale Gewalt und sicherer Datenschutz.