Gleichstellung und Queer

Queer in Bayern

Damals, heute und in Zukunft

10. März 2023

„Allein der deutliche Anstieg der Hasskriminalität gegen queere Menschen in Bayern muss für die Staatsregierung Grund genug sein, endlich aktiv zu werden gegen Diskriminierung von LSBTIQ* und für die Förderung von Akzeptanz“, sagt Florian Siekmann, queerpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Diese Informationen zieht die Fraktion aus der Antwort der Staatsregierung auf die Interpellation „Queer in Bayern – damals, heute und in Zukunft“. Zwischen 2010 und 2021 haben sich Delikte gegen queere Menschen versiebenfacht auf 88, während im gleichen Zeitraum die gesamte Hasskriminalität in Bayern um das Vierfache angewachsen ist.

„LSBTIQ* Personen werden in Bayern noch immer strukturell diskriminiert“, ergänzt Florian Siekmann und bezieht sich auf 253 Fragen, für deren Beantwortung sich der Freistaat fast ein Jahr Zeit gelassen hat. Insbesondere in den Themenfeldern Sicherheit, Beratungsinfrastruktur, Bildung und Gesundheit muss nun endlich gehandelt werden.

Florian Siekmann fordert, dass es endlich Ansprechpersonen bei der Polizei, explizit für Opfer queerfeindlicher Delikte geben muss. Dazu brauchen Anwärter*innen und Polizeibedienstete verpflichtende und ausführliche Aus- und Fortbildungsmodule, um für die Themen Homo- und Transfeindlichkeit zu sensibilisieren.

Bei der Beratungsinfrastruktur ist die derzeitige Förderung der Staatsregierung nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zwar investiert der Freistaat nach jahrelangem, massivem Druck durch die Landtagsopposition und die Zivilgesellschaft nun in ein Beratungsnetzwerk, allerdings sind die Angebote bisher noch sehr punktuell: „Wir brauchen in jedem Regierungsbezirk eine Schwerpunktberatungsstelle, die auch Angebote in den einzelnen Landkreisen umsetzen kann. Gerade für Jugendliche gilt: Die Beratung muss zu ihnen kommen, statt für ein Beratungsgespräch in die ferne Bezirkshauptstadt reisen zu müssen.“

Ein riesiges Manko ist auch im Bildungssektor vorhanden. Sämtliche Fortbildungsangebote sind freiwillig. „Dabei sitzt statistisch gesehen in jeder Klasse ein queeres Kind, ein*e queere*r Jugendliche*r. Lehrkräfte dürfen nicht unvorbereitet sein, wenn sich Schüler*innen outen und deswegen vielleicht gemobbt werden, oder sich diese vertrauensvoll an Lehrkräfte wenden, weil sie deswegen familiäre Probleme haben“, so Florian Siekmann.

Besonders eklatant sind die Mängel im Gesundheitswesen. Nicht nur, dass dies ein Schwerpunktbereich für Diskriminierungsfälle von queeren Menschen ist. Im psychosozialen Bereich gibt es keine flächendeckende, fachlich spezialisierte Versorgung. Trans* Menschen warten mitunter weit über ein Jahr auf ihr Erstgespräch bei Therapeut*innen in Fachpraxen. Das Thema LSBTIQ* ist in der Ausbildung in der Psychotherapie nicht fest verankert. Ein Risiko für Menschen, die sich in der vielleicht heikelsten Phase ihres Lebens befinden und therapeutische Hilfe benötigen. Die Konsequenz: homosexuelle Menschen sind vierfach, trans* Menschen sechsfach höher als der Durchschnitt gefährdet, einen Suizid zu begehen. Auch das Risiko schwerer psychischer Erkrankungen ist deutlich höher.

Bayern ist nach wie vor das einzige Bundesland, das keinen Aktionsplan für Vielfalt und Akzeptanz besitzt. CSU und Freie Wähler hinken allen anderen Bundesländern und dem Bund weiter hinterher, statt endlich mit der Community konkret Verbesserungen für LSBTIQ* festzuschreiben, zu finanzieren und Ergebnisse zu evaluieren.