Reden hilft, zuhören auch

Anlässlich der Woche der seelischen Gesundheit luden die Grünen zu einem Dialog über Psychische Gesundheit in den Landtag ein

18. Oktober 2019

Offenheit, Dialog, reden, zuhören – das ist aus unserer Sicht die Grundlage für einen positiven Umgang mit psychisch erkrankten Menschen. Betroffene leiden häufig noch immer unter Stigmatisierung und Tabuisierung im Umgang mit ihrer Krankheit. Es ist ein großes Anliegen der Grünen, gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Krankheiten in allen Lebensbereichen und -phasen anzukämpfen. Wir wollen offen darüber reden, treten für eine Entstigmatisierung der Betroffenen und Angehörigen ein.

Diese Aufgabe haben sich die Landtagsgrünen auf die Fahne geschrieben und im Rahmen der Münchner Aktionswoche für seelische Gesundheit 2019 zu einem Dialog Psychische Gesundheit „Reden hilft, zuhören auch“ am 11. Oktober in den Bayerischen Landtag geladen. Gemeinsam mit den drei grünen Abgeordneten Kerstin Celina (Sprecherin für Sozialpolitik und Psychische Gesundheit),  Christina Haubrich (Gesundheitspolitische Sprecherin) und Claudia Köhler (Haushaltspolitische Sprecherin) diskutierten Vertreter*innen der Ärzteschaft, Verbändevertreter*innen sowie zahlreiche Betroffene über Möglichkeiten im Umgang mit Betroffenen. Zu Gast war die Buchautorin und Bloggerin Dominique de Marné, die sich selbst als mental health advocat bezeichnet. Sie hat über ihre eigenen Erfahrungen berichtet und aus ihrem Buch „Warum Normal sein gar nicht so normal ist“ Textpassagen vorgetragen. Luca Zug und Vitus Rabe von MovieJam, einem Filmunternehmen von Münchner Schülern, haben ihren Film „Grau ist keine Farbe“ vorgestellt, der sich mit Depressionen bei Jugendlichen beschäftigt.

Um in einen gemeinsamen Dialog zu kommen, wurden die über 100 Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt. In den Gruppen wurde lebhaft diskutiert. Viele Betroffene haben von eigenen Erfahrungen in der Schule oder Arbeitswelt berichtet. In allen Gruppen zeigte sich, wie wichtig frühzeitige und zielgerichtetere Prävention ist. „Was wir brauchen sind niederschwellige Unterstützungsmöglichkeiten z.B. durch Ansprechpartner an Kindertageseinrichtungen, Schulen oder Universitäten, die vorurteilsfrei handeln“, so Kerstin Celina. Damit könnte auch die Vernetzung zwischen den Schulen gesteigert werden. Zudem wurde ausdrücklich betont, wie wichtig es sei, früh mit der Aufklärung über psychische Krankheiten anzufangen. Dominique de Marne erläuterte hierzu, dass sich psychische Krankheiten oft schon sehr früh im Leben entwickelten – 50 Prozent vor dem 14. Lebensjahr. Eine Ärztin bestätigte: „Es beginnt oft im Kindesalter und bleibt unbemerkt“.

Ein weiteres zentrales Thema war die Arbeitswelt. In einer zunehmend leistungsorientierten Gesellschaft ist es besonders wichtig, Betroffene und Angehörige mit Hilfsangeboten zu unterstützen. „Jugendliche Betroffene in der Ausbildung schaffen es oft nicht acht Stunden am Stück zu arbeiten, da müssen wir ansetzen, völlig vorurteilsfrei“. „Wir müssen ein anderes Verständnis für psychische Erkrankungen schaffen, es kann nicht sein, dass Betroffene in einer akuten schlechten Phase sich nicht trauen sich krank zu melden und das offen zu kommunizieren“, meinte Christina Haubrich. Hier setzen wir Grüne uns für eine zielgerichtete Gesundheitsförderung, besonders im Übergang von Schule und Arbeitswelt. Gleichzeitig muss es darum gehen den Lehrer*innen, Ausbilder*innern, Arbeitgeber*innen ein Handwerkszeug an die Hand zu geben. „Wenn ein Problem in der Schule aufploppt, müssen wir auch an diejenigen denken, die tagtäglich im Klassenzimmer stehen und die Kinder und Jugendlichen unterrichten“, so Claudia Köhler.

Allen Gruppen gemeinsam war die Erkenntnis, dass die Kommunikation über psychische Erkrankungen mit Betroffenen und Angehörigen das A und O ist. Solange wir weiterhin dieses Thema wegschieben, so tun als müsste jeder für sich alleine damit zurechtkommen, werden wir Psychische Erkrankungen nicht aus der Tabuzone holen, betonte Kerstin Celina.

„Kommunikation schafft Wissen“ – so lautet ein Leitspruch von Dominique de Marné. „Durch den Austausch erfahren wir, dass es anderen vielleicht genau so geht und lernen zu begreifen, dass wir nicht alleine sind. Damit wird Stigmatisierung aufgebrochen, die vielen Gesichter der Psyche angesprochen und die unterschiedlichen Wege im Umgang damit besprochen“.

Zur Frage wie das Thema politisch weiter auf der Agenda behalten werden kann äußert sich Claudia Köhler: „Schreiben Sie Ihren Politikern vor Ort, bleiben sie aktiv, schaffen sie eine Öffentlichkeit für das Thema! So lässt sich auch der Druck auf die Politik weiter erhöhen.“ Psychische Gesundheit ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, nicht nur für Betroffene.

Wir Grüne werden uns auch weiterhin dafür einsetzen Maßnahmen zur Früherkennung niederschwellig einzurichten, das gesamte Spektrum psychischer Erkrankungen im Blick zu haben und für die Reduktion und das Überwinden von Barrieren zur Inklusion psychisch erkrankter Menschen. Für den flächendeckenden Ausbau von Hilfen und Weiterentwicklung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder psychischen Krisen machen wir uns weiterhin vehement stark. Menschen in seelischen Krisen haben Anspruch auf fachkundige psychiatrische Hilfe, zeitnah und rund um die Uhr.

Anlässlich der Woche der seelischen Gesundheit luden Kerstin Celina, Christina Haubrich und Claudia Köhler zu einem Dialog über Psychische Gesundheit in den Landtag ein

Claudia Köhler diskutierte mit Vertreter*innen der Ärzteschaft, Verbändevertreter*innen sowie zahlreichen Betroffenen über Möglichkeiten im Umgang mit Betroffenen

Christina Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin, im Dialog mit ihrer Gruppe. Allen Gruppen gemeinsam war die Erkenntnis, dass die Kommunikation über psychische Erkrankungen mit Betroffenen und Angehörigen das A und O ist

Kerstin Celina, Sprecherin für Sozialpolitik und Psychische Gesundheit

Christina Haubrich, Claudia Köhler (links) und Kerstin Celina (rechts) mit der Buchautorin und Bloggerin Dominique de Marné (zweite von rechts)

Dominique de Marné hat über ihre eigenen Erfahrungen berichtet und aus ihrem Buch „Warum Normal sein gar nicht so normal ist“ Textpassagen vorgetragen