Rechtsextremismus

Solidarität mit den Opfern rechter Gewalt

Grüne fordern bessere Hilfen für Opfer rassistischer und antisemitischer Gewalt

27. November 2020

Mit einem umfassenden Antragspaket wollen die Landtags-Grünen die Situation von Opfern rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt verbessern und die Opferperspektive stärken. Zuvor wurden in Treffen mit den bayerischen Opferberatungsstellen Before und B.U.D., der Landeskoordinierungsstelle Rechtsextremismus und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) sowie mit den Hinterbliebenden und überlebenden Opfern des Oktoberfestattentats und des Attentats am Olympia-Einkaufszentrum deren Wünsche, Forderungen und Anliegen ermittelt.
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten ist im vergangenen Jahr um über 15 Prozent auf insgesamt 2.049 Vorfälle angestiegen. Jeden Tag ereignen sich also über fünf rechtsextreme Straf- und Gewalttaten in Bayern. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer in diesem Bereich. „Die Opfer dieser Taten fühlen sich oft mit den Konsequenzen und Folgen der Übergriffe allein gelassen“ erläutert Cemal Bozoglu, der Rechtsextremismusexperte der GRÜNEN Fraktion. „Sie stammen oft aus marginalisierten oder ausgegrenzten gesellschaftlichen Gruppen und haben teilweise wenig Vertrauen in Polizei und Justiz. Deshalb brauchen wir unbedingt eine unabhängige zivilgesellschaftliche Infrastruktur in diesem Bereich.“
Konkret fordern wir mit dem Antragspaket eine wissenschaftliche Untersuchung zu rechtsextremen und rassistischen Gewalttaten und Vorfällen in Bayern. Hintergrund ist eine sehr hohe Dunkelziffer bei rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Vorfällen, da viele Übergriffe erst gar nicht angezeigt werden, unterhalb der Ebene der Strafbarkeit bleiben bzw. in der Statistik nicht richtig als politisch motivierte Kriminalität erkannt und erfasst werden. Dies ist die Erfahrung der bayerischen Anlauf- und Beratungsstellen in diesem Feld, die deshalb auch Verbesserungen bei der behördlichen Erfassung rechter Taten fordern. „Wir brauchen unbedingt eine realistische Analyse und Bestandsaufnahme um dann die passenden Gegenmaßnahmen einzuleiten“ fordert Cemal Bozoglu. „Die Söder-Regierung macht einen groben Fehler und wird ihrer Verantwortung nicht gerecht. Sich lediglich auf die Zahlen der Sicherheitsbehörden zu verlassen reicht nicht aus!“
Wir fordern außerdem den bayernweiten Ausbau der unabhängigen, zivilgesellschaftlichen Beratungsangebote für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Bisher gibt es nur zwei solcher Anlauf- und Beratungsstellen: die gut ausgestattete, aber überwiegend städtisch finanzierte Before-Beratungsstelle in München und B.U.D. in Nürnberg. „B.U.D. ist nur mit drei Teilzeitstellen ausgestattet und soll damit ganz Bayern abdecken. Das ist unmöglich zu schaffen“, kritisiert Cemal Bozoglu. „Deshalb fordern wir den weiteren Ausbau dahingehend, dass wir zunächst in mindestens drei Bezirken Strukturen haben, welche bei Bedarf noch weiter ausgebaut werden sollten.“
Wir fordern darüber hinaus die Einrichtung einer unabhängigen Recherche- und Monitoringstelle zur Erfassung und Dokumentation rassistischer und rechtsextremer Vorfälle, Straf- und Gewalttaten. Vorbild ist dabei die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Bayern. RIAS leistet eine allseits anerkannte wichtige Arbeit und dokumentiert auch antisemitische Vorfälle jenseits der Grenze der Strafbarkeit. Sie dient den Betroffenen antisemitischer Angriffe, ihren Angehörigen und Zeug*innen als Anlauf- und Meldestelle für entsprechende Vorfälle und veröffentlicht in Absprache mit den Betroffenen Vorfälle in anonymisierter Form. Sie werden auf Wunsch an psychosoziale und juristische Opferberatungsstellen weiterverwiesen. „Ein analoges Angebot fehlt bisher im Bereich rechtsextremer und rassistischer Übergriffe. Auch diese gilt es gezielt zu erfassen und zu dokumentieren,“ erklärt Cemal Bozoglu.
In weiteren Anträgen fordert die Fraktion einen Härtefallfonds für Opfer von terroristischen und extremistischen Gewalttaten. Damit soll Opfern, Angehörigen von Opfern und Hinterbliebenen schnell und unbürokratisch geholfen werden. Außerdem fordern wir eine Überprüfung aller nicht aufgeklärten oder falsch zugeordneten Anschläge mit möglicherweise rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Hintergrund. Auch in Bayern gibt es immer noch zahlreiche Opfer rechter Gewalt die nicht offiziell als solche anerkannt werden.