Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen

Zur Situation des Grundwassers in Bayern

Zu hohe Einträge belasten das Lebensmittel Wasser

15. Juli 2021

Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat und Pestiziden hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, obwohl die europäische Wasserrahmenrichtlinie eine bessere Wasserqualität verlangt. Massive Trockenperioden in den letzten Jahren haben dazu geführt, dass in bestimmten Gebieten Bayerns die Grundwassermenge stark zurückgeht und damit dessen Nutzung gefährdet. Aus diesem Grund haben die Grünen im Landtag eine Expertenanhörung zur Situation des Grundwassers in Bayern beantragt.

Bis auf den Vertreter des Bauernverbandes sehen die zehn benannten Expert*innen die Lösung in einer anderen, grundwasserschonenderen Agrarpolitik.

Die bisher ergriffenen Maßnahmen zum Grundwasserschutz werden als unzureichend beschrieben und die aktuell getroffenen Maßnahmen zur Düngeverordnung überweigend für nicht ausreichend gehalten. Gerade in Gebieten mit vielen Mastbetrieben wird Stickstoff über das Futter zugekauft und dann als Gülle über die Felder wieder ausgebracht. Eine Überversorgung mit Stickstoff und entsprechende Nitratwerte im Grundwasser sind die Folge. Dies könnte durch eine restriktivere Genehmigungspraxis für große Mastställe und verstärkte Umstellung auf Ökolandbau behoben werden.

Die Expert*innen raten zu mehr und einer beschleunigten  Ausweisung von Wasserschutzgebieten zum Schutz des Trinkwassers. Dazu fehlt aber ausreichend Personal.

Auch die immer stärkere Nutzung des Grundwasser in Trockenperioden bereitet Grund zur Sorge. Von Professor Auerswald wurde die Entwässerung der Landschaft thematisiert. Durch dichte Dränagenetze und Gräben wird das Wasser schnellstmöglich aus der Agrarfläche entfernt. Die Folge sind eine reduzierte Grundwasserneubildung und verstärkte Hochwasser. Hier muss dringend reagiertwerden.

Eine falsche Agrarpolitik hat uns durch Fixierung auf Menge und Intensität der Bewirtschaftung in eine Sackgasse geführt. Die Entwässerung der Landschaft, Flächenversiegelung und Bodenverdichtung stören den Wasserhaushalt massiv. Die Bayerische Staatsregierung versagt bei dieser Aufgabe oder hat kapituliert. Eine dringende Umkehr ist nötig. Wir brauchen mehr Regenrückhaltung und für Wasser besser aufnahmefähige Böden. Drainagen gilt es zurückzubauen, Moore wieder zu vernässen, Hecken zu pflanzen, Regenwasser zur nutzen und Trinkwasser zu schützen. Hierzu ist dringend mehr Personal in den Ämtern nötig, denn die Trinkwasserschutzgebiete müssen umfassend an die reale Größe der Einzugsgebiete wirksam angepasst werden.

Stellungnahmen

Berthold Niehues vom DVGW:

Unsere Anliegen betreffen vor allem den derzeitigen Stand von Wasserschutzgebieten im Freistaat Bayern. Zum einen ist ein erheblicher Teil der Wasserschutzgebiete nicht ausreichend groß bemessen. Damit sind die bestehenden Schutzgebiete oft zu klein, um eine Resilienz gegen chemische und (mikro)biologische Beeinflussungen bspw. durch die Landwirtschaft oder Starkregenereignisse zu haben. Zum anderen dauert die (erneute) Ausweisung von Wasserschutzgebieten schlichtweg zu lange, weil u.a. die Verfahren zu komplex sind. Daraus resultiert, dass die bayerische Wasserversorgung oft ohne Planungssicherheit agieren muss und damit dringende Investitionen oft nur verzögert oder nicht vorgenommen werden können.

Aus den praktischen Erfahrungen der letzten 40 Jahre lässt sich sicher ableiten, dass in den Roten Gebieten die Maßnahmen der Düngeverordnung nicht ausreichen werden, um die Nitratbelastung des Grundwassers tatsächlich zu senken.


Dr. rer. nat. Kai Zosseder, Lehrstuhl für Hydrogeologie, Technische Universität München

In allen belasteten Gebieten besteht Handlungsbedarf. In erster Linie ist strikt auf die Einhaltung der DüV in allen Flächen zu achten.
Hier ist auch empfohlen an diesen Standorten einen verstärkten ökologischen Landbau zu betreiben, da viele der genannten Maßnahmen zur Verringerung der Nitratauswaschung bereits im Leitbild des ökologischen Landbaus integriert sind (geschlossener betrieblicher Nährstoffkreislauf, flächengebundene Tierhaltung, Festmist statt Gülle, standortgerechte Bewirtschaftung, etc..). Dafür sollten Anreize geschaffen werden, um das Grundwasser langfristig und nachhaltig von weiterem Eintrag schützen zu können.
Der Schutz des Grundwassers darf sich hierbei nicht nur auf den Einflussbereich von Trinkwasserversorgunganlagen beschränken, sondern sollte ganzheitlich wirksam sein, um auch jetzige Ressourcen für nachfolgende Generationen zu schützen. Es ist darauf hinzuweisen, dass Untersuchungen zeigen, dass der Nitratabbau in der Bodenzone unter bestimmten geologischen Gegebenheiten nur sehr verringert stattfindet. Das bedeutet auch, dass eine jetzige Verringerung des Eintrags erst viel später eine Verringerung der Konzentration im Grundwasser bewirken kann. Dies gilt es in der Beurteilung mit zu berücksichtigen

VKU Geschäftsstelle Bayern

Vielseitige anthropogene Einflüsse der letzten Jahrzehnte haben den natürlichen Wasserhaushalt verändert und kommen zusammen mit dem Klimawandel zunehmend zum Tragen. Für hydrogeologische Zusammenhänge und für lokale Versorgungssituationen ist dies zunehmend kritisch zu würdigen.
Bei der Analyse der Situation des Grundwassers in Bayern ist der mengenmäßige und der chemische Zustand nicht zufriedenstellend. Er muss kontinuierlich und vorbeugend in den Blick genommen werden. Es sind die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf diesen Zustand zu beachten und dafür weitergehend zu analysieren. Schon umfassendes Wissen zu Wechselwirkungen von Landschaftsveränderungen, Stoffeinträgen und Nutzungsweisen kommt noch nicht zufriedenstellend für vorsorgenden Wasserschutz zur Anwendung. Derzeit erleben wir zudem eine Aufeinanderfolge von sehr warmen und trockenen Jahren.

Technische Universität München

Prof. i.R. Dr. Dr. h.c. Alois Heißenhuber | Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenöknonomie Technische Universität München
Ein wirksamer Schutz von Grundwasser und Oberflächenwasser ist ohne umfassenden Schutz der Böden nicht denkbar. Böden sind ein zentraler Baustein im Wasserkreislauf, minimieren als Filter und Puffer den Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser und sind eine essenzielle Voraussetzung für den Wasserrückhalt in der Fläche. Gesunde Böden erleichtern die Infiltration von Niederschlagswasser in den Untergrund, ermöglichen Pflanzenwachstum durch die Speicherung von pflanzenverfügbarem Wasser im Boden und reduzieren Material- und Stoffeinträge in Gewässer. Der Schutz der Böden vor Versiegelung und Verdichtung, vor Schadstoffen und Erosion ist daher eine wesentliche Voraussetzung, insbesondere vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels, auch in Zukunft sauberes Grund-, Trink- und Oberflächenwasser in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Insofern ist der Schutz der natürlichen Ressourcen multifunktional. Aktuell steht der Klimaschutz sehr stark im Vordergrund, die vermehrt auftretenden Extremereignisse bezüglich Niederschlag und Temperatur rücken die Klimaanpassung noch stärker in den Vordergrund.