Wir bleiben dran! Grünes Antragspaket fordert Aufarbeitung der früheren Heimerziehung in Bayern

Punkte aus einer interfraktionell vom  Landtag verabschiedeten Resolution zur ‚Aufarbeitung der Situation ehemaliger Heimkinder in Bayern‘ aufgegriffen. Die GRÜNEN bestehen weiterhin auf einer konsequenten Aufarbeitung des den ehemaligen Heimkindern widerfahrenen Unrechts und Leids.

05. Februar 2016

„Als ein Teil dieser notwendigen Aufarbeitung muss nun endlich das schon lange versprochene Forschungsprojekt über das Unrecht in der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre und die langfristigen Folgeschäden bei den ehemaligen Heimkindern auf den Weg gebracht werden“ fordert die GRÜNE Sozialpolitikerin Kerstin Celina. Das Forschungsprojekt soll auch dazu dienen, noch vorhandene Unterlagen aus den Kinder- und Erziehungsheimen zu sichern. Im Beirat der bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder wird schon seit längerem über die Inhalte eines Forschungsprojektes beraten. Prof. Dr. Heiner Keupp, vom Departement für Psychologie der Ludwig-Maximilian-Universität in München, hat schon im Sommer 2015 anlässlich einer Landtagsanhörung ein mögliches Konzept für eine solche Studie vorgelegt. „Uns ist es wichtig, endlich ein Forschungsprojekt in Auftrag zu geben und einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung zu haben“, fordert Kerstin Celina. „Ein mögliches und dringend notwendiges Forschungsprojekt darf nicht an der Finanzierung scheitern.“

Die GRÜNEN fordern auch weiterhin Alternativen zur Heimunterbringung für pflege- und betreuungsbedürftige ehemalige Heimkinder. „Viele Betroffene wollen im Alter auf keinen Fall in einem Altersheim leben und formulieren den berechtigten Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben im Alter“ so Kerstin Celina. „Bei einer Heim-Unterbringung gegen ihren Willen, droht den Betroffenen eine schmerzhafte Retraumatisierung.“ Die ehemaligen Heimkinder brauchen deshalb eine spezialisierte Anlauf- und Beratungsstelle sowie Alternativen für eine würdevolle Unterbringung bei Pflegebedürftigkeit. Dies wurde auch noch einmal im Dezember 2015 bei einem Runden Tisch zur Pflege bei ehemaligen Heimkindern im Landtag von allen Beteiligten bekräftigt. Für Kerstin Celina ist deshalb völlig klar: „Kein ehemaliges Heimkind darf gegen seinen Willen in einer stationären Altenpflegeeinrichtung untergebracht werden.“ Die Staatsregierung jedoch lehnt spezielle Beratungsangebote für pflege- und betreuungsbedürftige ehemalige Heimkinder ab. Sie hält die bestehenden Angebote der Pflegeberatung für ausreichend.

In einem weiteren Antrag fordert die GRÜNE Fraktion ein Präventionskonzept in der Kinder- und Jugendhilfe, welches die schmerzhaften Erfahrungen der früheren Heimkinder berücksichtigt. „Es gibt zwar bereits fachliche Empfehlungen des Landesjugendhilfeausschusses zur Heimerziehung, doch das Bekanntwerden immer neuer Skandale, wie zuletzt bei den Regensburger Domspatzen, zeigt, dass es auch nach den 50er und 60er Jahren und außerhalb der Heimerziehung gewalttätige Übergriffe und sexuellen Missbrauch gegen Jugendliche gegeben hat und immer noch gibt“, erläutert Kerstin Celina. „Wir brauchen vor allem wirksame Kontroll- und Beschwerdemöglichkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe. Die Einrichtung eines Landesheimrats ist hier ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir fordern auch weiterhin die Einrichtung von unabhängigen Ombudsstellen, die in Konflikt- und Krisensituationen intervenieren und die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber den Institutionen der Jugendhilfe vertreten können.“

Die Staatsregierung hat nun versprochen, dem Landtag noch einmal über den Stand der Umsetzung der Forderungen zur Aufarbeitung der Heimerziehung zu berichten. Außerdem wird der Sozialausschuss noch im März ein Fachgespräch zur Situation in der stationären Jugendhilfe veranstalten. Die Beschlussfassung über die GRÜNEN Anträge wurde solange zurückgestellt.