Bayern barrierefrei 2023: Grüne fordern ressortübergreifendes Gesamtkonzept

<p>Unser grüner Antrag, zeitnah ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept zur Umsetzung des von Ministerpräsident Horst Seehofer versprochenen Sonderinvestitionsprogramms ‚Bayern barrierefrei 2023‘ vorzulegen, wurde in dieser Woche im Sozialausschuss von der CSU abgelehnt. „Damit bleibt es bei dem politischen Stillstand, den wir bereits in der letzten Woche in der Landtagsdebatte zur Interpellation der SPD beklagt haben“, so die grüne Inklusionsexpertin <strong>Kerstin Celina</strong>. Auch die notwendigen Haushaltsmittel zur Umsetzung der Barrierefreiheit werden weiterhin verweigert.</p>

26. Juni 2015

Der grüne Antrag (Drs. 17/6947) zielte außerdem darauf, dem Landtag über die bisherigen Ergebnisse der von Seehofer persönlich eingerichteten interministeriellen Arbeitsgruppe zur Barrierefreiheit zu berichten. Diese Arbeitsgruppe hatte bereits im Juni 2014 unter Federführung des Sozial- und Innenministeriums im Ministerrat ein umfassendes Konzept zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms zur Beschlussfassung vorgelegt. Einen Beschluss hat es jedoch bisher nicht gegeben. Die vielversprechende Vorlage scheitere am Veto von Finanzminister Markus Söder. Kerstin Celina ist sich sicher: „Ohne Rückendeckung des Ministerpräsidenten hätte Söder niemals eine bereits ressortübergreifend abgestimmte Beschlussvorlage kippen können.“ Damit aber ist Seehofer höchstpersönlich wortbrüchig geworden. Angesichts der weitreichenden Ankündigung in seiner Regierungserklärung vom November 2013, Bayern bis 2023 im gesamten öffentlichen Raum und im gesamten ÖPNV barrierefrei zu machen, hätte er sich eigentlich im Kabinett für das vorgelegte Konzept einsetzen müssen.

Stattdessen hat sich der Ministerrat im letzten Sommer lediglich auf drei prioritäre Handlungsfelder verständigen können: Mobilität (Bahnhöfe und ÖPNV), Bildung (Schule und Kitas) und der Ausbau staatlicher Gebäude. Hierfür sind angeblich 204 Millionen Euro im Doppelhaushalt 2015/2016 eingestellt worden. „Doch auch hier handelt es sich leider nur um eine Mogelpackung“, beklagt Kerstin Celina. „Nur 10 Prozent der Summe, oder 20 Millionen Euro, sind tatsächlich zusätzliches Geld. Der Rest besteht aus alten Haushaltstiteln und weitergereichten Bundesmitteln.“

So handelt es sich bei den 60 Millionen Euro zur Anschaffung barrierefreier Niederflurbusse, um Bundesmittel zur Förderung des ÖPNV die seit Jahren im Haushalt stehen. Auch die angeblich zusätzlichen 20 Millionen Euro für den Ausbau der Bahnhöfe, sind lediglich alte Bundesmittel aus dem Kraftfahrsteuerverbund. „Im Bereich Mobilität gibt der Freistaat also keinen zusätzlichen Cent aus“, resümiert Kerstin Celina.

Ähnlich sieht es im Bereich der Bildung aus. Bei den angeblich zusätzlichen 22 Millionen Euro zum Umbau von Kitas und Schulen, handelt es sich lediglich um einen geschätzten Anteil aus den Zuweisungen des Freistaats nach dem Finanzausgleichsgesetz zum Bau neuer Schulen und Kitas. „Hier werden einfach die gesetzlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit umgesetzt“, erläutert Celina.  „Auch hier gibt der Freistaat also keinen zusätzlichen Cent aus, sondern erfüllt lediglich seine gesetzlichen Verpflichtungen.“

Ähnliches passiert im Bereich der staatlichen Gebäude. Auch hier wurden einfach fiktive 40 Millionen Euro aus den staatlichen Hochbaumitteln errechnet, die zur Umsetzung der baurechtlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit ausgegeben werden. Auch diese Summe basiert lediglich auf einer Schätzung. Nur bei den 17,5 Millionen Euro, die für den Ausbau von Bestandsgebäuden ausgegeben werden, handelt es sich tatsächlich um zusätzliche Mittel. „Bei weit über 1.000 staatlichen Gebäuden ist auch diese Summe lächerlich gering“, kritisiert Celina. Hinzu kommen noch zusätzliche 2,5 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit und Beratung.

Damit hat sich also Finanzminister Söder weitgehend durchsetzen können, der das gesamte Sonderinvestitionsprogramm im Rahmen der bereits vorhandenen Haushaltstitel abwickeln will. „Ein Sonderinvestitionsprogramm ohne zusätzliche Sondermittel ist jedoch Betrug und hat seinen Namen nicht verdient“, beklagt die grüne Inklusionspolitikerin. Bisher zeichnet sich für das Programm ‚Bayern barrierefrei 2023‘ eine Beerdigung erster Klasse ab. Die Ablehnung der Beschlussvorlage der interministeriellen AG im Ministerrat war auch eine schwere politische Niederlage für Sozialministerin Emilia Müller und Innenminister Joachim Herrmann. Die Grünen hätten deshalb eigentlich erwartet, dass die CSU-Sozialpolitiker ihrer eigenen Ministerin den Rücken stärken. Kerstin Celina appelliert noch einmal eindringlich an die Staatsregierung und CSU-Fraktion: „Die Umsetzung der Barrierefreiheit in Bayern darf nicht an der Finanzierung scheitern! Der Landtag muss deshalb dem Sozial- und Innenministerium den Rücken stärken. Die Vorarbeit der ressortübergreifenden AG darf nicht einfach im Papierkorb verschwinden!“