Frankenschnellweg: Keine genehmigungsfähige Planung

<p><strong>Gutachten im Auftrag der Grünen zeigt deutliche Grenzwertüberschreitung nach dem Ausbau:</strong> Somit liegt derzeit keine genehmigungsfähige Planung vor.</p><p><a href="/fileadmin/bayern/user_upload/ContentFiles/13-12-12_gutachten_frankenschnellweg.pdf">Laden Sie hier das gesamte Gutachten herunter.</a></p><p></p>

12. Dezember 2013

Zusammenfassung des Gutachtens

Aufgabenstellung

Mit Beschluss vom 20. Februar 2013 hat die Europäische Kommission den Antrag der Bundesrepublik Deutschland auf Fristverlängerung für das Erreichen der Stickstoffdioxid-Grenzwerte für 33 deutsche Städte bzw. Regionen abgelehnt. In Bayern ist neben München und Augsburg auch der Ballungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen betroffen. Obwohl sich beim Planfeststellungsverfahren abzeichnete, dass durch den Ausbau des Frankenschnellwegs in Nürnberg die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) nicht eingehalten werden können, wurde von der mittelfränkischen Regierung der kreuzungsfreie Ausbau genehmigt. RegioConsult, eine Fachagentur für Verkehrs- und Umweltplanung, erhielt daher von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag den Auftrag einer Neubewertung der Schadstoffuntersuchung. Anhand dieser soll aufgezeigt werden, welche Probleme bei der Ermittlung der Immissionsbelastung von Verkehrswegen bestehen.

Grundsätzliche Planungsfehler

Die erste Kritik setzt bereits bei der Planung an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Wohnbereiche südlich der Karlsruher Straße ungeschützt bleiben sollen. Der geplante Tunnel mit zwei separaten Röhren und zwei Fahrspuren je Röhre mit einer Gesamtlänge von etwa 1800m hätte aus Immissionsschutzsicht verlängert werden müssen.

Veraltete Datenquellen

Maßgebend für die Ermittlung künftiger Belastungen ist die korrekte Vorbelastung an dem zu untersuchenden Ort. Als Grundlagen für die Ermittlung der Vorbelastung, dienten die Ergebnisse der Immissionsmessungen im Umfeld des Frankenschnell-wegs 2002-2004 des Chemischen Untersuchungsamtes Nürnberg, obwohl im Umfeld aktuellere Messergebnisse des Bayerischen Landesamtes für Umwelt verfügbar waren.

Zu hohe Windgeschwindigkeiten

Von entscheidender Bedeutung ist die mittlere Windgeschwindigkeit am Untersuchungsort, von ihr hängt ab, in welchem Maße es zu Verdriftung und Verteilung der Schadstoffe im weiteren Umfeld kommt. Die in den Planfeststellungs-unterlagen angenommene Windgeschwindigkeit von 3,1 m/s ist jedoch viel zu hoch. In der nördlich an die Werderau angrenzenden Nolpitsch-/Ulmenstraße beträgt die mittlere Windgeschwindigkeit nur 1,9 m/s (Fortschreibung des Luftreinhalteplans Reg. von Mittelfranken). Folge ist, dass die Schadstoffbelastung im Umfeld des Frankenschnellwegs, z.B. am Tunnelausgang, erheblich unterschätzt wurde.

Ungenaue Angabe zu den Lärmschutzwänden

Hier wurde festgestellt, dass die Höhenangaben differieren. Im Schallgutachten von Brenner & Münnich sind für den Abschnitt östlich Georg-Hagerstr. bis ca. Rosenplützstr. Wandhöhen von zwei bis vier Meter eingetragen. Bei der Immissionsberechnung wurden hier fünf Meter angenommen. Dadurch erhöht sich ggf. die Schadstoffimmission im Abschnitt östlich Georg-Hagerstraße – Kreuzung Rothenburger Straße (Tunnelanfang). Außerdem gibt es z.B. für den Bereich Tunnelportal bis Kreuzung Nopitschstraße Angaben zu Lärmschutzwänden mit sehr großen Intervallen (zwei bis acht Meter), die keine genaue Immissions-Berechnung erlauben.

Falsche Geschwindigkeitsangaben

Für den Bereich Nürnberg Werderau wurde im Nullfall 60 km/h t (obwohl dort in Fahrtrichtung Hafen schon jetzt Tempo 80 gilt) und im Planfall 80 km/h angesetzt. Dadurch ergibt sich für den Planfall eine geringere Schadstoffbelastung aufgrund des flüssigeren Verkehrs.

Deutliche Grenzwertüberschreitungen bei Feinstaub und Stickstoffdioxid

Der Hinweis in den Planfeststellungsunterlagen, dass bei der Feinstaubbelastung erst ab einem Partikel-Jahresmittelwert von 30 µg/m³ davon auszugehen ist, dass die höchstens zulässige Anzahl von 35 Tagesmittelwertüberschreitungen innerhalb eines Jahres erreicht wird, ist nicht Stand der Wissenschaft. Deshalb ist die Annahme im Planfeststellungsbeschluss, dass bei einem Jahresmittelwert von 28 µg/m³ der Grenzwert immer eingehalten wird, schlicht falsch.

Daneben gibt es unerklärliche Differenzen zwischen den berechneten Jahresmittelwerten und den Werten, die die Regierung von Mittelfranken in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans angibt. <o:p></o:p>

 

Auch die Ergebnisse für die Überschreitungen der Tagesmittelwerte bei Feinstaub sind zum Teil nicht nachvollziehbar. So weist die Darstellung für die Abschnitte Mitte 1 (Bereich Tunneleingang bei der Kreuzung Rothenburger Straße) und für den Abschnitt Mitte 5 (Tunnelportal bis Kreuzung Nopitsschstraße) keine Überschreitung für den Modellfall aus, obwohl hier mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die zulässige Anzahl von 35 Überschreitungen innerhalb eines Jahres erreicht wird. Und dies erst recht, wenn man die korrekte, nämlich geringere, Windgeschwindigkeit zugrunde legt.

Zudem ist festzuhalten, dass für alle Bereiche in Mitte bei Stickstoffdioxid mindestens 4 µg/m³ auf die ermittelten Belastungen aufzuaddieren sind, womit überall deutliche Überschreitungen zu erwarten wären. Die Bewertung, es käme nur noch zu lokalen Spitzenkonzentrationen, ist für RegioConsult unbegreiflich.

Deutliche Mängel am neuen Berechnungsverfahren

Für die Prognose für 2020 wurde das Modell der neuen Richtlinie zur Ermittlung der Luftqualität an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung (RLuS) herangezogen. Dieses Modell kann jedoch im Untersuchungsgebiet überhaupt nicht angewendet werden, weil die Bedingungen dafür nicht erfüllt sind:

  • So müssten die Lücken innerhalb der Randbebauung größer als 50 % (trifft im Bereich Pettenkoferstraße nicht zu) und
  • die Abstände zwischen den Gebäuden und dem Fahrbahnrand größer als zwei Gebäudehöhen (z.B. in Werderau nicht erfüllt) sein.

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Vorbehalten gibt es aber auch hier schwerwiegende inhaltliche Mängel. Sogar die Nachberechnung der Zusatzbelastung für NO2 und PM10 unter Einsatz der gleichen Software ergab erhebliche Abweichungen. Zusätzlich beruhen diese Berechnungen auch auf viel zu niedrig angesetzten Vorbelastungen. Korrigiert man diese Werte (37 statt 33 µg/m³ NO2 und 27 statt 25 µg/m³ PM10), führt dies zum Ergebnis, dass der PM10-Grenzwert 47 Mal überschritten wird (bei 35 tolerierten Überschreitungen).

Daneben zeigt sich aber auch, dass sich im Vergleich zur Berechnung nach dem älteren Merkblatt die Zusatzimmission wegen der implementierten Reduktionsfaktoren erheblich geringer ausfallen. Diese berücksichtigen nämlich den geplanten Umbau im Fahrzeugbestand zu saubereren Fahrzeugen. Dieser Umbau geht aber zum einen nicht in der Geschwindigkeit vonstatten wie prognostiziert. Zum anderen führt der immer noch steigende Anteil der Dieselfahrzeuge am Kfz-Bestand sogar zu einer Erhöhung der NO2-Emissionen. Dies ist nicht nur auf die grundsätzlich höheren NO2-Emissionen von Diesel-PKW im Vergleich zu Ottomotoren zurückzuführen, sondern auch darauf, dass im realen Fahrbetrieb – nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes Österreich – deutlich höhere Emissionen auftreten als in den Prüfzyklen im Rahmen der Typengenehmigungen für Euro-Abgasnormen. <o:p></o:p>

Schlussfolgerungen

Aufgrund der dargestellten Mängel ist davon auszugehen, dass es entlang des gesamten Frankenschnellwegs – abgesehen vom Tunnelbereich – zu Grenzwertüberschreitungen kommt.<o:p></o:p>

Derzeit liegt keine genehmigungsfähige Planung vor. <o:p></o:p>

Die Anwendung der RLuS und der darin angenommenen Reduktionsfaktoren führt dazu, dass bei Auswirkungsprognosen von Bauprojekten die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV zumindest rechnerisch gewährleistet wird, obwohl die tatsächliche Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung weist.