Landwirtschaft und Ernährung

Pestizideinsatz halbieren!

Wieviel ist die Hälfte von unbekannt?

17. Februar 2022

Den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2028 halbieren zu wollen, kündigte Ministerin Kaniber im Mai 2021 vollmundig an. Und bekräftigte so das Ziel aus dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ von 2019. Doch mit dem Halbieren ist es so eine Sache: Für die meisten von uns ist klar, dass nur halbiert werden kann, was vorher ein Ganzes war. Wo ein halber Apfel liegt, gab es irgendwo auch einen ganzen Apfel. Doch was so einfach scheint, ist bei den chemisch-synthetischen Pestiziden, die in der Landwirtschaft, im Gartenbau, bei den Kommunen, Straßenämtern oder im Privatgarten eingesetzt werden, ungleich komplizierter. Um im Bild zu bleiben: Die Staatsregierung weiß nicht genau, wie groß der ganze Apfel ist. Sie weiß nicht, welche Mengen an Pflanzenschutz-Chemie landesweit tatsächlich ausgebracht werden. So lautet jedenfalls die Antwort auf unsere Anfrage, wie das 2028ger-Ziel erreicht werden solle. Dieses Unwissen wollten wir mit unserem Dringlichkeitsantrag „Versprechen halten – Artenvielfalt retten – Pestizideinsatz halbieren“ beenden. In unserem Antrag fordern wir die Staatregierung auf, eine aussagekräftige Datengrundlage zu schaffen und die eingesetzte Giftmenge, bzw. dann die Hälfte davon, zu ermitteln. Dazu könnten Aufzeichnungen der Betriebe in anonymisierter Form, Daten der Marktforschung, Statistik oder Informationen des Pflanzenschutzdienstes verwendet werden. Kein wirklich großer Aufwand, da alle Zahlen nur zusammengebracht werden müssten und auf jeden Fall lohnend. Geht es doch um das rasante Artensterben, an dem ein hoher Pestizideinsatz wesentlich beteiligt ist. Der Artenrückgang in der Agrarlandschaft ist ungebremst, Jahr für Jahr werden tonnenweise Pestizizde auf den Äckern verteilt, Jahr für Jahr sterben unzählige Insekten, Schmetterling, Bienen und Vögel an dieser Pflanzenschutz-Chemie.

Natürlich sehen wir es als gemeinschaftliche Aufgabe an, die Artenvielfalt zu schützen. Sie wird bereits von vielen Menschen in ihren privaten Gärten, in den Kommunen und in der Landwirtschaft angegangen. Bäuerinnen und Bauern legen Blühstreifen an, experimentieren mit Mischkulturen und Gehölzstreifen oder mindern mittels Technik und Digitalisierung die eingesetzte Pestizidmenge. Wir finden, die Menschen haben das Recht zu erfahren, mit welchen Zahlen die Staatsregierung hantiert. Unsere Forderung: Datenbasierte Grundlagen schaffen und keine pauschalen Halbierungs-Ankündigungen.

Unser Antrag wurde von den Regierungsparteien abgelehnt. In ihrem Gegenantrag verlegten sie sich auf einen Bericht zum Aktionsplan Pflanzenschutz 2028. Wir Grüne im Bayerischen Landtag beharren darauf, dass in Bayern mehr getan werden muss: Machen, nicht nur verkünden. Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg sind da schon weiter.