Gutachten des Obersten Rechnungshofs zur Lebensmittelüberwachung in Bayern

Grüne hatten recht: Totalversagen der Staatsregierung nun auch offiziell dokumentiert

18. Februar 2016


Nun ist es offiziell: Die Lebensmittelüberwachung in Bayern ist völlig unzureichend. Ein Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH) stellt der Bayerischen Staatsregierung ein vernichtendes Zeugnis aus: Deutlich weniger Kontrollen als vorgeschrieben und diese dann auch noch angekündigt, massive Verzögerungen bei den Laboruntersuchungen, kein abgestimmtes Vorgehen der einzelnen Behörden, Chaos bei den Zuständigkeiten und keine Absicherung gegen Korruption und Einflussnahme werden neben weiteren Kritikpunkten vom ORH angeprangert. Also genau das, was wir Grüne seit langem und besonders beim Skandal um Bayern-Ei kritisiert hatten.

Bayern-Ei war auch der Auslöser für das nun vorgestellte Gutachten. Die Bayerische Staatsregierung hatte über eineinhalb Jahre keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um die die immer wiederkehrende Lieferung von salmonellenverseuchten Eiern der Firma Bayern-Ei quer durch ganz Europa zu unterbinden. Obwohl Bayern-Ei als Quelle für die Salmonellen längst bekannt war und mehrere EU-Länder wiederholt darauf hingewiesen hatten, dass in ihren Ländern salmonellenverseuchte Eier von Bayern-Ei aufgetaucht sind und sie die Staatsregierung aufgefordert hatten, dies zu unterbinden, geschah fast nichts. Die Firma Bayern-Ei konnte über eineinhalb Jahre fast unbehelligt weiter produzieren und die Gesundheit unzähliger Menschen gefährden.

Die Grünen forderten immer wieder Berichte der Staatsregierung, wie so etwas geschehen konnte und forderten, diese Missstände abzustellen. Die derzeit zuständige Umweltministerin Ulrike Scharf und der bis September 2014 zuständige Umweltminister Marcel Huber hatten – entweder aus Unwissenheit oder aus Unwillen – immer wieder mitgeteilt, dass alles in Ordnung sei und die Bayerische Staatsregierung alles unternommen habe, was nach Recht und Gesetz möglich sei. Dass genau das nicht der Fall war, zeigt jetzt das ORH-Gutachten. Und gerade die Staatsregierung, die sich immer so gerne auf Recht und Gesetz beruft, hat sich hier mit allen bekannten Folgen, bis hin zur Gefährdung der Bevölkerung, gerade nicht daran gehalten.

Rosi Steinberger, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen: „Es war für jedermann offensichtlich, dass da etwas nicht stimmen konnte. Nur die bayerischen Umweltminister und die Staatsregierung haben das nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Deshalb haben wir so lange nachgebohrt, bis sie dem Obersten Rechnungshof den Auftrag geben mussten, die Lebensmittelüberwachung in Bayern in einem Gutachten zu untersuchen. Das Gutachten liest sich wie eine Watschn für die Staatsregierung. Alles, was wir seit Jahren kritisiert hatten, stellt sich nun als wahr heraus.“

„Anstatt sich um die Gesundheit der Menschen zu kümmern und dafür die Strukturen zu ändern oder mehr Personal bereitzustellen, wurden unsere diesbezüglichen Anträge allesamt mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt. Mit dem vernichtenden Gutachten bekommt die Staatsregierung jetzt die Quittung dafür“, so Rosi Steinberger.

Auch die von den Grünen laufend kritisierte Überwachung der so genannten Eigenkontrollen war nach dem ORH-Gutachten tatsächlich unzureichend. Diese Überwachung fand zum Teil überhaupt nicht statt, manche Betriebe führten überhaupt keine Eigenkontrollen durch oder meldeten die Ergebnisse der Eigenkontrollen einfach nicht an die Behörden weiter.

„Es ist unglaublich, dass es niemandem aufgefallen ist, dass das System auf Versagen ausgelegt ist. Aber ein echter Skandal ist, dass trotz der vielen Lebensmittelskandale in der Vergangenheit und den eineinhalb Jahre andauernden Geschehnissen bei Bayern-Ei als vorläufigem Höhepunkt niemand der Verantwortlichen auch nur Zweifel am System bekommen hat. Im Gegenteil: Das System wurde überschwänglich gelobt. Das alles muss massive Konsequenzen haben. Denn vieles hätte verhindert werden können, wenn die Staatsregierung sich rechtzeitig um den Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit gekümmert hätte, so wie wir es immer wieder gefordert hatten. Jetzt fängt mit diesem für die Staatsregierung vernichtenden Urteil diese Arbeit hoffentlich endlich an. Wir werden das genau verfolgen und begleiten.“

Aber: Leider scheint die Staatsregierung auch nach der Veröffentlichung des Gutachtens kein Interesse an den vom ORH empfohlenen dringend notwendigen Veränderungen zu haben. Umweltministerin Scharf erklärte am vergangenen Mittwoch, sie wolle jetzt erstmal eine Arbeitsgruppe einsetzen, die das Gutachten bewerten und dann geeignete Maßnahmen entwerfen solle. Und so schnell, wie sich die Opposition das wünsche, könne das alles nicht gehen.

„Wenn das jetzt schon wieder so weitergeht, ist der nächste Lebensmittelskandal vorprogrammiert“, befürchtet Rosi Steinberger. „Wie fragen uns aber auch, warum jetzt doch Maßnahmen entwickelt werden sollen, wenn doch alles perfekt gelaufen ist, wie uns immer wieder erklärt wurde. Es ist offensichtlich, dass die Staatsregierung und das Umweltministerium hier auf ganzer Linie total versagt haben. Und wie es aussieht, geht es auch so weiter.“