Misshandlung von Kindern in der Sekte "Zwölf Stämme"

Wir kritisieren mangelnde Aufklärung der Vorgänge in den bayerischen Sekten-Niederlassungen. Auf Antrag der GRÜNEN Landtagsfraktion berichteten in dieser Woche das Kultus- und das Sozialministerium im Sozialausschuss des Landtages über den Stand der Erkenntnisse zu den Hintergründen der Kindesmisshandlungen in den bayerischen Niederlassungen der Sekte ‚Zwölf Stämme‘.

24. Januar 2014

Nach einem spektakulären Fernsehbericht über die körperliche Züchtigung von Kindern in der Sekte, hatten die zuständigen Jugendämter Anfang September 40 Kinder aus den Standorten im schwäbischen Deiningen und im mittelfränkischen Wörnitz geholt und bei Pflegeeltern oder in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht.

„Für uns stellt sich die Frage, ob die zuständigen Behörden in der Vergangenheit die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern der Sekte in ausreichendem Maße wahrgenommen haben und ob sie in der Zukunft einen ausreichenden Schutz der Kinder gewährleisten werden,“ so die GRÜNE Sozialpolitikerin Christine Kamm. Glaubwürdige Hinweise von Sektenaussteigern auf die Misshandlung von Kindern lagen den Behörden bereits seit längerer Zeit vor. In der Presse wurde von systematischen Prügelstrafen und der Beschneidung Neugeborener durch Laien berichtet. Trotzdem verliefen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen gefährlicher Körperverletzung und der Misshandlung Schutzbefohlener im Sande. Auch die Untersuchungen der zuständigen Jugendämter, der Bezirksregierung von Schwaben und der staatlichen Schulaufsicht führten zu keinen Ergebnissen.

Das Kultusministerium hatte der Sekte im Jahr 2006 sogar die Erlaubnis zum Betrieb einer sog. Ergänzungsschule erteilt. „Schon damals war bekannt, dass die Sekte körperliche Züchtigungen für ein geeignetes Erziehungsmittel hält“, so die GRÜNE Fraktionsvorsitzende Margarete Bause. Die Sekteneltern hatten sich zuvor geweigert ihre Kinder auf eine staatlich anerkannte Schule zu schicken. Den Eltern wurden deshalb wegen permanenter Verstöße gegen die Schulpflicht zwar erhebliche Bußgeldforderungen gestellt,  allerdings wurden diese nur in geringem Umfang wirklich eingetrieben. „Die Genehmigung der Ergänzungsschule daraufhin ein großer Fehler“, kritisiert Margarete Bause.  „Für die Sekte war dies ein Signal, dass der Staat erpressbar ist.“

Anlässlich der Debatte im Landtag haben sich die Zwölf Stämme mit einem Brief an die Abgeordneten des Landtages gewandt. Dort rechtfertigen sie noch einmal mit religiös verbrämten Argumenten die Prügelstrafe als Mittel der Kinderziehung. Schließlich sei in Bayerns Schulen ja bis zum Jahr 1980 auch noch der Rohrstock zum Einsatz gekommen. „Hier zeigt sich die völlige Uneinsichtigkeit der Sekte“, so Margarete Bause. „Kinder werden nicht als eigenständige Rechtssubjekte mit eigener Würde ernst genommen.“ In Zukunft erwarten die GRÜNEN ein strengeres Vorgehen von den staatlichen Aufsichtsbehörden. „Der Staat hätte hier früher klare Grenzen setzen müssen. Die betriebene Konfliktvermeidung war die falsche Strategie“, resümiert Christine Kamm.