Integration und Migration

„Hilferufe der Frauen und Mädchen ernst nehmen und handeln“

Sachverständigen-Anhörung „Gewaltschutz in bayerischen Flüchtlingsunterkünften“ auf Initiative der Landtags-Grünen am Donnerstag, 24. November 2022, im Verfassungsausschuss.

23. November 2022

Am Donnerstag, 24. November 2022, findet im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration die Sachverständigen-Anhörung „Gewaltschutz in bayerischen Flüchtlingsunterkünften“ statt. Auf Antrag der Landtags-Grünen kommt hier sowohl eine Betroffene als auch Expertinnen und Experten aus der Praxis zu Wort, die tagtäglich mit Gewalt gegen Frauen und Mädchen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften zu tun haben.

2021 gab es laut Kriminalstatistik knapp 1.000 gemeldete Übergriffe auf Frauen und Mädchen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften. „Die aktuell hohen Flüchtlingszahlen, die vollen Unterkünfte und die Auswirkungen durch der Corona-Pandemie lassen nur das Schlimmste vermuten. Hilfsprojekte, soziale Organisationen und das Münchner Aktionsbündnis für geflüchtete Frauen schlagen bereits seit langem Alarm, dass die Dunkelziffer der Übergriffe in bayerischen Flüchtlingsunterkünften sehr viel höher ist als die offiziellen Zahlen der Kriminalstatistik. Wir müssen die Hilferufe der betroffenen Frauen und Mädchen endlich ernst nehmen und handeln!“, mahnt Gülseren Demirel, flüchtlingspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen.

Die meisten Übergriffe auf Frauen und Mädchen in den bayerischen Flüchtlingsunterkünften waren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wie Vergewaltigungen, sexuelle Nötigungen und sexueller Missbrauch. Wegen des hohen Anteils von Frauen und Kindern, die vor dem russischen Angriffskrieg auch nach Bayern geflohen sind, und des neuen Stroms Geflüchteter aus anderen Ländern fordert Gülseren Demirel umgehend zum Handeln auf: „Die Staatsregierung muss dringend ein besseres, flächendeckendes Hilfe- und Unterstützungssystem für alle Frauen und Mädchen, die Gewalt erleben oder davon bedroht sind, installieren – unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status, ihrem Herkunftsland, ihrer Sprache oder wo sie leben. Gerade die Frauen und Mädchen in Flüchtlingsunterkünften können sich nicht selbst schützen. Sie sind darauf angewiesen, dass die Staatsregierung für mehr Sicherheit sorgt. Gewalt- und Flüchtlingsschutz müssen Vorrang gegenüber Abschreckung und Isolation haben.“

Die Landtags-Grünen fordern mehr Schutzmaßnahmen, für alle zugängliche Gewaltschutzstellen und unabhängige Ombudspersonen. Auch die von Deutschland unterzeichnete Istanbul-Konvention und die von der Bundesregierung aufgestellten Mindeststandards für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünfte verlangen mehr Einsatz von der Staatsregierung in Bayern.

Das Bayerische Schutzkonzept der Unterbringungsverwaltung zur Prävention von Gewalt bleibe ein reines Lippenbekenntnis, wenn der Zugang zu Schutzeinrichtungen und den wenigen Anlaufstellen aufgrund von Residenzpflicht, prekärem Aufenthaltsstatus und ungeklärter Finanzierung für die betroffenen Frauen und Mädchen zum Hürdenlauf wird, kritisiert Gülseren Demirel.

Hinweis:
Direkt vor der Anhörung im Landtag am Donnerstag, 24. November, organisiert der Bayerische Flüchtlingsrat gemeinsam mit dem Aktionsbündnis für geflüchtete Frauen, Ärzte ohne Grenzen sowie Beratungsstellen um 9 Uhr eine Kundgebung am Maxmonument. Unter den Teilnehmer*innen sind auch von Gewalt betroffene, geflüchtete Frauen, die von ihren Erfahrungen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften berichten. Gülseren Demirel, Initiatorin der Anhörung im Landtag, ist unter den Redner*innen. Bild- und Tonaufnahmen von den Beteiligten vor Ort sind möglich.