Integration und Migration

Expert*innen kritisieren ANKER-Zentren für Flüchtlinge

Die bayerischen Ankerzentren für Flüchtlinge sind höchst umstritten – das hat nun auch eine Anhörung im Landtag gezeigt.

26. September 2019

 

Auf Initiative der Landtags-Grünen hat der Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration im Bayerischen Landtag Expert*innen zu einer Anhörung und Diskussion über die ANKER-Einrichtungen geladen. Die Expert*innen haben deutliche Kritik an dem Konzept der Staatsregierung geäußert und die Kritikpunkte der Grünen Fraktion vollumfänglich wiederholt. 

Die Sachverständigen legten in der Anhörung dar, dass die Restriktionen in den Einrichtungen, wie Sachleistungsprinzip, Arbeitsverbote und Residenzpflicht, die Betroffenen stark belaste. Die Umstände der Unterbringung führen zu Anspannungen und die periphere Lage der Einrichtungen zu einer Ausgrenzung aus der übrigen Bevölkerung. So gebe es keine Möglichkeiten, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Die unselbstständige Lebensführung in den Einrichtungen wirke sich besonders nachteilig auf Kinder und Familien aus. Das Recht auf Ruhe, das Recht auf Privatsphäre, das Recht auf seelische Gesundheit und auch das Recht auf Betreuung bei Behinderung werde nicht umgesetzt.  Oft verschlechtern sich während des Aufenthalts in den ANKER-Einrichtungen die Krankheitsbilder. Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Daniel Drexler sprach sogar von einer strukturellen Gefährdung des Kindeswohls. Zudem sei die Unterbringung in ANKER-Einrichtungen mitursächlich für Spannungen und Straftaten.

Dagegen befürworten die Expert*innen aus der Praxis und Wissenschaft die Unterbringung von Flüchtlingen in kleineren, dezentralen Unterkünften mit abschließbaren Zimmertüren. Den Bewohnern sollte Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglicht werden.

Viele der aufgeworfenen Fragen lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt aus wissenschaftlicher Sicht (noch) nicht seriös beantworten. Einerseits liegt noch keine Datenbasis für eine umfassende Evaluation vor und andererseits sind viele auch rechtliche Fragen hinsichtlich der genauen Ausgestaltung der ANKER-Einrichtungen noch ungeklärt.

Gülseren Demirel, asylpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, sieht sich nach ihrem Besuch aller ANKER-Einrichtungen bestätigt und appelliert noch einmal an die Staatsregierung die inhumane Flüchtlingspolitik zu beenden. Viele Menschen in Bayern unterstützen die Geflüchteten bei der Integration – daher verlangen wir GRÜNE die Kasernierungen zu beenden und stattdessen wirksame Integrationsmaßnahmen zu fördern. Gülseren Demirel kündigte nun an ein Antragspakt einzubringen und fordert zugleich eine gründliche Evaluation nach wissenschaftlichen Standards und unter verschiedenen Aspekten, wie sie die Schweiz im Zuge der Asylverfahrensreform begleitend zur Umsetzung der Maßnahmen durchgeführt hat.