Spracherwerb für Flüchtlinge: Koordinieren und vereinheitlichen!

<p>„2016 wird in Bezug auf die Integrationspolitik ein anstrengendes, ein forderndes Jahr. Ich appeliere über alle Parteien hinweg an die Verantwortlichen, Strukturen aufzubauen, mit denen wir in der Flüchtlingspolitik die Themen Schule, Bildung und Spracherwerb managen können.“</p>

10. Februar 2016

Diesen Apell formulierte Jens Marco Scherf, Landrat aus dem Kreis Miltenberg, beim zweiten Vernetzungstreff Integrationspolitik, zu dem die Grünen in den Bayerischen Landtag geladen hatten. Über drei Stunden diskutierten Grünen Landes-und BundespoltikerInnen mit der Basis aus den Landkreisen und Kommunen. Schwerpunkt war diesmal das Thema Sprache.

„Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“, sagte eine Kommunalpolitikerin. Die Liste der Schwierigkeiten, mit denen die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort kämpfen müssen, war entsprechend lang: Es gibt keine einheitlichen, koordinierten Sprachkurse, die flächendeckend angeboten werden. Wer auf welchem Weg die deutsche Sprache lernt, wird in jedem Landkreis anders gehandhabt. Eine Koordinierung zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Lehrinnen und Lehrern findet gar nicht oder sehr selten statt.  Klar ist derzeit nur, dass Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran, dem Irak und aus Eritrea sofort einen offiziellen Deutschkurs besuchen dürfen. Diese Ungleichbehandlung führt jedoch vor Ort oft zu Unruhen, weil diese Auswahl anderen Flüchtlingen schwer zu erklären ist. Zudem reicht die Zahl der offiziellen Deutschkurde bei weitem nicht aus. Ein großes Problem ist weiterhin die unzureichende Zahl ausgebildeter Lehrerinnen und Lehrer mit der Qualifikation „Deutsch als Zweitsprache“. Immerhin würden Weiterbildungen nun auch durch das BAMF bezuschusst, wusste eine Teilnehmerin zu berichten.

Integrationszentren in allen Landkreisen und Städten

„Die Kommunen benötigen Integrationszentren, deren Arbeit vom Freistaat unterstützt werden soll. Hier werden Programme und Projekte entwickelt  und gemeinsam mit den Akteuren vor Ort umgesetzt. Integrationsarbeit braucht klare Ansprechpartner und Strukturen“, forderte Christine Kamm, MdL und asylpolitische Sprecherin der Grünen in Bayern. Jürgen Mistol (MdL), Sprecher für Kommunales und Wohnen ergänzte: „Außerdem müssen unsere Ehrenamtlichen besser unterstützt werden.“ Auch Beate Walter –Rosenheimer (MdB), Sprecherin für Jugendpolitik betonte die große Bedeutung von Sprachkursen: „Wir fordern Sprachkurse für alle. Jeder Monat, den die Flüchtlinge in ihrer Unterkunft herumhängen, ist ein verlorener Monat.“

Nachdem die Gespräche mit der CSU über ein gemeinsames Integrationsgesetz gescheitert sind, kündigte die Fraktionsvorsitzende der Grünen in Bayern, Margarete Bause (MdL), den Entwurf eines eigenen Integrationsgesetzes der Landtagsfraktion für Bayern an.

Viele der Anwesenden klagten darüber, dass viele Flüchtlinge so schnell wie möglich die kleineren Gemeinden verlassen möchten. Dazu sagte Jens Marco Scherf: “Unser Ausbildungssystem mit all seinen Vorteilen ist bei den Flüchtlingen weitgehend unbekannt. Deshalb streben viele von ihnen in Ballungszentren, selbst wenn sie in einem kleineren Ort eine Ausbildungsplatz haben“. Hier müsse viel mehr informiert und aufgeklärt werden, so der Miltenberger Landrat.

Smartphone-App erleichtert Flüchtlingen den Neuanfang – in Augsburg bereits erfolgreich

Eine praktische und positive Hilfe sowohl für die Kommunen, als auch für die ankommenden Flüchtlinge ist die kostenlose Smartphone-App von Integreat, die Michael Mittag und Martin Schrempf erläuterten. Innerhalb von acht Monaten entwickelten Studierende und Mitarbeiter der Technischen Universität München gemeinsam mit "Tür an Tür" und dem Sozialreferat der Stadt Augsburg die kostenlose App für Flüchtlinge. Augsburg ist seit Ende 2015 die erste Stadt, die die App nutzt. Die Software soll als Open-Source-Programm jeder Stadt und Gemeinde zur Verfügung stehen. Lediglich das Sammeln und Einarbeiten der Daten müssen die Kommunen selbst erledigen.  „Die Einführung der App dauert etwa drei Monate“, berichtete Martin Schrempf. Die App gibt es in fünf Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi.

Hilfreiche Links:
gruene-bayern.de/fluechtlingshilfe/&nbsp; Best Practice: Unter diesem Link finden sie zahlreiche positive Beispiele aus den Kommunen.
integreat-app.de
Bericht: Cynthia Matuszewski