Innere Sicherheit, Recht und Justiz

Radikalisierung des OEZ-Amokläufers aufarbeiten

Der Amoklauf am Münchener OEZ muss auch als politisch motivierte Kriminalität rechts eingeordnet werden. Das fordern wir Grüne. Die Sicherheitsbehörden sollen den Radikalisierungsprozess des Täters David S. umfassend aufarbeiten und im Innenausschuss präsentieren. Wir haben beantragt, das sogenannte Manifest des Amokläufers David S. öffentlich zu machen.

14. Juli 2017

Die Schüsse am OEZ vor einem Jahr hielten die ganze Stadt in Atem. Neun Menschen starben. Viele weitere wurden schwer verletzt. In ihrem Abschlussbericht, der im März dieses Jahres vorgestellt wurde, sagten die bayerischen Ermittlungsbehörden, dass Mobbing das Motiv für die Tat sei. Schon damals wiesen Polizei und Staatsanwaltschaft auch darauf hin, dass David S. eine rassistische Einstellung hatte. Dennoch wurde die Tat nicht der politisch motivierten Kriminalität zugeordnet.

Gänzlich neue, bislang der Öffentlichkeit unbekannte Informationen zur Tat lieferten im Mai dieses Jahres die Antworten auf eine Schriftliche Anfrage von unserer Fraktionsvorsitzenden und innenpolitischen Sprecherin Katharina Schulze. Darin gewährte die CSU-Regierung erstmals Einblicke in das von David S. verfasste Manifest, einer Computerdatei, die er am 24. Juli 2015, ziemlich genau ein Jahr vor der Tat, erstellte. Im Bericht des CSU-Innenministeriums, den der Inspekteur der Bayerischen Polizei schon Ende April 2017 im Innenausschuss des Landtags gab, spielte das Manifest keine Rolle. Zu Unrecht, wie wir Grüne finden.

In dem zwei Seiten langen Dokument beschreibt der OEZ-Täter seine Gedankenwelt: Der Stadtteil Feldmoching-Hasenbergl sei nahezu komplett mit einem „Virus“ infiziert. Die „ausländischen Untermenschen“ mit meist „türkisch-balkanischen Wurzeln“ würden die „Kriminalität regieren“ und für die Destabilisierung des Stadtteils verantwortlich sein. David S. schreibt von „Kakerlaken, Untermenschen und Menschen, die er exekutieren werde“.

Was wir jetzt anhand des Manifests wissen, erschüttert die offizielle Version der CSU-Regierung vom Amoklauf, die darin die Rache eines Mobbingopfers sehen will. Es drängt sich uns Grünen die Frage auf, was die Tat des David S. von Verbrechen anderer rassistisch motivierter Einzeltäter wie Anders Breivik unterscheidet. Letzterer hatte auf den Tag genau fünf Jahre vor dem OEZ-Amoklauf bei den Anschlägen in Norwegen 77 Menschen getötet. Der Fall Breivik gilt als rechtsextremistisch motivierte Tat.

Unser Antrag – von der SPD unterstützt, die Freien Wähler enthielten sich – wurde von der CSU-Mehrheit im Innenausschuss abgelehnt. Offensichtlich ist die CSU nicht an weiterer Aufklärung interessiert. Die CSU tat unseren Vorstoß als „ideologisch motiviert“ ab und geht davon aus, dass David S. nicht rechtsextrem motiviert gehandelt hat. Eine weitere Aufarbeitung würde nur unnötige Unruhe und Verstörung bringen, vor allem für die Angehörigen der Opfer, so argumentierte die CSU im Ausschuss.

"Wir werden uns weiter darum bemühen, dass der Radikalisierungsprozess des David S. umfassend aufgearbeitet wird", so Katharina Schulze. "Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, dass das Manifest von David S. nicht unter Verschluss gehalten wird. Eine Aufarbeitung und eine korrekte Bewertung dieses Verbrechens sind notwendig, um die grauenhafte Tat richtig einzuordnen und die richtigen Lehren daraus zu ziehen. Das ist auch im Sinne der Angehörigen der Opfer, die wissen wollen, weshalb ihre Familienmitglieder sterben mussten."