Innere Sicherheit, Recht und Justiz

Motiv des OEZ-Attentäters endlich neu bewerten!

Ale Parteien haben nun im Innenausschuss einen Antrag verabschiedet, mit dem das CSU-Innenministerium aufgefordert wird, zu den Hintergründen des Anschlags am OEZ erneut Stellung zu nehmen, auch unter Berücksichtigung der Gutachten.

10. November 2017

Der Druck auf die CSU-Regierung wächst, ihre bisherige Bewertung des Anschlags rund um das Münchener OEZ am 22.7.2017 zu überdenken. Motiv für die schreckliche Tat waren nicht vorrangig die Mobbingerfahrungen des Täters. David S. hat vor allem auch aus rassistischen Gründen gemordet, weshalb wir Landtagsgrüne schon seit längerem fordern, die Tat als rassistischen Terrorakt und damit als politisch rechts motivierte Kriminalität einzuordnen. In der von uns angestoßene Debatte bringen eine Expertenanhörung im Münchener Stadtrat und Erkenntnis aus dem Prozess gegen den Waffenhändler Philipp K., vom dem David S. seine Tatwaffe bezog, die Einschätzung des CSU-Innenministeriums immer mehr ins Wanken.
Drei von der Stadt München beauftragte Wissenschaftler kommen in ihren am 6.10.2017 vorgestellten Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Tat des David S., bei der am 22. Juli 2016 neun Menschen getötet wurden, klar als politisch rechts motiviertes Verbrechen einzustufen sei. Grundlage für die Einschätzung der Gutachter sind eine Vielzahl an Indizien aus den Ermittlungsakten: Keines der Opfer am OEZ war einer der Mobber von David S., aber alle Opfer hatte Migrationshintergrund. David S. hatte ist lange vor der Tat wiederholt mit rassistischen und rechtsextremen Äußerungen aufgefallen. Außerdem verehrte David S. den norwegischen Rechtsextremisten Anders Breivik und verübte sein Attentat am Münchener OEZ auf den Tag genau 5 Jahre nach den Anschlägen von Oslo und Utøya.
Auch der Prozess gegen den Waffenhändler Philipp K. offenbart immer neue Indizien, die die CSU-Regierung in Bedrängnis bringen könnten. Anders als bisher bekannt soll einer der Jugendlichen, die David S. mobbten, kurz vor der Tat im McDonald's am OEZ gewesen sein. Außerdem hat sich das Landgericht München entschieden, die Darknet-Chatprotokolle von David S. im Prozess gegen den Waffenhändler auszuwerten, um die Motivlage näher zu ergründen.
Wir hatten bereits vor Monaten die Einstufung der Tat in Zweifel gezogen, schon nach der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft München I und des Landeskriminalamts vom 17. März 2017, auf der der Abschlussbericht zu den Ermittlungen vorgestellt wurde. In den Antworten der Staatsregierung auf diverse Schriftliche Anfragen von Katharina Schulze hatte die Staatsregierung uns im Sommer 2017 zahlreiche Ermittlungsergebnisse mitgeteilt, die auf eine rassistische Motivation des Täters schließen lassen. So hinterließ David S. u.a. ein am 24.7.2015, ein Jahr vor der Tat, erstelltes „Manifest“, in dem von „ausländischen Untermenschen“ die Rede ist, „die er exekutieren werde“. Am 22.07.2016, dem Tag der Tat, erstellte David S. eine Datei mit der Bezeichnung „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“. Im Innenausschuss hatten wir Grünen auch die Offenlegung des Manifests und die Aufarbeitung des Radikalisierungsprozess des David S. beantragt, was die CSU-Mehrheit abgelehnt hatte.
Die beharrliche Weigerung des CSU-Innenministeriums, diese grausame, fremdenfeindliche Tat auch als rassistischen Terror einzustufen, fügt den Angehörigen der Opfer eine zweite, tiefe Wunde zu, unterstreicht die Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Katharina Schulze. Die korrekte Einordnung der Tat ist zudem wichtig, um die richtigen Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. David S. hat sich unterhalb des Radars aller Aufsichtspersonen rassistisch radikalisiert und ist am Ende zum tötenden, "einsamen Wolf" geworden. Das muss man klar analysieren und Präventionsstrategien erarbeiten, sagt Katharina Schulze.
Aber offensichtlich ändert sich etwas. Diesen Mittwoch haben alle Parteien, auch die CSU im Innenausschuss des Landtages einen Antrag verabschiedet, mit dem das CSU-Innenministerium aufgefordert wird, zu den Hintergründen des Anschlags am OEZ erneut Stellung zu nehmen, auch unter Berücksichtigung der Gutachten aus dem Münchener Stadtrat. Eine Neubewertung des Amoklaufs am Olympia-Einkaufszentrum ist somit unausweichlich.