Grüne und Polizei: das passt!

„Grüne und Polizei? Und du willst sie zusammenbringen?“ Diese Frage hat unsere innenpolitische Sprecherin Katharina Schulze oft gehört vor dem 1. Grünen Polizeikongress im Süden Deutschlands, den die Landtags-Grünen am 4. Juni im Bayerischen Landtag veranstaltete. Tja, natürlich hat es geklappt: Wir haben uns ausgetauscht, diskutiert und viele gute Ideen entwickelt. Die Diskussionen über den Überstundenberg der Polizei, den Frauenanteil, Einsätze beim Fußball und HateSpeech im Internet waren manchmal hitzig, aber auch sehr spannend und aufschlussreich.

10. Juni 2016

Hier die Dokumentation des Kongresses

Grüne und Polizei haben eine Geschichte

Besonders gefreut hat Katharina Schulze, dass wirklich viele Polizistinnen und Polizisten aus dem aktiven Dienst teilgenommen haben, aber auch viele Bürgerrechtler und Bürgerrechtlerinnen und aktive grüne Politiker und Politikerinnen der Stadt-, Landes- und Bundesebene: Fast 150 Leute haben sich dem Thema Grüne und Polizei gewidmet.

Zu Gründungszeiten der Grünen, vor über 35 Jahren, wäre eine solche Begegnung nicht denkbar gewesen! Da war “die Polizei” für “die Grünen” diejenige, die auf der falschen Seite stand: am Bauzaun in Wackersdorf auf der Seite der Atomindustrie, bei den Protesten gegen den Weltwirtschaftsgipfel 1992 in München auf der Seite derer, die für Ausbeutung, Unterdrückung und Hunger verantwortlich waren und sind. Wir haben wohl – so wurde uns jedenfalls berichtet – unausgesprochen den Anspruch an die PolizistInnen formuliert, dass sie als StaatsbürgerInnen ihr Gewissen entscheiden lassen sollen, ob sie die Atomfabrik beschützen oder nicht. Und tatsächlich waren wohl viele der BeamtInnen keine Atomfreunde.

Was wir damals aber übersehen haben, ist, dass die Polizei kein Organ der politischen Willensbildung ist, sondern rechtsstaatliche Normen durchsetzen muss – so falsch sie inhaltlich auch sein mögen. In der Sache, beim Atomausstieg, haben wir uns durchgesetzt. Und einen anderen Blick auf die Rolle der Polizei haben wir mittlerweile auch. Katharina Schulze denkt, das gilt auch für den Blick der Polizistinnen und Polizisten auf uns Grüne – denn auch an ihnen ist der Wandel in der Gesellschaft nicht spurlos vorbei gegangen (Keynote Katharina Schulze).

Unser 1. Keynote Redner, Werner Feiler, Polizeivizepräsident aus München, sprach auch von Fortschritten in den vergangenen 40 Jahren – auf beiden Seiten. Er betonte in seiner Keynote die Arbeitsbelastung der PolizistInnen. Die Münchener Polizei betreut mit rund 7.000 MitarbeiterInnen eine der sichersten Metropolen der Welt, was sich an 100 Konsulaten, 14.1 Millionen Übernachtungen und an fast 5.300 Veranstaltungen im Jahr zeigt. Durch die Pegida-Bewegung, die eindeutig mit Rechtsextremisten in Verbindung steht, steigt die Arbeitsbelastung der Behörden weiter. Herr Feiler betonte, dass “die Polizei” sich stets politisch neutral verhält. Das, was eine Behörde nicht kann und darf, das können wir in der Legislative anpacken – da sind wir Grüne gefragt, unseren politischen Fingerabdruck zu hinterlassen!

Unser 2. Keynote Redner, Dr. Anton Hofreiter, wagte auch den historischen Rückblick. Der grüne Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, setzte stimmungsvoll die Kontraste von damals ins Bild. Aber auch die heutigen Differenzen, weniger emotional, eher sachlich, sprach er klar an. Grüne Programmatik unterscheidet sich natürlich von manchen Forderungen der Polizeigewerkschaften, was beispielsweise eine Kennzeichnungspflicht der BeamtInnen im Einsatz, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung oder die Entkriminalisierung von Cannabis-Konsum angeht. Für die Bewältigung der Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus bedankte Anton Hofreiter sich bei den PolizistInnen, die insbesondere die Münchener Silvesternacht sicher gemacht hätten. Auch die gute Zusammenarbeit der Polizei mit den ehrenamtlichen HelferInnen bei der Ankunft vieler Geflüchteter am Münchener Hauptbahnhof war für ihn ein Grund zur Freude. Das elementare Bedürfnis nach Sicherheit sei allen Menschen gemeinsam. Er mahnte allerdings, dass uns allen bewusst sein muss, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben kann – das ist schlichtweg der Preis unserer Freiheit. Und die wollen wir schließlich bewahren!

Nach den Keynotes wurde in vier Workshops intensiv diskutiert – über den Einsatz der Polizei bei Fußballspielen, Hass im Netz, die Belastungen der Polizei und wie man die Polizei attraktiver für Frauen machen kann. Im Abschlusspanel mit Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Christopher Knust, Junge Gruppe GdP und Norbert Radmacher, Polizeidirektor, haben wir über die Polizei der Zukunft geredet.

Polizei der Zukunft durch die “grüne” Brille

Wir Grüne sind die Partei der Bürgerrechte, der Freiheit und der öffentlichen Sicherheit. Die Sicherheit dient dabei aber der Freiheit und nicht umgekehrt, denn in Sicherheit können sich Menschen frei fühlen und nur in Freiheit können sie selbstbestimmt leben.

Wir wollen ein interkulturelles Polizeiteam, genug Personal anstatt anlassloser Überwachung und eine gute Infrastruktur. Gute Polizeiarbeit braucht moderne Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik, und natürlich auch moderne kriminalpolizeiliche Technik zur Tatermittlung, Identifizierung und Beweissicherung. Wir wollen nicht, dass die guten IT-Leute sich nur in der freien Wirtschaft tummeln, sondern sich auch bei der Polizei wohl fühlen.

Die massiven Überstundenberge der Polizistinnen und Polizisten müssen abgebaut werden, denn sie schaden der Gesundheit und dem sozialen Umfeld. Neben mehr Personal bei Schutz- und Kriminalpolizei, müssen wir auch darüber nachdenken, welche Verwaltungsaufgaben von Tarifbeschäftigten übernommen werden können. Außerdem braucht es eine Aufgabenkritik, um Ressourcen umzuschichten und die Polizei von gewissen Aufgaben zu entlasten. All diese Themen – und noch viel mehr – werden wir auch in Zukunft parlamentarisch bearbeiten und immer wieder einfordern.

Links zur Berichterstattung in der taz, im BR und im Münchner Merkur!