Expertenanhörung zum Verfassungsschutzgesetz

Der Entwurf der Staatsregierung zur „Reform“ des Verfassungsschutzes läuft nicht nur politisch in die falsche Richtung, sondern wird auch verfassungsrechtlich nicht in allen Punkten tragen. Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, hatte hier frühzeitig verfassungsrechtliche Bedenken, die sich nun erhärtet haben.

29. April 2016

Acht ausgewiesene Rechtsexpertinnen und -experten des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, des Datenschutzes und der Praxis des Verfassungsschutzes waren sich in einem einig: Unbedenklich ist der Entwurf der Staatsregierung zum neuen Verfassungsschutzgesetz keineswegs. Zwar lässt er rechtstechnisch eine gewisse Klarheit erkennen, in der Sache sind jedoch die Auslegungsspielräume zu groß.
Die Befugnisse des Bayerischen Verfassungsschutzes werden in dem Gesetzesentwurf nicht ausreichend klar aufgeführt, nachrichtendienstliche Methoden müssen aber vom Gesetzgeber klar benannt werden und dürfen nicht untergesetzlich bestenfalls von einer Dienstvorschrift, schlimmstenfalls von der Beamtin vor Ort auf die Schnelle entschieden werden. Der Entwurf der CSU verlässt sich auch im Übrigen zu stark auf eine wohlwollende Auslegung durch die Verwaltung, die Grenzen nachrichtendienstlicher Tätigkeit werden aus unserer Sicht nicht scharf genug gezeichnet. „Die Experten warnen zu Recht vor einer Verpolizeilichung der Nachrichtendienste“, erklärt Katharina Schulze. „Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst muss weiterhin bestehen bleiben. Der Verfassungsschutz ist eben keine Gefahrenabwehrbehörde, darum darf er auch nicht auf die Vorratsdaten zugreifen!“.
Die ExpertInnen betonten außerdem mögliche Auswirkungen des neuesten Verfassungsurteils zum BKA Gesetz auf den bayerischen Entwurf. Katharina Schulze hält daher eine Überarbeitung durch die Staatsregierung für dringend notwendig: „Das ganze Gesetz muss den Kernbereich privater Lebensgestaltung viel mehr schützen. Unter dem Aspekt der Privatheit und der Grenzen staatlicher Ausforschung sollte die CSU den Entwurf einmal ganz von vorn durchscrollen.“, so Katharina Schulze.
Weiterhin bestehen große Bedenken, sich bei Voraussetzungen und Grenzen des Einsatzes von V-Leuten auf die bundesrechtlichen Grundlagen zu beziehen, die gerade nicht unbedenklich sind. Katharina Schulze ärgert sich: „Die CSU zieht die falschen Konsequenzen aus der Selbstenttarnung des NSU!“
Schließlich ist der Entwurf gegenüber den Rechten der Abgeordneten im Landtag unbrauchbar: „Die Kontrolle der Geheimdienste ist ureigenes Recht der ParlamentarierInnen und wird durch den Entwurf nicht gestärkt, vielmehr geschwächt! Dabei sollte sich dieses Kontrollrecht daran messen lassen, was für jedes Gerichtsverfahren in Deutschland gilt – klare umfassende Rechtsgrundlagen und eine wirkliche Kontrolldichte zu jedem Sachverhalt –  davon ist der Entwurf meilenweit entfernt.“
Der Entwurf der Staatsregierung zur „Reform“ des Verfassungsschutzes