UA Labor: Die "Grenzgänger" der Staatsanwaltschaft Augsburg

<p><strong>Fall Schottdorf:</strong> Nach den staatsanwaltschaftlichen Sachbearbeitern der Staatsanwaltschaft Augsburg, waren nun der damalige Leiter der Wirtschaftsabteilung Thomas Weith, der ehemalige Augsburger&nbsp; Behördenleiter Reinhard Nemetz und Renate Wimmer, die damals bei der Generalstaatsanwaltschaft München zuständig war, <a href="https://uaschottdorf.wordpress.com/2015/10/29/grenzganger-bei-der-staatsanwaltschaft-augsburg/">an der Reihe</a>.&nbsp; Alle versicherten dem Untersuchungsausschuss, dass das Ergebnis der sogenannten Laboraffäre „unvermeidlich" gewesen wäre.</p>

30. Oktober 2015

In Augsburg sei man halt der Ansicht gewesen, dass die in Frage stehende Abrechungsmethode von Speziallaborleistungen nicht strafbar sei, deshalb konnte und durfte man nichts tun. So konnte man auch keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen mehr ergreifen. Was auf den ersten Blick durchaus plausibel klingt, hält einer genaueren Überprüfung nicht stand, stellt Sepp Dürr, Mitglied der Landtagsgrünen im Untersuchungsausschuss „Labor“ fest. Denn zum einen richtet sich dann sofort der Blick auf die Generalstaatsanwaltschaft, die in der zweiten Jahreshälfte 2008 die Ermittlungen gegen Schottdorf und die betrügerischen Ärzte bewusst auf das Gleis in Richtung Sackgasse Augsburg gesetzt hat. Und zum anderen haben die Augsburger Staatsanwälte so lange starrsinnig an ihrer Rechtsauffassung festgehalten, bis sie kaum noch einen Fall verfolgen mussten. 

Chancen zur Wiedergutmachung verpasst

In ihrer Meinungsfindung ist eine Staatsanwaltschaft nicht gänzlich frei. So ist beispielsweise höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich zu beachten. Diese lag im Fall „Schottdorf“ nicht vor. Sepp Dürr: „Aber es war jederzeit klar, dass andere, mindestens genauso qualifizierte Staatsanwältinnen und Richter sich in ihrem Handeln von der klaren Rechtsauffassung leiten ließen, dass es sich um Betrug handelte.“ Selbst wenn man davon ausgeht, dass zum Zeitpunkt der Einstellung der Verfahren im Januar 2009, die Rechtsmeinung der Staatsanwaltschaft Augsburg gerade noch so vertretbar war, hätten sie spätestens mit der Entscheidung des Landgerichtes München im Jahr 2010 umdenken müssen. Denn dann lag auch ein inhaltlich fundiertes Urteil vor, das sich mit den aufgeworfenen Rechtsfragen auseinandersetzte und von der Staatsanwaltschaft zu beachten war.

Auch nach dem BGH-Urteil im Jahr 2012, das die Staatsanwaltschaft Augsburg zur Wiederaufnahme zwang, ließen sie die Chance zu einer ernsthaften Wiedergutmachung ungenutzt verstreichen. So hätte man die bereits auffällig gewordenen Ärztinnen und Ärzte, deren ermittelte Taten bereits verjährt waren, abermals durchsuchen können, um nicht verjährte Abrechnungsdaten abzugreifen. Es gab in den Akten mehrere Hinweise darauf, dass die umstrittene Abrechnungsmethode bis 2012 oder sogar darüber hinaus weiter so betrieben wurde. Statt die Ärztinnen und Ärzte jetzt dafür zur  Rechenschaft  zu ziehen, berücksichtigte man die angeblich herrschende Rechtsunsicherheit zu ihren Gunsten. Sepp Dürr: „Augsburg, Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium aber nutzten dieses „Argument“, um Tausende von Ärzten trotz obergerichtlicher Rechtsprechung laufen zu lassen.“