Auch Ärzte haben ein Recht auf Kontrolle

<p><strong>Der Untersuchungsausschuss über die Laboraffäre Schottdorf ging in die 4. Runde.</strong> Einmal mehr musste der rechtspolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Sepp Dürr, feststellen, dass sich Regierung und CSU nicht an einem System stören, das förmlich zum Betrug einlädt.</p>

14. November 2014

Wir haben eine Vielzahl von Hinweisen auf Tausende Fälle von Abrechnungbetrug. Von sich aus wird aber weder die KVB noch die bayerische Landesärztekammer oder das Landesamt für Finanzen (zuständig für die Beihilfe) tätig und prüft Arztrechnungen auf ihre Richtigkeit. Das haben die vier Zeugen der 4. Sitzung des UA Schottdorf deutlich gemacht. Zwei vom Gesundheitsministerium, einer vom Finanzministerium und der Geschäftsführer der bayerischen Landesärztekammer haben dabei auf die Rechtslage verwiesen. Dabei mussten sie auch einräumen, dass weder Patientinnen und Patienten noch die Beihilfestelle allein aus der Rechnung des Arztes Betrug oder Verstöße gegen die Gebührenordnung für Ärzte erkennen könnten. Eine Kontrolle kann also generell nicht stattfinden. Tätig werden kann demnach etwa die Berufsaufsicht wie die Staatsanwaltschaft erst, wenn ein konkreter Anfangsverdacht vorliegt. Umfassende Presseberichterstattung wird übrigens nicht als ausreichender Hinweis auf eine mögliche Fehlentwicklung gesehen.

Systemfehler oder individuelle kriminelle Energien?

Das Gesundheitssystem generell ist zu unser aller Glück nicht als Markt organisiert. Es ist also nicht der Geldbeutel, der darüber entscheidet, welche Leistungen ich als Patient bekomme. Aber wenn der Markt nicht als Korrektiv funktioniert, weil er hier fehl am Platz ist, muss eine andere Funktion oder Instanz verhindern, dass es zu Fehlallokationen kommt. Auch wenn vieles im Gesundheitsbereich auf Bundesebene geregelt wird, müssen die Länder die Einhaltung der Regelungen so weit wie möglich kontrollieren und bei Fehlentwicklungen anregen, dass nachgesteuert wird. In Bayern gab es dazu bisher, laut Gesundheitsministerium, noch keinen Anlass.
Bei der letzten großen Änderung der GOÄ vor beinahe 20 Jahren wurde eingefügt, dass ein Arzt nur selbstständig bzw. „unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ erbrachte Leistungen selbst abrechnen darf. Ein Einkauf von Laborleistungen und deren Weiterverkauf an den Patienten sind seitdem explizit verboten. Doch genau das war die Tathandlung im Betrugssystem, das den Untersuchungsausschuss interessiert.

Im Rahmen der GOÄ-Änderung wurden die Ärzte umfassend informiert. Der Geschäftsführer der bayerischen Landesärztekammer, hält den Wissensstand der bayerischen Ärzte deshalb diesbezüglich für ausreichend. Dass dann doch ein Abrechnungsbetrugssystem über Jahre laufen konnte, wird auf die kriminelle Energie einzelner geschoben. Aber als Patient, Beihilfestelle oder private Krankenkasse einem betrügerischen Arzt auf die Schliche zu kommen, ist faktisch unmöglich. Kassen und Beihilfestellen prüfen grundsätzlich nur, ob die abgerechnete Leistung medizinisch sinnvoll und die Höhe des berechneten Betrags angemessen ist. Wer die Laborleistung wirklich erbracht hat, ist angeblich undurchschaubar. 

Deshalb fordern wir, dass Rechnungen so gestellt werden, dass sie nachvollziehbar sind und Patientinnen und Patienten sie auch lesen und nachprüfen können. Das ist das Minimum an Verbraucherschutz bzw. Mündigkeit, das auch Patientinnen und Patienten zugestanden werden muss.
Sepp Dürr, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsgrünen: „Auch Ärzte sind keine Heiligen, sie haben ein Recht auf Kontrolle, aber es wird ihnen von CSU und Regierung verweigert.“

Mehr Infos: ua-schottdorf.de