Gleichstellung und Queer

15-Punkte-Plan für echte Geschlechtergerechtigkeit

Bayern zum ersten gleichberechtigen Bundesland machen

13. April 2023

Wir Grüne machen Bayern zum ersten gleichberechtigten Bundesland. Ein Bundesland, das Geschlechtergerechtigkeit lebt und in allen Bereichen fördert. Denn Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft. Unser Grundgesetz gibt klar vor, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken muss (Art. 118 Bayr. Verfassung).

Mit unserer Agenda für Geschlechtergerechtigkeit sorgen wir dafür, dass die Politik die Bedürfnisse von Frauen in den Fokus nimmt.

Gleichberechtigung ist demokratische Teilhabe. In einer geschlechtergerechten Gesellschaft sind alle Menschen wirtschaftlich selbstbestimmt, leben sicherer und freier. Grüne feministische Politik hat eine positive Wirkung auf das Leben aller: Jede und jeder Einzelne hat die gleichen Rechte und kann sich nach eigenen Wünschen und Fähigkeiten entfalten und an der Gesellschaft teilhaben. Unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder Aussehen.

Unsere Gleichberechtigungspolitik beginnt und endet mit der Realität: sie basiert auf Statistiken vom Leben von Frauen und Mädchen in Bayern und wird am Ende Ergebnisse produzieren, die das Leben von allen in Bayern besser machen. Für uns Grüne ist klar: Geschlechtergerechtigkeit ist essenziell für zeitgemäße, nachhaltige und zukunftsorientierte Politik. Sie muss zentrales Ziel der Staatsregierung sein und darf keinesfalls zu einem politischen Nischenfeld reduziert werden.

Die Bayerische Staatsregierung muss sich endlich darum kümmern, dass die Rechte von Frauen und Mädchen vollständig gewahrt werden. Dazu gehört der umfassende Schutz vor geschlechterspezifischer Gewalt und Diskriminierung. Darüber hinaus werden die Sichtbarkeit, die Teilhabe und der Einfluss von Frauen und Mädchen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung gefördert. Ressourcen werden gleichberechtigt verteilt, damit alle Frauen und Mädchen in Bayern gleiche Chancen haben.

Unser Grüner 15-Punkte-Planfür echte Geschlechtergerechtigkeit

Geld: 

1. Gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit: Landesbehörden und Unternehmen mit Beteiligung des Freistaats setzen Entgeltgleichheit und Lohntransparenz um, Kommunen und Unternehmen werden unterstützt. (Hintergrund: In Bayern verdienen Frauen im Jahr 2022 durchschnittlich 21 % weniger als Männer. Die größten Gehaltsunterschiede gibt es zwischen Männern und Frauen in den Branchen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (41,1 Prozent), freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistung (45,5 Prozent) sowie Information und Kommunikation (33,5 Prozent). (Quelle)

2. Wir schaffen mit einer gleichstellungsorientierten Familien-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Rahmenbedingungen, die Armutsgefährdung bekämpfen und jede Familienform in allen Lebensphasen unterstützen. (Hintergrund: Frauen sind besonders von Armut gefährdet. 41 Prozent der alleinerziehenden Mütter in Bayern leben von weniger als 1500 Euro monatlichem Nettoeinkommen* (im Vergleich: 19 % der alleinerziehenden Väter). Knapp ein Fünftel der alleinerziehenden Frauen in Bayern (18 Prozent) müssen mit weniger als 1.000 Euro netto pro Monat auskommen. * Die Armutsgrenze für eine alleinerziehende Person mit einem Kind unter 14 Jahren lag 2021 bei 1.492 Euro. (Quelle

3. „Gender Care Gap“ schließen: Wir schaffen qualitativ hochwertige, zeitlich flexible Kinderbetreuung für alle, die es brauchen, auch in Rand- und Ferienzeiten und weiten Pflegeplätze aus. Wir werten die Care-Berufe mit besseren Arbeitsbedingungen und mehr Bezahlung auf. (Hintergrund: Frauen in Deutschland wenden für Care-Arbeit deutlich mehr Zeit aufwenden als Männer. Der Gender Care Gap beträgt 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten. (Quelle

4. Wir machen das Alterssicherungssystem zukunftsfest, um eine stabile Rente und ein gutes Leben im Alter zu ermöglichen. Das stellen wir für alle sicher, die den größten Teil ihres Lebens rentenversichert waren, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, und beugen damit Altersarmut vor. (Hintergrund: In den 26 Mitgliedstaaten der OECD in Europa haben Frauen im Durchschnitt ein um 26% geringeres Alterssicherungseinkommen als Männer (Stand 2021). Deutschland liegt im Ländervergleich der OECD mit einem Gender Pension Gap von > 40% auf dem letzten Platz (Stand: 2020). Auch bei der gesetzlichen Rente zeigt sich in Deutschland ein geschlechtsspezifisches Rentengefälle: Männer erhalten durchschnittlich 1.304 Euro gesetzliche Rente im Monat, Frauen nur 832 Euro. (Quelle)

Macht: 

5. Die Hälfte der Macht den Frauen: mit einer Wahlrechtsreform, die eine geschlechterparitätische Verteilung der Listenmandate und Stimmkreisduos bestehend aus Mann und Frau vorsieht, sorgen wir für gleichberechtigte Mitbestimmung im Parlament. Außerdem ändern wir die Verfassung, so dass das Bayerische Kabinett in Zukunft zur Hälfte aus Frauen besteht. (Hintergrund: Der Bayerische Landtag hat 55 weibliche Abgeordnete von insgesamt 205 Abgeordneten, Frauenquote liegt bei 26,8%. Damit ist Bayern das Bundesland mit dem niedrigsten Anteil weiblicher Abgeordneter im Parlament. Hamburg liegt hier mit 44,7% auf der Spitzenposition. (Quelle: Bayerischer Landtag)

6. Bei staatlichen Aufträgen und der Vergabe von Fördermitteln an Organisationen sowie Unternehmen achten wir auf das Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit und machen so betriebliche Frauenförderung zum Standard.

Sicherheit und Selbstbestimmung:

7. Allen Frauen ein gewaltfreies Leben sichern! Wir setzen das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (die sogen. Istanbul-Konvention) in Bayern vorbehaltlos um, und initiieren einen ressortübergreifenden, intersektionalen Landesaktionsplan gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Darunter fällt ein landesweites Präventionsprogramm gegen Sexismus, Belästigung, Stalking, Gewalt und Frauenhass. (Hintergrund: Die Opferzahlen zu häuslicher Gewalt bleiben in Bayern weiter hoch. Über 11.000 Mal kam es im Jahr 2021 zu vorsätzlicher Körperverletzung in der eigenen Wohnung. Es gab 68 Opfer tödlicher Gewalt, 54 Mal wurde ein Mord versucht. Damit haben sich die Fälle von häuslicher Gewalt insgesamt von 20.134 (2020) auf 28.013 (2021) erhöht. (Quelle)

8. Wir gewähren Soforthilfe und sorgen für den flächendeckenden Ausbau von Frauenhäusern sowie eine langfristige Finanzierung für Schutzeinrichtungen wie Frauenhäuser, Second-Stage-Plätze und Fachberatungsstellen, die sich um Frauen und Kinder kümmern, die Opfer von Gewalt geworden sind. (Hintergrund: In Bayern gibt es lediglich 39 staatlich geförderte Frauenhäuser mit insgesamt 375 Plätze (Stand 2022) für gewaltbetroffene Frauen. Nach der Istanbul-Konvention muss es pro 10.000 Einwohnern einen Frauenhausplatz geben, das wäre für Bayern ein Bedarf von 1.300 Plätzen. (Quelle, Quelle)

9. Mit uns gibt es eine feministische Gesundheitspolitik. Wir stellen für Forschungsfelder der Frauengesundheit und geschlechtsspezifischer Medizin Gelder zur Verfügung. Gute Gesundheit rund um die Geburt wird als Ziel festgehalten und umgesetzt: Für eine bessere Geburtsvor- und Nachsorge werten wir den Hebammenberuf auf, durch mehr Bezahlung und einen besseren Personalschlüssel in Kliniken mit der Einführung einer Betreuung von 1:1.

10. Dein Körper, deine Entscheidung. Wir sichern in Bayern die reproduktive Selbstbestimmung von Frauen und sorgen für eine bessere medizinische Versorgung für ungewollt Schwangere. Dazu gehört eine wohnortnahe und verlässliche Infrastruktur in allen Regierungsbezirken, vor allem in den ländlichen Regionen. Zudem gewähren wir einen sicheren Zugang zu Beratungsgesprächen. (Hintergrund: In beispielsweise ganz Niederbayern gibt es nur noch einen Arzt, der Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Und das auch nur alle zwei Wochen. (Quelle: profamilia Niederbayern))

Freiheit:

11. Wir stärken unser Bildungswesen und stellen die Vermittlung von Gleichstellung von Frauen und Männern, die Aufhebung von Rollenzuweisungen, gegenseitigem Respekt, gewaltfreier Konfliktlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen, dem Recht auf die Unversehrtheit der Person und zeitgemäßer Rollenbilder sicher. Wir bieten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen freie Entfaltung, aktualisieren die Lehrpläne und verbessern die schulische Berufswahlberatung.

12. Wir sorgen für Gleichberechtigung in der digitalen Welt, indem wir Gewalt im digitalen Raum der Stirn bieten, die Beteiligung von Frauen in der digitalen Wirtschaft stärken und uns für den diskriminierungsfreien Einsatz von digitalen Technologien wie automatisierten Entscheidungssystemen und datengestützten Algorithmen einsetzen.

Staatsregierung:

13. Für alle Politikbereiche werden wir eine Agenda für Geschlechtergerechtigkeit entwickeln. Als übergeordnete Strategie werden damit ressortübergreifende ministerielle und behördliche Zusammenarbeit gefördert, konkrete Maßnahmen beschlossen, entsprechende Gelder im Haushalt bereitgestellt und ein Monitoring-System zur Implementierung erstellt. Für neue Gesetzesvorhaben führen wir einen Gleichstellungs-Check ein.

14. Gender-Budgeting für eine geschlechtergerechte Verteilung von öffentlichen Geldern: Die Erstellung von geschlechtergerechten Haushaltsplänen stellt die gerechte Verteilung von Ressourcen sicher und bildet die finanzielle Basis für Geschlechtergerechtigkeit in Bayern. (Hintergrund: Analyse des Deutschen Frauenrats zu einem geschlechtergerechten Bundeshaushalt: „Der öffentliche Haushalt sowie die Haushaltspolitik inklusive der Techniken der Rechnungslegung sind als zentraler Baustein für die Umsetzung und Weiterentwicklungen von Demokratien erkannt worden.“ (Quelle)

15. Wir nehmen die Vorbildfunktion des Staates ernst und novellieren endlich das Bayerische Gleichstellungsgesetz. Wir stärken Gleichstellungsbeauftragten in ihrer Rolle und fördern gezielt das berufliche Vorankommen von Frauen im öffentlichen Dienst, an den Hochschulen und in allen Führungsebenen in Unternehmen mit staatlicher Beteiligung, in Kultur-, Bildungs- und Medieneinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft damit echte Gleichberechtigung und Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern herrscht. Wir unterstützen Behörden und Unternehmen im Freistaat darin, flexible Arbeitszeitmodelle einzuführen und so eine Vorbildfunktion einzunehmen.