Gleichstellung und Queer

Chancengleichheit jetzt und nicht erst in 200 Jahren!

<p>7,9 Prozent – so viel verdienen Frauen im Öffentlichen Dienst in Bayern im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen - bei exakt gleicher Position und gleicher Qualifikation. Allein diese Zahl ist ein Armutszeugnis für die Gleichstellung im Öffentlichen Dienst des Freistaates. Nachdem das derzeitige Bayerische Gleichstellungsgesetz jetzt seit 20 Jahren in Kraft ist, haben ein Viertel der Dienststellen im Freistaat noch immer kein Gleichstellungskonzept, obwohl sie per Gesetz verpflichtet wären, ein solches zu erstellen.</p>

29. April 2016

„Diese Zahlen aus dem aktuellen Gleichstellungsbericht der Staatsregierung sind ein Armutszeugnis“, sagt die frauen- und gleichstellungspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Verena Osgyan. „Der Staat hat als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion, auch und gerade wenn es um das Thema Gleichstellung geht. Stattdessen ist es im Öffentlichen Dienst des Freistaates immer noch ein Karrierekiller, eine Frau zu sein.“ In der obersten Stufe B6 gibt es nur 13,8 Prozent Frauen. Aber auch wenn man die gesamte Führungsebene (ohne den Schuldienst) betrachtet, ist das Bild katastrophal: Nicht einmal ein Viertel der Führungspositionen im Öffentlichen Dienst sind weiblich besetzt. Im Schuldienst, in dem 70 Prozent Frauen beschäftigt sind, sind gerade es einmal 49,8 Prozent.
 
„Das bisherige Gleichstellungsgesetz des Freistaats ist ein zahnloser Tiger. Es gaukelt Gleichstellung nur vor, statt sie aktiv zu befördern“, stellt Verena Osgyan fest. Deswegen haben die Landtags-Grünen einen eigenen Entwurf für ein Chancengleichheitsgesetz vorgelegt. Denn in fast allen Anforderungen – von der Verbindlichkeit über das Berichtswesen bis zu den Befugnissen der Gleichstellungsbeauftragten vor Ort – steht das bisherige Bayerische Gesetz hinter denen anderer Bundesländer zurück.
 
„Das grüne Chancengleichheitsgesetz sieht endlich wirksame Vorgaben für staatliche Stellen beim Thema Gleichstellung vor“, erklärt Verena Osgyan. Dazu gehören auch Sanktionsmöglichkeiten, wenn gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten werden. „Außerdem wollen wir Grünen die Gleichstellungsbeauftragten in den Dienststellen vor Ort stärken und sie in die Lage versetzen, mit den Leiterinnen und Leitern von Behörden auf Augenhöhe agieren können.“ Dazu gehören sowohl eine verpflichtende Beteiligung bei Stellenausschreibungen und Einstellungsprozessen als auch eine Ausstattung mit einem eigenen Etat, Kündigungsschutz und verbesserte Möglichkeiten der Arbeitsfreistellung. Daneben will der grüne Gesetzentwurf die Stelle eines bzw. einer unabhängigen Landesbeauftragten für Gleichstellung schaffen, deren Kompetenzen ähnlich der des Landesbeauftragten für Datenschutz sein sollen. Dass die derzeitige Situation, in der Sozialministerin Emilia Müller gleichzeitig in Personalunion Gleichstellungsbeauftragte der Staatsregierung ist, untragbar ist, zeigte allein schon ihre Abwesenheit während der Plenardebatte zu diesem wichtigen Thema.
 
In ihrem Namen verteidigte jedoch die CSU das bisherige Gleichstellungsgesetz und verwies darauf, dass die Geschlechterverhältnisse sich heute ja immerhin positiver entwickelt hätten als das noch vor 200 Jahren der Fall war. „Das zeigt eindrücklich, wie wenig ambitioniert die Gleichstellungspolitik der Staatsregierung ist. Auch der Öffentliche Dienst im Freistaat muss jetzt endlich im 21. Jahrhundert ankommen und kann darauf nicht noch einmal 200 Jahre warten!“, so Verena Osgyan. Erwartungsgemäß stimmten die CSU und die Freien Wähler gegen den grünen Gesetzentwurf, der so – unter Enthaltung der SPD-Fraktion – am Donnerstag in zweiter Lesung vom Plenum abgelehnt wurde. Nichtsdestoweniger werden sich die Grünen in Zukunft weiter für die Gleichstellung von Mann und Frau, nicht nur im Öffentlichen Dienst, stark machen.

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