Immer mehr Bakterien lassen sich nicht mehr bekämpfen: Anhörung der Sachverständigen im Bayerischen Landtag

Am 23.2.2016 fand im Bayerischen Landtag die Anhörung der Sachverständigen zum Thema „Gesundheitliche Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen“ statt. Der breite Einsatz von Antibiotika und vor allem Reserveantibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung und der Humanmedizin führt zunehmend dazu, dass immer mehr Bakterien gefährlich werden und sich Antibiotika-Resistenzen entwickeln.&nbsp; <br>

26. Februar 2016


„Es ist ein globales Problem. Es betrifft in gleichem Maße die Umwelt sowie auch Tier- und Humanmedizin. Die Probleme hängen zusammen, die Bereiche sind nicht voneinander trennbar. Deshalb ist ein so genanntes One Health Konzept so wichtig,“ betonte Ulli Leiner, der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagfraktion und stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsauschusses. Die anwesenden Experten waren sich einig, der Einsatz von Antibiotika muss sowohl im Stall als auch in der Arztpraxis reduziert werden und darf nur gezielt und sachgerecht erfolgen. Gleichzeitig haben sie auch betont: Ohne entsprechende Hygiene-Maßnahmen in privaten Haushalten und in Kliniken sowie ohne die Erhöhung von Personalschlüssel in der Betreuung von PatientInnen können wir keine Verbesserung erwarten.

Nicht nur der inzwischen gut bekannte MRSA-Keim, sondern vor allem die sogenannten multiresistenten gramnegativen Keime sind eine ernste Bedrohung. Diese Erreger sind sehr schwer zu behandeln, da sie oft gegen vier Antibiotikagruppen resistent sind und damit eine noch größere Herausforderung als der bekannte MRSA darstellen. „Deshalb plädiere ich für die rasche Besetzung des Lehrstuhls für Hygiene in Regensburg und für die Einrichtung eines Lehrstuhls für Infektiologie in Bayern,“ sagte Ulli Leiner.

Er fügte hinzu: „Wir fordern zudem angesichts einer alarmierenden Anzahl antibiotikaresistenter Bakterien ein Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung. Die Haltungsbedingungen müssen an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden. Zudem muss bei den Zuchtzielen eine robuste Gesundheit gegenüber den Leistungskriterien bevorzugt werden. Wir brauchen verbindliche Reduzierungsziele für den Antibiotikaeinsatz im Human- und Tierbereich, eine feste Zeitschiene zur Umsetzung der angekündigten Maßnahmen im ambulanten und stationären Bereich und stärkere Kontrollen und Evaluation. Wenn wir nicht endlich entschieden gegen die Resistenzbildung vorgehen, werden die Auswirkungen gravierend sein: Bis 2050 könnten weltweit zehn Millionen Menschen an Infektionen durch multiresistente Erreger sterben. Das muss verhindert werden.“

Bis zu 30.000 Patientinnen und Patienten sterben jährlich an den Folgen multiresistenter Keime, 400.000 bis 600.000 erkranken an solchen Infektionen in deutschen Kliniken. Nur 40 Prozent der Vollzeitstellen für Hygienefachkräfte sind in bayerischen Kliniken besetzt. Gemäß aktueller Studien sind nur 30 Prozent der Antibiotika-Verordnungen mit Blick auf die Diagnose immer noch fragwürdig; 40 Prozent der Menschen geben bei Befragungen zu, dass sie nicht über die Verwendung von Antibiotika informiert sind. „Die Lage ist ernst genug. Mit unseren Anträgen haben wir schon vor einem Jahr die Staatsregierung aufgefordert die Öffentlichkeit mehr sensibilisieren und auch Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung solcher Infektionen zu minimieren." Die Anträge hat die CSU leider abgelehnt. 

Die Anträge sind hier zu finden:
Antrag „Mehr Sensibilisierung im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen im Gesundheitswesen“
Antrag „Kampf gegen Krankenhauskeime forcieren, Melde- und Dokumentationspflicht systematisieren und verbessern“